zum Hauptinhalt
Der vermeintliche Deal ist gescheitert. Die Grünen gehen erneut mit Stephan von Dassel in die Wahl.

© Jörg Carstensen/dpa

Update

Knapper Sieg bei den Grünen: Von Dassel kandidiert erneut als Bezirksbürgermeister für Berlin-Mitte

Im Poststadion wählten die Grünen am Samstag ihren Spitzenkandidaten. Von Dassel lag dabei mit 50,6 Prozent nur knapp vor seinem Herausforderer Tilo Siewer.

Viel hat nicht gefehlt, dann wäre Stephan von Dassel als Bezirksbürgermeister von Mitte abgewählt gewesen. Nicht von den Bürgerinnen und Bürgern im Bezirk, sondern von seiner eigenen Partei. Der Kreisverband der Grünen in Mitte entschied am Samstag, mit welchem Bürgermeister-Kandidaten er in die kommende Kommunalwahl gehen will.

Von Dassel gewann die Kampfabstimmung denkbar knapp mit 127 Stimmen (50,6 Prozent). Sein Herausforderer Tilo Siewer bekam 115 Stimmen (45,8 Prozent).

251 des insgesamt 1600 Mitglieder großen Kreisverbandes waren am Samstag bei regnerischem Wetter in das Poststadion in Moabit gekommen. „Ich möchte mich bei allen bedanken, die hier die Basisdemokratie hochhalten“, sagte von Dassel in seiner Rede vor der Abstimmung. Im Vorfeld war viel spekuliert worden über einen Coup gegen den amtierenden Bezirksbürgermeister.

Einige Mitglieder hätten Tilo Siewer, Fraktionsvorsitzender seiner Partei in Mitte, gerne als neuen Bezirksbürgermeister im Bezirk gesehen. Bei der für die Grünen so wichtigen Verkehrswende sei im Bezirk zu wenig vorangegangen, kritisierte Siewer.

Tilo Siewer verlor nur knapp gegen Stephan von Dassel.
Tilo Siewer verlor nur knapp gegen Stephan von Dassel.

© Promo

Und polarisierende Äußerungen von Stephan von Dassel wie die über „aggressive Obdachlose aus Mittel- und Osteuropa“ hätten grüne Wähler verprellt. Mit dieser Meinung ist Siewer in seiner Partei nicht alleine.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Vor der Abstimmung soll es Absprachen gegeben haben. Siewer sollte angeblich mit den Stimmen der Realos, die den Bezirksverband traditionell dominieren, sowie der Gruppe „Bunt-Grün“ die Kampfabstimmung gegen von Dassel gewinnen.

Als Gegenleistung sollten die sich speziell für die Belange von Menschen mit Migrationsgeschichte engagierenden „Bunt-Grünen“ auf einen eigenen Bewerber für die Kandidatur auf das Direktmandat im Bundestagswahlkampf verzichten und stattdessen die Kandidatin der Realos, Hanna Steinmüller, unterstützen.

Von Dassel äußert sich selbstkritisch

Von Dassel war die Erleichterung am Ende anzusehen. Er streckte die Hände zur Siegerpose über den Kopf. Wie knapp es war, zeigt die Tatsache, dass er erst im zweiten Wahlgang siegte. Im ersten bekam keiner der beiden Kandidaten die nötigen Stimmen für eine absolute Mehrheit.

Mit Blick auf das Ergebnis äußerte sich von Dassel am Rande der Veranstaltung selbstkritisch. „Ich bin weit davon entfernt zu sagen, dass wir keine Fehler gemacht haben.“ Er könne die Kritik aus der Partei nachvollziehen. Die Bürgerinnen und Bürger im Bezirk seien ihm bisher stets wichtiger gewesen als die Parteiversammlung.

In Zukunft wolle er aber mehr Rücksicht nehmen und sich mit polarisierenden Bemerkungen zurückhalten. "Manche meiner Formulierungen waren unglücklich", gibt er auf Nachfrage zu.

[In unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken berichten wir uns regelmäßig unter anderem aus der Bezirkspolitik und der Bezirksverordnetenversammlung. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Angesprochen auf den vermeintlichen Deal gegen ihn zeigt er sich gelassen. "Absprachen sind in einer großen Partei völlig normal. Ich glaube aber, dass wir sie nicht nötig haben." Es habe sich gezeigt, dass sich im offenen Wettbewerb die richtigen Menschen durchsetzen.

Siewers Unterstützer wollten sich nach der verlorenen Abstimmung nicht äußern. Auch der Herausforderer selbst schweigt. Er müsse nun erst einmal seine Gedanken sortieren, sagt er.

Hört man sich auf der Tribüne im Poststadion unter einfachen Parteimitgliedern um, scheinen manche die Diskussion über das Duell im Vorfeld gar nicht so richtig mitbekommen zu haben. "Ich habe mich enthalten, weil ich nicht drin bin im Thema", sagt ein junger Mann. Ein älteres Parteimitglied erzählt, er habe nach den Reden spontan entschieden, für wen er stimmen will.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false