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Stand-up-Comedy ist Mayowa Osinubis Leidenschaft.

© Thilo Rückeis

Komikerin Mayowa Osinubi: Zu groß für diese Stadt

Mayowa Osinubi verarbeitet schmerzhafte Erfahrungen mit Humor. Am Samstag präsentiert sie ihre genreübergreifende Comedy-Show „Kween Kong“ im Säälchen.

Manchmal kommt sich Mayowa Osinubi in Berlin wie ein Monster vor. Wie King Kong, der einfach zu groß ist für die Stadt, in der er sich bewegt. Im Film kommen irgendwann die Amerikaner, um den Riesenaffen einzufangen und umzubringen. Sie sind die Helden, King Kongs Motivationen bleiben unklar. „Was wäre, wenn King Kong erzählen könnte, wer er ist?“, fragt Osinubi. „Wie er zu diesem Monster geworden ist?“

Der originale „King Kong“-Film von 1933 ist die Inspirationsquelle für Osinubis erste One-Woman- Show „Kween Kong“, die sie an diesem Samstag im Säälchen auf dem Holzmarktgelände präsentiert. Das Gefühl, zu viel Raum in einer Stadt einzunehmen, habe sie als schwarze Frau in Berlin ständig. Viele Menschen würden sie als eindimensionales Wesen sehen. „Die Sichtbarkeit, die ständigen Blicke, die rassistischen Kommentare“, all das hat Osinubi in ihrer Stand-up-Show verarbeitet, erzählt sie.

Als Treffpunkt hat Osinubi „The Store“ vorgeschlagen, den hippen Mix aus Boutique und Café im Erdgeschoss des Soho House. Hier kommt sie manchmal hin, um zu arbeiten. Der Laden ist voll mit gutaussehenden, gut gekleideten Menschen, die sich die Markenklamotten anschauen oder auf ihren Laptops tippen.

Kleidung ist wie eine Rüstung

Osinubi, die in London geboren und in Atlanta aufgewachsen ist, ragt aus der homogenen Menge heraus – auch im wörtlichen Sinne. Groß ist sie, ihre Plateauschuhe machen sie noch größer. Auch Osinubis Haare, in denen weiße Muscheln hängen, addieren einige Zentimeter. Heute trägt sie ein grellblaues Top aus glänzendem Material, dazu die passende Sonnenbrille.

Kleidung ist für sie wie eine Rüstung, erzählt Osinubi. Mode ist eines ihrer vielen Interessen. Osinubi tanzt, dreht Filme und hat einen YouTube-Channel namens „Mayowas World“. Dort erzählt sie ihren tausenden Abonnenten unter anderem, wie schwarze Frauen ihre natürlichen Haare pflegen und stylen können, ganze ohne Perücken oder Glätteeisen.

Osinubi traf Angela Merkel

Osinubis erster Dokumentarkurzfilm „Acting White“ führte sie im Frühjahr 2017 nach Berlin, wo sie ihn auf der Feminist Film Week vorstellte. Für den Film befragte Osinubi Schülerinnen und Schüler in den USA, was es für sie heißt, sich „weiß“ zu verhalten. Dieser Vorwurf wurde Osinubi als Jugendliche selbst oft gemacht und hat sie lange beschäftigt.

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Inzwischen ist sie Bundeskanzler-Stipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung. „Führungskräfte von morgen“ werden damit ein Jahr lang gefördert, wie es auf der Webseite der Stiftung heißt. Osinubi hat im Rahmen des Programms Angela Merkel getroffen. Zeit für persönliche Fragen gab es dabei allerdings nicht. „Sie wirkt wie eine sehr beschäftigte Frau“, sagt Osinubi grinsend.

Immer die Wahrheit sagen

Mit dem Stipendium wollte sie sich eigentlich dem Film widmen, dann entdeckte Osinubi in Berlin ihre größte Leidenschaft: Stand-up-Comedy. An ihren ersten Auftritt kann sie sich noch genau erinnern. Akribisch hatte sie sich vorbereitet, Material für fünf Minuten Programm geschrieben. „Ich ging auf die Bühne, erzählte alle meine vorbereiteten Witze und schaute auf die Uhr…erst 45 Sekunden waren vergangen“, erzählt Osinubi lachend. „Das war so unangenehm.“

Doch aus dieser Situation heraus entstand eine Magie, weil Osinubi gezwungen war, den Rest der Zeit einfach sie selbst zu sein. „Das versuche ich, jedes Mal zu erreichen, wenn ich auf der Bühne bin“, sagt sie. „Ich erzähle immer die Wahrheit, das Gute und das Schlechte.“ Nach dem Auftritt brannte sie für Stand-up, trat ein Jahr lang vier oder fünf Mal die Woche auf.

Im April moderierte sie eine große Gala in der Heinrich-Böll-Stiftung. Dort scherzt sie über deutsche Gepflogenheiten, die Außenstehenden oft merkwürdig vorkommen. Etwa die vielen unsinnigen Regeln, oder den Brauch, sämtliche Fernsehserien und Filme auf Deutsch zu übersprechen. Wissendes Gelächter kommt von den anderen Expats im Saal. Aber sie habe hier eine tolle Community und wolle sich voll integrieren, sagt Osinubi ihrem Publikum. „Ich will so Deutsch werden, dass Paprika mir scharf vorkommt.“

Eine Show, in der alle sich sicher fühlen

Osinubi hat Übung darin, Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen zum Lachen zu bringen. Ihre Eltern stammen aus Nigeria, sie selbst wuchs in den USA auf.  Mit ihrer Familie musste sie Witze machen, die universal verständlich sind. „Es geht um die Dinge, die uns alle verbinden, obwohl unsere Erfahrungen, unsere Erziehung oder unsere Art zu sprechen so unterschiedlich sind“, sagt Osinubi. Das habe ihr auch mit dem überwiegend deutschem Publikum in Berlin geholfen.  

Osinubi bemerkte aber auch, welche Probleme es in der Comedywelt gibt. Ähnlich wie die deutschsprachige ist auch die englischsprachige Szene von weißen Männern dominiert. Für alle anderen kann das Leben als Stand-up-Comedian gefährlich sein. Ständig spät abends in Clubs unterwegs zu sein, wo die Menschen Alkohol trinken, dazu die anderen Komiker, die rassistische oder sexistische Kommentare machen. „Ich wollte eine Show kreieren, in der alle sich sicher fühlen können“, sagt Osinubi.

Comedy, um Menschen glücklich zu machen

Also schuf sie das Format „Issa Comedy Show“. Dafür heuerte sie Berliner Komiker und Komikerinnen an, die über ihre Erfahrungen als marginalisierte Personen sprechen. Trans Menschen, Frauen of Color oder mit Beeinträchtigungen. „Es gibt so viele Menschen, die wichtige Botschaften haben“, sagt Osinubi. „Ich will hören, wie sie ihre Erfahrungen mit Humor verarbeiten.“

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Dass sich einige Komiker über zu viel Sensibilität beklagen, kann sie nicht nachvollziehen. „Die sind nur sauer, dass sich die Menschen jetzt wehren“, sagt Osinubi. Dabei solle es bei Comedy doch darum gehen, Menschen glücklich zu machen. „Wer sich immer nur über Political Correctness beschwert, dem geht es gar nicht um andere Menschen, sondern nur um sich selbst.“

Auch frauenfeindliche Witze sind politisch

Viele Menschen könnten sich gar nicht aussuchen, ob ihre Comedy politisch ist oder nicht. „Wenn man queer ist oder wie ich über das Leben als schwarze Frau Witze macht, ist das allein schon ein politisches Statement“, sagt Osinubi. Dabei bringe jeder Comedian die eigene Identität in die Arbeit ein. „Auch die Entscheidung, frauenfeindliche Witze zu machen, ist politisch.“

[Kween Kong Stand-up Special am 23.11. um 19 Uhr im Säälchen,  Holzmarktstraße 25, Berlin-Friedrichshain, Tickets 15-20 Euro]

Osinubi bemüht sich in ihren Shows, niemanden zu verletzen. Dass man dabei auch mal Fehler macht, sei klar. Es komme darauf an, wie man darauf reagiert, ob man aus ihnen lernt oder nicht. „Wir müssen alle besser darin werden, uns für andere einzusetzen“, sagt sie.

In „Kween Kong“ geht neben Rassismus auch um Feminismus und um Osinubis Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt. Ernste Themen, denen sie mit Humor begegnet, um sie zu verarbeiten. „Das hat etwas Heilendes.“

Ein genreübergreifendes Spektakel

„Kween Kong“ ist nicht nur Osinubis größte, sondern auch ihre vorerst letzte Show in Berlin. Ende des Jahres wird sie erst einmal nach Atlanta zurückgehen. Dass ihr Stipendium ausläuft, ist ein Grund, die politische Situation in Deutschland der andere. „Ich weiß nicht, wie sicher es für mich ist, hier zu bleiben“, sagt Osinubi. Sie habe eine Veränderung wahrgenommen, auch ihre Freundinnen und Freunde in Berlin berichten von mehr Übergriffen, mehr Beleidigungen.

Mit ihrer Show im Säälchen will sie aber noch einmal Raum einnehmen, mindestens so viel wie King Kong. Neben der Comedy gibt es Tanzperformances, eine 3D-Projektion von ihr an der Wand, für ihre Kostüme arbeitet sie mit einem Experten für tragbare Technologie zusammen, Laser sollen zum Einsatz kommen – ein riesiges, genreübergreifendes Spektakel. „Ich werde mich niemals kleiner machen, um irgendwo existieren zu können“, sagt Osinubi. „Ich werde weiter ich selbst sein.“

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