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Am Wochenende eskalierte am Kottbusser Tor ein Streit zwischen einem Dealer und einem Obsthändler – nicht die erste Eskalation an diesem Ort.

© Mike Wolff

Kriminalität am Kottbusser Tor in Berlin: Mal fliegen die Fäuste, mal eine Ananas

„Eines Tages wird es hier Tote geben“, sagt ein Obst- und Gemüsehändler. Fast täglich rufen er und seine Kollegen die Polizei. Doch die handelt nicht, meinen die Händler.

Diesmal war es nur eine Ananas, die als Wurfgeschoss endete. „Aber eines Tages wird es vor unserem Stand Tote geben“, sagt der Obst- und Gemüsehändler. Eine düstere Prognose, aber sie gibt das Gefühl wieder, das hier in Kreuzberg rund ums Kottbusser Tor viele Gewerbetreibende teilen. „Es wird immer schlimmer“, sagt der Händler. Fast täglich rufen er und seine Kollegen die Polizei. „Aber die machen nichts.“

Die Händler am „Kotti“ klagen schon seit einiger Zeit über Gewalt und Kriminalität vor ihrer Tür. Überwiegend seien es Drogendealer, die sich hier herumtrieben. Sie kämen alle aus Algerien, Marokko, oder Libyen. Sie nehmen sich Gemüse und Obst vom Tisch, beklauten Kunden, klagt der Händler, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Häufig gebe es Schlägereien.

So auch am Samstagabend. Wie berichtet hatte ein vermutlicher Dealer, der sich immer wieder am Obststand bedient hatte, den Verkäufer mit einer Ananas beworfen, als dieser ihn zur Ordnung rief. Die Ananas verfehlte den Mann nur knapp. Der Werfer wollte fliehen, der Händler versuchte, ihn festzuhalten. Da attackierte der Werfer den Obstverkäufer. In diesem Augenblick trafen Polizeibeamte ein und nahmen den Ananas-Werfer fest. Sie fanden Betäubungsmittel bei ihm. Die Beamten nahmen den 31-Jährigen mit. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen räuberischen Diebstahls und dem Verdacht des Drogenhandels.

Die Verantwortung wird hin und hergeschoben

Täglich spielen sich am Kottbusser Tor solche Szenen ab. Das belegen nicht nur die Statistiken der Polizei. Die Betroffenen möchten anonym bleiben. So auch ein Kollege des Angriffsopfers vom Samstag. Dem gehe es wieder gut, er übernehme auch wieder die Nachtschichten.

Vor zwei Jahren war die Situation für die Händler so unerträglich geworden, dass sie eine Interessengemeinschaft gründeten und dem Senat einen Brandbrief schrieben. „Die Politik handelt einseitig, Verantwortung wird hin und hergeschoben, soziales Leiden wird nicht gemindert“, hieß es in dem Schreiben. Eine der Forderungen damals: Mehr Polizei, sogar eine Polizeiwache am Kotti forderten sie. Die gibt es bislang nicht, dafür hat sie die Präsenz der Beamten erhöht.

„Die Dealer gehen weg, wenn die Polizei kommt“, sagt der Inhaber eines Dönerladens. Da reiche ein leerstehender Polizeiwagen, schon verschwinden die Menschen. Er sagt aber auch: „Es sind in diesem Jahr weniger Leute unterwegs.“

Das bestätigt auch ein Kioskbesitzer gleich um die Ecke. „Der Kotti ist in den letzten beiden Jahren sicherer geworden“, meint er. Zufrieden ist er mit der Situation dennoch nicht. Dreck und Schmutz prägten die Gegend. Es müsse sauberer werden. Gerade wegen der Familien, die hier leben. Um das zu ändern, brauche es ein vernünftiges Quartiersmanagement. Und eine andere Politik. Das meinen zumindest die Gewerbetreibenden.

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