zum Hauptinhalt
Stecken die Köpfe zusammen. Müller (rechts) und sein Stellvertreter Henkel haben vor dem Wahlkampf noch den Haushalt auf den Weg gebracht.

© picture alliance / dpa

Krippenplätze und Terrorbekämpfung in Berlin: Was Rot-Schwarz für den Doppelhaushalt 2016/17 beschlossen hat

Die rot-schwarze Koalition in Berlin will rund 230 Millionen zusätzlich in Bildung und mehr Sicherheit investieren. Auch ist geplant, dass Geld für den künftigen Technologiestandort Tegel aufzustocken.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es ist wohl das letzte große Projekt, auf das sich die rot-schwarze Koalition in Berlin einigen konnte, bevor der Wahlkampf 2016 beginnt. Der Doppelhaushalt für die nächsten zwei Jahre wurde von den Haushältern von SPD und CDU in mehrstündigen Verhandlungen nachgebessert. Montagfrüh um 2 Uhr war man sich einig. Rund 230 Millionen Euro jährlich legen die Regierungsfraktionen obendrauf, hauptsächlich für Bildung und Sicherheit, Bürgerämter und den künftigen Technologiestandort Tegel. Hier die Details des Kompromisspakets, mit dem die Koalition noch einmal Handlungsfähigkeit demonstrieren will.

KOSTENLOSE KRIPPEN

Die Beiträge für die Betreuung zweijähriger Kinder werden ab 1. August 2016 abgeschafft. Ein Jahr später auch die Krippenbeiträge für einjährige Kinder. Die komplette Beitragsfreiheit kostet ab 2017 knapp 41 Millionen Euro jährlich. Der CDU-Fraktionschef Florian Graf sprach von einer „Herzenssache der Sozialdemokraten“. Aber gegen die Entlastung von Familien werde sich die CDU nicht stemmen. Kostenfreiheit und Qualitätsverbesserungen bei der Kinderbetreuung seien kein Gegensatz, sagte der SPD-Fraktionschef Raed Saleh und verwies auf weitere Beschlüsse der Koalition. So werden die Mittel für den Kitaausbau um 30 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt. Und der Betreuungsschlüssel für Kinder unter drei Jahren wird schrittweise von 5,9 Kindern pro Erzieher auf 4,9 verbessert. Das kostet ab 2017 jährlich 49 Millionen Euro.

FÖRDERUNG DER SCHULEN

Berufsschulen (Oberstufenzentren) und Freie Schulen werden ab 2016 in das Brennpunktschulprogramm aufgenommen. Dafür stehen jährlich 1,6 Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem wird künftig an den Gymnasien in der siebten Klasse der gleiche Personalschlüssel finanziert wie an den Sekundarschulen, um im Probejahr gezielt fördern zu können. Das kostet jedes Jahr zusätzlich fünf Millionen Euro. Sogenannte „außerschulische Lernorte“ in den Bezirken (Jugendkunstschulen, Gartenarbeitsschulen und Jugendverkehrsschulen) erhalten jährlich zwei Millionen Euro mehr.

GELD FÜR SPORTANLAGEN

Das langjährige Senatsprogramm zur Sanierung der vielen maroden Sportanlagen in Berlin, bisher mit neun Millionen Euro pro Jahr ausgestattet, wird im nächsten Jahr um 4,5 Millionen Euro aufgestockt – und ab 2017 auf insgesamt 18 Millionen Euro verdoppelt.

MEHR SICHERHEIT

Das öffentliche Budget für Polizei und Feuerwehr wird um 50 Millionen Euro jährlich aufgestockt. Ein gewichtiger Teil des Geldes fließt in die Terrorbekämpfung durch das Spezialeinsatzkommando (SEK) und das Landeskriminalamt, einschließlich neuer Waffen, DNA-Analysegeräten, Nachtsichtausrüstung und 350 Dokumentenprüfgeräten, die gefälschte Pässe automatisch identifizieren können. Es wird eine Taskforce „zur Bewältigung besonderer Sicherheitslagen“ gebildet, dafür werden 75 neue Stellen geschaffen. Auch die polizeilichen Ressourcen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität werden verstärkt.

Die Ausbildung bei der Feuerwehr und im Justizvollzug soll künftig besser bezahlt werden, um diese Berufe attraktiver zu machen. Dafür stehen im Haushalt ab 2016 jedes Jahr vier Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Auch die freiwilligen Feuerwehren erhalten zwei Millionen Euro jährlich mehr. Das Sicherheitspaket kam auf Initiative der CDU zustande. „Wir haben nun insgesamt tausend zusätzliche Stellen bei Polizei, Feuerwehr und Verfassungsschutz durchgesetzt“, erklärte Innensenator Frank Henkel (CDU). Die Sicherheitsbehörden, die „über viele Jahre kaputt gespart wurden“, könnten wieder durchatmen.

PERSONAL FÜR BÜRGERÄMTER

Die bezirklichen Bürgerämter, die sich immer noch in einem indiskutablen Zustand befinden, erhalten noch einmal 36 Stellen zusätzlich. Also drei je Bezirk. Wird eine Stelle nicht innerhalb von sechs Monaten besetzt, können andere Bezirke darauf zugreifen.

WIRTSCHAFT UND FORSCHUNG

Die Mittel für den Technologie- und Industriepark Tegel, der nach der Schließung des Flughafens entstehen soll, werden im Haushalt 2016/17 um jeweils fünf Millionen Euro aufgestockt. Außerdem werden, als symbolischer Einstiegsbetrag, jedes Jahr 500 000 Euro für die Gründung von „Berlin-Büros“ in ausländischen Metropolen zur Verfügung gestellt, um die Stadt als wichtige Wirtschaftsmetropole besser zu repräsentieren. Dieses Konzept wurde im Einvernehmen zwischen Visit Berlin, SPD-Fraktionschef Saleh und Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) entwickelt.

UND NICHT ZULETZT …

Die Investitionsmittel für den Tierpark in Friedrichsfelde werden in den nächsten zwei Jahren um insgesamt 3,5 Millionen Euro erhöht. Auch kulturelle Einrichtungen (unter anderem Kulturbrauerei, Grips-Theater, Domäne Dahlem, Käthe-Kollwitz-Museum, Feuerwehrmuseum, Tanztheater Toula) profitieren vom Koalitionskompromiss. Aber auch der Mädchenfußball, der Verein Heimkinder und die ehrenamtliche Arbeit der Stadtteilzentren werden finanziell gestärkt. Das Zusatzpaket der Koalitionsfraktionen zum Haushalt 2016/17 mit einem Volumen von 230 Millionen Euro wird nicht über Einsparungen an anderer Stelle finanziert, sondern aus zusätzlichen Steuergeldern, Bundesmitteln für Flüchtlinge, Gerichtsgebühren, Rückflüssen aus Wohnungsbaudarlehen und nicht verbauten Investitionen.

Zur Startseite