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Diese Freitreppe soll nach bisherigem Plan am Humboldt-Forum gebaut werden.

© Flussbad

Kostenstreit um Berliner Prestigeprojekt: Freitreppe am Humboldt-Forum droht das Aus

Die Freitreppe zum Spreekanal am Humboldt-Forum könnte aus Kostengründen nicht gebaut werden. Doch das würde alles nur noch teurer machen, sagen die Planer.

Der geplanten Freitreppe am Humboldt Forum droht das Aus – mit unklaren Folgen für die Zukunft des im Spreekanal angedachten Flussbads. „Aktuell gibt es noch keinen neuen Zeitplan, da die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen prüft, das Projekt zu beenden“, antwortete Baustaatssekretär Christian Gaebler (SPD) auf eine Anfrage der Abgeordneten Danny Freymark (CDU) und Stefan Förster (FDP).

Damit könnte für eines der Prestigeprojekt des Senats unerwartet schnell das Ende kommen. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen, sagte der Sprecher der Staatsentwicklungsverwaltung Martin Pallgen auf Anfrage. Doch es gebe „noch viele offene Fragen, die einer Realisierung der Freitreppe im Wege stehen“. Daher müsse man „angesichts der ausstehenden Genehmigungen, der Realisierungshürden und stetig steigender Baukosten die Frage nach der Sinnhaftigkeit solcher Projekte stellen“.

Dabei war ursprünglich für dieses Jahr der Baustart vorgesehen, 2024 hätte die Freitreppe fertig sein sollen, die ursprünglich vom Verein Flussbad e.V. als Einstiegsstelle in den Spreekanal erdacht worden ist, mittlerweile jedoch offiziell davon entkoppelt wurde.

Doch der Zeitplan ist längst obsolet. Seit Jahren verzögert sich das Vorhaben wegen unklarer Zuständigkeiten in der Verwaltung und der noch immer ungelösten Frage zwischen den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung sowie Verkehr und dem Bezirk Mitte, wer nach Abschluss der Arbeiten Eigentümer der Stufenanlage am Ufer des Spreekanals sein soll. Dabei schwingt immer auch die Frage nach der Zukunft des umstrittenen Flussbads mit, das in diesem Bereich der Spree entstehen könnte.

Rot-Grün-Rot nahm Freitreppe noch in Koalitionsvertrag auf

Die rot-grün-rote Landesregierung hatte sich noch im Dezember im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass der öffentliche Raum an der Spreeinsel auch durch den Bau der Freitreppe „verbessert“ werden soll. Auch der Bund fördert den Plan als „Nationales Projekt des Städtebaus“ mit bis zu 3,2 Millionen Euro.

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Doch schon kurz darauf ließ die Stadtentwicklungsverwaltung Zweifel an dem Vorhaben laut werden. Bausenator Andreas Geisel (SPD) nannte eine Kostensteigerung von 400 Prozent, weshalb man das Projekt kritisch sehe. Billiger, so die Einschätzung in Geisels Haus, wäre es, den Bau rechtzeitig zu stoppen und ein weiteres Berliner Millionengrab zu verhindern.

Dem Land würde ein schnelles Ende des Projekts 1,7 Millionen Euro einsparen, erklärte Staatssekretär Gaebler bereits im März auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Freymark. „Dabei sind weitere Kostensteigerungen aus der Verzögerung des Projekts noch nicht berücksichtigt.“

400 Prozent Kostensteigerung? Kritik an Geisels Zahlen

Doch Kritiker erheben Zweifel an den Zahlen, mit denen Geisel und sein Haus arbeiten. So ist etwa die genannte Kostensteigerung von 400 Prozent so kaum haltbar. "Diese Kostendarstellung der Senatsverwaltung ist für uns nicht nachvollziehbar", sagte Flussbad-Initiator Jan Edler.

Als Grundlage seien dafür Kalkulationen der Flussbad-Initiatoren von 2015 herangezogen worden, erklärte Geisels Sprecher Pallgen. Sie seien damals von rund 1,5 Millionen Euro für den Bau der Anlage ausgegangen.

Diese sah jedoch einen viel einfacheren Bau vor, wie Jan Edler, Vereinsvorsitzender des Flussbad e.V. auf Anfrage erklärt: ohne Aufzug, ohne Bäume und ohne einen drei Meter in den Kanal hineinreichenden Balkon aus Naturstein.

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Auf all diese Vorgaben verständigte sich jedoch der Senat und beschloss Ende 2019 den Bau mit einem Kostenrahmen von rund 4,6 Millionen Euro. Seither sind die zuletzt 2021 überprüften Kosten auf 5,7 Millionen Euro gestiegen. Die Freitreppe wird also teurer, nach der letzten Kalkulation jedoch nur um 23 Prozent.

Die aktuell fast unaufhaltsam steigenden Baupreise und die drohenden Verzögerungen bei dem Projekt machen weitere Ausgabensteigerungen nicht unwahrscheinlicher. Die von der Senatsverwaltung selbst als Bauherrenvertreterin mit Planung und Bau des Projekts betraute DSK Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH geht davon jedoch nicht aus. „Kostenexplosionen können wir ausschließen“, sagte Projektleiter Christian Unger dem Tagesspiegel. Von Arbeiten an der anderen Uferseite der Museumsinsel kenne man die verbauten Materialien und den Untergrund gut. Die aktuelle Kostenprognose des Projekts sei daher sicher.

Baustopp könnte für das Land noch teurer sein

Die vom Senat beauftragte DSK geht sogar davon aus, dass es für das Land Berlin teurer werden könnte, den Bau jetzt zu stoppen. „Wenn das Land die Fördermittel an den Bund zurückzahlen und die Freianlagenplanung neu durchführen muss, wären die Kosten deutlich höher, als der Anteil, den das Land für die Freitreppe zahlen muss“, sagte Unger. Denn die Uferwand müsste das Land auch dann wiederherstellen lassen.

Der Planer kalkuliert die Kosten allein dieses Vorhabens in einer E-Mail an die Senatsverwaltung, die dem Tagesspiegel vorliegt, auf circa zwei Millionen Euro. Umsonst gewesen wären auch die bereits jetzt für die Planung ausgegebenen Mittel in Höhe von 780.000 Euro.

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Ein Baustopp würde zudem „zu erheblichen Verzögerungen“ bei der Herstellung der Freianlagen am Humboldt-Forum führen, sagt Unger. Die aktuell fehlende Uferwand zwischen dem U-Bahnhof Museumsinsel und dem Denkmalsockel wäre über weitere „mindestens drei Jahre eine Brache“. Mit der Baustelle im Zentrum wird die Stadt noch länger leben.

Erfunden wurde die Freitreppe von den Initiatoren des Flussbads. Über die Stufen sollte der Zugang zum Spreekanal möglich werden. Allerdings ist der Bau der Freitreppe mittlerweile planerisch vom Badeprojekt in der Spree getrennt worden. Auch wenn die Treppe dem Flussbadprojekt mehr Strahlkraft geben würde, sieht der Vereinsvorsitzende Jan Edler die Zukunft des Flussbads nicht zwangsläufig an den Bau der Freitreppe geknüpft. "Das Projekt Flussbad hängt konzeptionell nicht an dieser Treppe." Diese ändere nach den Plänen einen knappen Meter über dem Wasser. Für den Zugang müssten ohnehin Leitern angebracht werden.

Für eine zügige Umsetzung beider Projekte plädiert der FDP-Abgeordnete Stefan Förster. "Anstatt sich im Verwaltungs-Pingpong gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben, sollten die Senatoren Jarasch und Geisel schnell dazu verständigen, wie das Flussbad-Projekt in die Realisierung zu bringen ist. Der schnelle Bau der Freitreppe am Humboldt-Forum wäre ein erster Baustein dazu, zumal die Bundesgelder zum Abruf bereitstehen."

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