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Letzte Saison. Die Lizenz für das Jahn-Stadion läuft 2020 aus.

© Kay Nietfeld/dpa

Koalition und Senat einigen sich: Jahn-Stadion in Prenzlauer Berg wird doch nicht abgerissen

Wende bei den Umbauplänen zum Pankower Jahn-Sportpark: Der Anfang 2021 geplante Stadionabriss ist vom Tisch, stattdessen soll ein geordnetes Planverfahren her.

Von Christian Hönicke

Das Stadion im Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg bleibt stehen – zumindest bis 2022. Darauf haben sich die rot-rot-grünen Koalitionsparteien und die Senatsverwaltungen für Sport und Stadtentwicklung nach Angaben des Grünen-Abgeordneten Andreas Otto verständigt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bestätigte dies auf Anfrage.

Man habe sich „auf einen Kompromiss über das weitere Vorgehen zum Umbau des Jahnsportparks zu einem Inklusionssportpark geeinigt“, schreibt Otto auf seiner Website. Es gelte nun der Grundsatz: „Erst planen, dann bauen.“ Auf Nachfrage sagte Otto: „Das ist ein Schritt, der schon viel früher hätte erfolgen sollen. Jetzt machen wir es richtig.“

Der Jahn-Sportpark soll nach dem Willen der Sportverwaltung für insgesamt knapp 200 Millionen Euro zu einem „Inklusionssportpark“ umgestaltet werden. Die Machbarkeitsstudie der Sportverwaltung soll in ihrer aktualisierten Form am Freitag im Sportausschuss vorgestellt werden. Sie sieht eine starke Verdichtung des Areals vor, unter anderem mit Sporthallen in Turmbauten.

Insbesondere gegen die Zerstörung des bisher grünen Charakters der Anlage und dabei geplante Baumfällungen regte sich Widerstand. Der neu gegründeten „Bürgerinitiative Jahnsportpark“ traten auch Prominente wie der Schriftsteller Wladimir Kaminer bei.

Größter politischer Streitpunkt war jedoch der geplante Abriss des Großen Stadions (auch Cantianstadion genannt). Der war für Anfang 2021 geplant, danach sollte ein Neubau erfolgen. Den dazu eigentlich benötigten Bebauungsplan für den gesamten Sportpark wollte der Senat aus vermeintlichem Zeitdruck später nachreichen. Baurechtler verwiesen darauf, dass das Verfahren des „vorgezogenen Stadionneubaus“ nicht rechtskonform und höchst anfällig für Klagen sei.

Anfang 2021 soll ein Werkstattverfahren durchgeführt werden

Laut Otto sieht der zentrale Punkt des Einigungsprotokolls hier nun einen Paradigmenwechsel vor: „Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung fasst unverzüglich einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan. Die Planreife wird für Ende 2022 angestrebt, danach ist der Bau des Stadions möglich.“ Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan werde noch im November gefasst, teilte Dennis Buchner mit, der sportpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Nach Angaben von Otto soll Senatsbaudirektorin Regula Lüscher das Verfahren leiten.

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Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bestätigte die Personalie Lüscher auf Tagesspiegel-Anfrage nicht, wohl aber den generellen Ablauf samt Bebauungsplanverfahren. Parallel dazu solle ein städtebauliches Werkstattverfahren im ersten Quartal 2021 beginnen, erklärte Sprecherin Katrin Dietl. "Es handelt sich um ein mehrstufiges, integratives Planungsverfahren für das Gesamtareal, das auch dessen Einbindung in den Stadtraum in den Blick nimmt." Planungsbüros sollen hier unter Beteiligung der Stadtöffentlichkeit Ideen entwickeln, die Ergebnisse sollen laut Dietl im Spätsommer 2021 vorliegen. Auch Umwelt-, Natur- und Denkmalschutzbelange sollen dabei einfließen.

Ein solches Verfahren hatte unter anderem der Bund Deutscher Architekten (BDA) angesichts der Bedeutung des Areals für die Stadt gefordert. Die bisherige Planung habe insbesondere sportfachliche Bedarfe zu sehr in den Mittelpunkt gestellt und Fragen der Stadtentwicklung und die Funktion des Sportparks für sein Umfeld zu wenig berücksichtigt.

Betriebserlaubnis des Stadions läuft Ende 2020 aus

Laut Otto liegt der Einigung die Maßgabe zugrunde, dass erstmals auch die Erhaltung des Stadions realistisch geprüft werden soll. Senatssprecherin Dietl bestätigt dies: „Im Verfahren ist auch der Umgang mit dem großen Stadium, Sanierung oder Neubau, im Kontext des Umbaus des Sportparks zu entscheiden.“ Bisher lehnte insbesondere die Sportverwaltung eine Sanierung kategorisch ab und verwies auf die Alternativlosigkeit des geplanten Neubaus für etwa 120 Millionen Euro. Sie hält trotz der neuen Entwicklung an dieser Einschätzung fest.

Auch die SPD favorisiert im Gegensatz zu Linken und Grünen weiter den Abriss. „Ob Teile der Substanz erhalten bleiben können, wird der Wettbewerb zeigen“, so der SPD-Politiker Buchner. „Vor dem Hintergrund, dass wir eine komplett inklusive, damit barrierefreie Sportstätte wollen, bin ich skeptisch, dass viel übrig bleibt.“

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Nach dem Werkstattverfahren soll für Stadion und Gesamtareal ein Architekturwettbewerb durchgeführt werden „mit dem Ziel eines Abschlusses innerhalb von sechs Monaten“ – also vermutlich bis Mitte 2022. Bis dahin soll das Stadion auf jeden Fall stehen bleiben, so Otto: „Eventuelle Rückbaumaßnahmen erfolgen frühestens nach Abschluss des Wettbewerbs.“

Allerdings läuft die Betriebserlaubnis des Stadions Ende 2020 aus. Sie werde danach nicht mehr verlängert, teilt die Sportverwaltung mit: „Es werden dort ab dem 1. Januar 2021 keine Veranstaltungen, Wettkämpfe oder Spiele mehr stattfinden. Einzige Ausnahme machen wir für den Schulsport und Trainingsbetrieb, diese dürfen den Rasenplatz im Stadion noch benutzen.“ Die Fußball-Regionalligisten, die bisher im Großen Stadion ihre Heimspiele veranstalten, sollen dann umziehen: der VSG Altglienicke in den Olympiapark und der BFC Dynamo in das Sportforum Hohenschönhausen.

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