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Auch den Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ will die Partei von Klaus Lederer umsetzen.

© Paul Zinken/ dpa

Konzept für bezahlbares Wohnen: Berliner Linke will Investoren zu mehr Sozialwohnungen verpflichten

Die Linke stellt ihr Programm für bezahlbares Wohnen in Berlin vor. Dazu gehört nicht nur der Mietendeckel, sondern auch der Bau von mehr Sozialwohnungen.

Steigende Mieten, kaum bezahlbare Preise bei Kaufimmobilien und zunehmende Verdrängung: Wohnen ist für viele Berliner:innen das drängendsten Problem in der Stadt – und spielt auch im Abgeordnetenhauswahlkampf eine entsprechend große Rolle. Am Freitag stellte Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer gemeinsam mit Stadtentwicklungsstaatssekretärin Wenke Christoph das Programm vor, mit dem ihre Partei das Wohnen in Berlin bezahlbar machen will.

Die Linke will dazu den Wohnungsbau beschleunigen. Ein Vorschlag nicht ganz ohne Ironie, immerhin wurden die vom Senat gesteckten Ziele beim kommunalen Wohnungsneubau unter den linken Stadtentwicklungssenator:innen Katrin Lompscher und Sebastian Scheel in dieser Legislatur Jahr für Jahr gerissen. Insgesamt sank die Zahl neuer Baugenehmigungen zuletzt vier Jahre in Folge.
Um die Trendwende zu schaffen, will die Partei nun eine „Stadtentwicklung aus einem Guss“.

Insbesondere Verkehrs-, Natur- und Artenschutzfragen sorgten meist für Verzögerungen bei der Realisierung von Bauprojekten. Deshalb solle die Wohnungsbauleitstelle der Stadtentwicklungsverwaltung mit Befugnissen ausgestattet werden, um die Bauvorhaben effektiv zu beschleunigen, heißt es in dem Papier. Alle beteiligten Verwaltungen sollten dazu per Vereinbarung zu einem zügigen und lösungsorientierten Arbeiten verpflichtet werden.

Das bedeute nicht, dass Stadtentwicklungs- und Verkehrsverwaltung komplett zusammengelegt werden sollten, wie es SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey fordert, sagte Lederer. „Die Aufgaben werden nicht dadurch einfacher, dass man die Mammutverwaltungen zusammenlegt.“

Zudem habe die SPD als sie bis 2016 das Ressort führte, bewiesen, dass damit nicht alles besser werde. Die Entwicklung neuer Stadtquartiere und des Verkehrs hätten damals „bei null“ gelegen, sagte Lederer.

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Entscheidend ist aus Sicht der Linke jedoch auch welche Wohnungen entstehen. „Es braucht Wohnungsneubau aber in Richtung des Bedarfs. Hochpreiswohnungen und Lofts sind unproblematisch zu bekommen“, sagte Lederer. Die neuen Häuser sollten insbesondere für jene 57 Prozent der Berliner Platz bieten, die ein Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein hätten.

Über das Instrument sektoraler Bebauungspläne will die Partei dazu für größere Gebiete bei Neubauten in Baulücken einen Anteil von 30 bis 100 Prozent Sozialwohnungen vorschreiben. In den meisten Fällen dürften es 40 bis 50 Prozent werden, führte Lederer aus. Eine Einheitsquote könne es jedoch nicht geben, sagte Christoph. Dies sei von Gebiet zu Gebiet abhängig.

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Bei größeren Bauprojekten im Zuge der kooperativen Baulandentwicklung durch private Investoren fordert die Linke, dass die Entwickler die Hälfte der Wohnungen an landeseigene Wohnungsbaugesellschaften verkaufen müssen. Bei kleineren Projekten will die Partei von Investoren künftig einen Anteil von 50 Prozent sozial geförderter Wohnfläche fordern im Gegenzug für die Baugenehmigung. Aktuell liegt der Wert in Berlin bei 30 Prozent.

Als Beispiel nannte Staatssekretärin Christoph München. Dort liefen derzeit Verhandlungen zwischen Stadt und Baubranche, den Anteil auf mehr als 50 Prozent zu erhöhen. „Das gibt uns die Möglichkeit zu schauen, dass nicht das nächste Haus mit Eigentumswohnungen gebaut wird und die Innenstadt nicht nur für die Reichen finanzierbar ist.“

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Um den sozialen Wohnungsneubau stärker zu fördern, sollten die finanziellen Förderungen von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften den gestiegenen Bau- und Planungskosten angepasst werden, schreibt die Partei. Neben Darlehen sollte es dazu auch direkte Zuschüsse geben, etwa um das klimagerechte Bauen zu fördern.

Mit regulatorischen Maßnahmen will die Linke einen weiteren Anstieg der Mieten verhindern. „Ein Wohnungsmarkt funktioniert nur, wenn er in rechtlichen und sozialen Bindungen eingebettet ist“, sagte Lederer. Der in Berlin rechtlich gescheiterte Mietendeckel solle dazu auf Bundesebene eingeführt werden, fordert die Partei.

Zugleich macht die Linke einmal mehr klar, den Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ im Erfolgsfall umsetzen zu wollen. „Wenn die Mehrheit der Berliner den Auftrag gibt, dann besteht die Pflicht zu gucken wie könnte eine rechtskonforme Lösung aussehen“, sagte der Linke-Spitzenkandidat.

Linke schwächelt in den Umfragen

Auch der Häuserankauf über das Vorkaufsrecht soll intensiviert werden. Um noch mehr Möglichkeiten dazu zu haben, solle die gesamte Stadt zum Milieuschutzgebiet erklärt werden. Zugleich solle eine Taskforce von Senat und Bezirken gebildet werden, um die Bezirke bei dieser Aufgabe zu entlasten.

Obwohl bezahlbares Wohnen eines der Hauptthemen im Wahlkampf ist, schafft es die Berliner Linke mit einem ihrer Kernanliegen bislang nicht zu punkten. Beim Kampf um das Rote Rathaus spielt Spitzenkandidat Klaus Lederer schon lange keine Rolle mehr. Zuletzt war die Partei in Umfragen auf lediglich zwölf Prozent zurückgefallen.

Unklar scheint, ob die Partei nach der Wahl als Teil einer rot-rot-grünen Koalition in der Regierung bleibt. Während Lederer mehrfach eingefordert hatte, einen erfolgreichen Enteignungsvolksentscheid auch umzusetzen, machte SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey klar, dass dies eine „rote Linie“ für sie sei.

Von den Umfragen wolle er sich "nicht kirre" machen lassen, sagte Lederer. Die Zahlen seien stark beeinflusst von Bundestrend. Er hoffe, in den kommenden Wochen noch für steigende Werte zu sorgen. Chancen dafür sieht er: "Wir haben unter beweis gestellt, wozu wir hier gebraucht werden."

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