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Der Schnitzaltar wurde von der Restauratorin Daniela Baumberg aufgearbeitet.

© Barbara H. Klemm

Kollektive Kraft von Einheimischen und Zugereisten: Teetzer Dorfkirche nach mehr als 20 Jahren saniert

Mit einem Festgottesdienst am Pfingstmontag wird auch die Rückkehr des kostbaren Marienaltars gefeiert, der dank einer Spende restauriert werden konnte.

Es war ein trauriger Anblick: In der Dorfmitte von Teetz (Ostprignitz-Ruppin) stand die große Kirche und verfiel.

„Das Dach war seit Jahrzehnten undicht, der Dachstuhl in Mitleidenschaft gezogen, die Mauersimse begannen abzubröckeln, die Fenster waren zerschlagen und im hohen Turm stand die Uhr still“, erinnert sich Dieter Kliche, Wahl-Teetzer aus Berlin. Immer, wenn er damals mit seiner Frau Karla zu ihren gemeinsamen Wanderungen durch die Region startete, schimpfte er über den Verfall der Kirche. Und seine Frau sagte: „Dann tu etwas dagegen.“

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Im November 1999 fanden alle Teetzer einen Aufruf in ihren Briefkästen, verfasst von Dieter Kliche. „Stellen wir uns für einen Augenblick Teetz ohne Kirche vor, ohne das große, den Dorfanger teilende backsteinerne Kirchenschiff mit seinen schlanken Fenstern und dem hohen Dach. Stellen wir uns vor, daß die beiden Glocken für immer verstummen, stellen wir uns schließlich auch vor, daß wir in der Mitte des Dorfes mit einer Ruine, einem Trümmerhaufen oder einer abgeräumten leeren Fläche leben müssen. Wir wollen die Kirche im Dorf lassen.“

Der „Förderverein Dorfkirche Teetz“ wurde gegründet, ein erster Schritt auf einem langen Weg, zum Vorsitzenden wurde Kliche gewählt.

Mit einem Festgottesdienst wird nun am Pfingstmontag der Abschluss der umfassenden Sanierung der Kirche und die Rückkehr des kostbaren und aufwendig sanierten Marienaltars gefeiert. Den Gottesdienst, der um 14 Uhr beginnt, wird der Potsdamer Generalsuperintendent Kristóf Bálint halten.

Der Maler Johannes Heisig zog 2015 nach Teetz

Vor gut zwei Jahren übernahm der Maler Johannes Heisig den Vereinsvorsitz von Dieter Kliche. „Wenn der Altar am Pfingstmontag wieder in seiner Kirche steht, ist dies auch ein Zeichen der Kraft kollektiver Bemühung“, sagte Heisig, der vom Engagement und dem Ehrenamt des Vereins beeindruckt war, als er 2015 in das Dorf zog.

Errichtet wurde der 1860 eingeweihte Sakralbau nach Entwürfen des Kyritzer Kreisbaumeisters Wedeke und des königlichen Baumeisters und Hofarchitekten Friedrich August Stüler (1800-1865). Gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde gelang es dem Förderverein, mit Hilfe von Spenden und Fördermitteln das damals bereits baupolizeilich gesperrte Bauwerk schrittweise zu retten.

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Bis zu 50 Mitglieder hatte der Förderverein, oftmals wurden Förderanträge nur bewilligt, wenn genügend Eigenmittel bereitgestellt waren. Spenden mussten aquiriert und Zuschüsse beschafft werden. Handwerker der Region halfen ein ums andere Mal, zum Beispiel die großen Messingleuchter des Gotteshauses zu restaurieren – unentgeltlich.

Die Orgel reiste nach Berlin - und wieder zurück

Im Oktober 2010 – zum 150. Kirchengeburtstag – kehrte die Orgel an ihren angestammten Platz zurück.

Als die Kirchengemeinde einst den Kirchbau aufgegeben hatte, waren die Reste der Lütkemüller-Orgel an das Stadtmuseum Berlin verkauft und rekonstruiert in der Nikolaikirche als Konzertinstrument aufgestellt worden. Ein neues museologisches Konzept machte die Orgel dort nach einigen Jahren entbehrlich und so kehrte sie als Dauerleihgabe nach Teetz zurück.

Zuletzt wurde 2021 der Innenraum vom Potsdamer Restaurator Klaus Ricken erneuert und im März erhielt die Kirche nach Jahrzehnten ihren um 1520 gefertigten Schnitzaltar zurück. Das spätgotische Kunstwerk war von der Berliner Restauratorin Daniela Baumberg in ihrer Werkstatt umfassend restauriert worden.

Ermöglicht wurde die Restaurierung durch die großzügige Privatspende eines Mäzens, der auf Anregung des 2019 gestorbenen früheren Brandenburger Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) vom Landesdenkmalamt vermittelt worden war.

Holzmehlhaufen unter dem Altar

Der Flügelaltar war vor Jahrzehnten aus der sanierungsbedürftigen Kirche ausgelagert worden. Er stand viele Jahre in der Kirche von Königsberg und später in der Kapelle des Teetzer Nachbarortes Ganz, wo ihm schlechte klimatische Bedingungen und Feuchtigkeit zusetzten.

„2015, gerade nach Teetz gezogen, sahen meine Frau und ich zum ersten Mal den kostbaren barocken Schnitzaltar, der, aus konservatorischen Gründen ausgelagert, einst die Dorfkirche schmückte“, erinnert sich Johannes Heisig: „Das erste, was uns auffiel, war seine Pracht, das zweite die erschreckenden Holzmehlhaufen, die Kunde vom Wurmbefall gaben. Es musste schnell etwas geschehen.“

Heute finden in der Kirche wieder Gottesdienste, Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Der Altar und die Orgel des Orgelbaumeister Friedrich Hermann Lütkemüller (1815-1897) gelten als ihre wertvollsten Ausstattungsstücke. Anlässlich der Sanierung der Dorfkirche und der Restaurierung des Altars wird es eine eigens aufgelegte Postkartenedition und eine Broschüre geben.

Transparenzhinweis: Die Autorin ist Mitglied im Förderverein Dorfkirche Teetz.

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