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In Berlin gilt das neue Antidiskriminierungsgesetz – aber nicht für alle Beamten.

© Paul Zinken/dpa

Kritik am Landes-Antidiskriminierungsgesetz: Polizist ist nicht gleich Polizist - Gesetz sorgt für Verwirrung

Wird ein BKA-Beamter nach Berlin entsandt, gilt für ihn das Antidiskriminierungsgesetz nicht - für Berliner Polizisten schon. Sie fühlen sich diskriminiert.

Berliner Polizisten stehen vor einer für sie bizarren Situation: Sie können für Verstöße gegen das neue Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) belangt werden, wenn ein Gericht das Land Berlin zu Schadenersatz wegen Diskriminierung verurteilt. Ein Kollege vom Zoll, mit dem der Berliner Beamte in einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe tätig ist, aber nicht. Selbst wenn der Bundesbeamte bei der möglichen Diskriminierung dabei war.

Das geht aus einer Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Peter Trapp hervor. Trapp ist Vorsitzender des Innenausschusses im Abgeordnetenhaus ist. Das heißt, bei möglichen Verstößen gegen das LADG durch auswärtige Beamte würde zwar das Land Berlin haften.

Noch interessanter wird es bei dieser Fallkonstellation: Ein Beamter des Bundeskriminalamtes (BKA) wird zur Berliner Polizei entsandt. Für ihn gilt das Antidiskriminierungsgesetz, das Land könnte wegen seines Handelns nach dem LADG verurteilt werden.

Hilft jedoch ein Berliner Beamter beim BKA aus, handelt er für die Bundesbehörde – auch in Berlin. Das Antidiskriminierungsgesetz gilt dann nicht für ihn. Ebenso, wenn er von anderen Bundesländern für Unterstützungseinsätze angefordert wird.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte massiv gegen das Gesetz protestiert. Nun sagt der Berliner GdP-Landesvizechef Stephan Kelm: „In der schriftlichen Anfrage wird klar fixiert, dass das LADG für alle in Berlin beschäftigten und unterstützenden Kräfte bindend ist, in der Hauptstadt agierende Bundesbehörden aber außen vor sind. Das ist beim Blick auf die vielen gemeinsamen Einsätze, zum Beispiel mit dem Zoll, völliger Irrsinn.“

Gesetz ermöglicht Klagen, wenn Menschen sich diskriminiert fühlen

Das LADG soll Menschen in Berlin vor Diskriminierung durch Landesbehörden etwa wegen Hautfarbe, Herkunft, Sexualität oder Sozialstatus schützen. Es ermöglicht Klagen, wenn sich Menschen von Polizisten oder anderen Behördenvertretern diskriminiert fühlen. Zivilgerichte können das Land zu Schadenersatz verurteilen.

Vertreter von Rot-Rot-Grün sprechen bei der Neuregelung von einer Beweiserleichterung für Diskriminierte. Kritiker werfen der Koalition hingegen vor, mit dem Gesetz eine Beweislastumkehr eingeführt zu haben – ein Bruch mit der Rechtsordnung.

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Hinzu kommt: Polizisten müssen bei Verfahren nach dem LADG zusätzlich mit Disziplinarverfahren rechnen. Wird ihnen – mit üblicher Beweislast – grob fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung ihrer Beamtenpflicht nachgewiesen, kann die Behörde den Schadenersatz zurückfordern, den das Land Berlin zahlen soll.

Für Verwunderung sorgte auch, dass Innensenator Andreas Geisel (SPD) seinen Ministerkollegen in Bund und Ländern schriftlich versicherte, dass Einheiten anderer Länder bei Einsätzen in Berlin das LADG nicht zu fürchten haben und das Berlin bei Urteilen andere Länder nicht in Regress nimmt.

GdP-Landesvize Kelm sagt: „Uns hat bis heute auch keiner erklärt, wie der Innensenator dem Bundesinnenminister volle Immunität sämtlicher Unterstützungseinheiten versprechen kann und zusichert, dass das Land Berlin keinerlei Ansprüche stellt.“ Denn nach der Haushaltsordnung müssen Berlins Behörden nach den „Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ arbeiten. Für das LADG gilt das offenbar nicht.

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