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Der Autor Host Bosetzky bei der Vorstellung seines Buches ´Stolz auf Berlin».

© picture alliance / Jens Kalaene/

Krimiautor und Soziologe Horst Bosetzky: -ky schrieb Unterhaltung im besten Sinne

Er schrieb erst Krimis unter dem Kürzel -ky und wandte sich dann historischen Berliner Themen zu. Jetzt ist Horst Bosetzky im Alter von 80 Jahren gestorben.

Kriminalität, Verbrechen, Mord und Totschlag – das sind zunächst einmal Fälle für Polizei und Justiz. Aber es sind doch zugleich soziale Phänomene, und insofern ist dafür auch die Zunft der Soziologen zuständig. Dass aber ein Professor für Soziologie sich nebenberuflich dem Schreiben von Kriminalromanen widmet, dabei sogar eine vom Lesepublikum honorierte Meisterschaft entwickelt – das muss doch als eine große Ausnahme gelten.

Horst Bosetzky war solch eine Ausnahme, aber das haben seine treuen Leser lange nicht mitbekommen. Gut, es gab da an der Berliner Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege einen Professor namens Bosetzky, aber dass der sich hinter dem geheimnisvollen Kürzel -ky verbarg, das wussten die wenigsten. Mit ersten Versuchen als Autor von Groschenheften hatte der am 1. Februar 1938 in Berlin geboren Geborene in den sechziger Jahren zu schreiben begonnen, bevor er Anfang der Siebziger in der Thrillerreihe des Rowohlt-Verlags zu -ky wurde. Bald wurde dies zum Markenzeichen, wurde -ky in der Kritik als Erfinder des deutschen Sozio-Krimis gepriesen, der es bei aller Action an soziologischer Durchleuchtung der Verbrecherwelt wie der Gesellschaft nicht fehlen ließ, dabei auch gern die jeweiligen Zeitumstände sezierte.

Unterhaltungsautor war er, im besten Sinne, der in die Story sein Nachdenken über die Gegenwart verpackte. Oder der, als er sich später, nun unter vollem Namen, Stoffen aus der Berlin-Brandenburgischen Geschichte zuwandte, keine Bedenken hatte, das Drama um den 1324 in Berlin erschlagenen Propst Nikolaus von Bernau mit einer Liebesgeschichte zu vermengen, „ein bisschen Hollywood“ reinzumogeln, auf dass sein „Versuch, Geschichte zu vermitteln“, auch wirklich gelinge. Wobei ihm klar war, dass schon die Fakten es in sich hatten: „Es gibt in Berlin und Brandenburg so wunderbare Stoffe.“

Selbstverständlich auch Verbrechen wie die des Serienmörders Karl Großmann in den zwanziger Jahren oder des S-Bahn-Mörders in den Vierzigern, Stoffe für Werke, die Bosetzky gerne als „dokumentarische Romane“ sah, Fiktion, eng an der Wirklichkeit entlang geschrieben, soweit sie sich durch gründliche Recherche rekonstruieren ließ. Klar, dass auch Film und Fernsehen sich bald für die Doppelbegabung als kriminalistischer Soziologe und soziologischer Kriminalist interessierten und seine Dienste beanspruchten.

Auch der eigenen Familiengeschichte hat er sich gewidmet, ging dabei in dem 1999 veröffentlichten Band „Tamsel. Der Aufstieg derer von Bosetzki unter Friedrich II.“ bis ins 18. Jahrhundert zurück, hatte sich vier Jahre zuvor in „Brennholz für Kartoffelschalen“, seinem persönlichsten Buch, der eigenen Kindheit in den späten Vierzigern noch einmal schreibend genähert. Auch im Tagesspiegel war Bosetzky wiederholt zu lesen, ein bei allem Erfolg zurückhaltend, fast bescheiden wirkender Mann, der bei seiner Gratwanderung zwischen Dichtung und Wahrheit stets sich sorgte, wie viel historischen Hintergrund er wohl liefern dürfe, wie weit er sein Detailwissen im Schreiben reduzieren müsse. Der sich auch nicht scheute zu bekennen: „Ich würde gern einmal einen Kurs bei einem richtigen Poeten belegen.“

Am Sonntag ist Horst Bosetzky nach Mitteilung des Berliner Jaron-Verlages nach langer Krankheit gestorben. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller würdigte den Autor, der seine Fangemeinde über Jahrzehnte in Atem gehalten habe. „Nicht nur Berlin, ganz Krimi-Deutschland trauert um einen wunderbaren Erzähler", sagte Müller. "Horst Bosetzky hat in seinen Büchern Millionen von Menschen in Spannung versetzt. Nun ist er verstummt. Wir werden seine unverwechselbare Stimme vermissen.“

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