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Das braucht Zeit. Viel Praxen sind im ländlichen Gebieten völlig überlastet - es gibt einfach zu wenige Ärzte.

© Patrick Pleul/dpa

Kliniken schließen?: Warum Brandenburg dem Rat der Experten nicht folgen will

Experten empfehlen, kleine Krankenhäuser zu schließen, um Patienten besser versorgen zu können - Brandenburg hält die eigene Klinikdichte für bedarfsgerecht.

Es gibt Gegenden in den Weiten des Landes Brandenburg, die würden nach Kriterien der UN als unbesiedelt gelten – so wenige Menschen leben dort. Gerade für Flächenländer wie die Mark ist es deshalb eine immer größere Herausforderung, die gesundheitliche Versorgung mit Landarzt-Praxen und Krankenhäusern zu sichern.

Eigentlich müsste das Land mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern exemplarisch sein für die Empfehlungen der von Bertelsmann beauftragten Experten. Aber Fehlanzeige. Das Potsdamer Gesundheitsministerium hält es weder für sinnvoll noch für nötig, in den kommenden Jahren auch nur ein einziges Krankenhaus in Brandenburg zu schließen. Schon gar nicht jedes zweite der 54 Krankenhäuser (an 63 Standorten), die heute die stationäre Versorgung sichern.

Kliniken gelten als "Anker im Raum"

„Die Bertelsmann-Studie verkennt, welchen großen Stellenwert Krankenhäuser besonders in ländlichen Regionen für die Menschen haben“, sagt Gesundheitsstaatssekretär Andreas Büttner (Linke). „Und sie trifft nicht die Situation im Land. In Brandenburg ist die Krankenhausdichte heute bedarfsgerecht.“ Er erinnert daran, dass in den 90er Jahren eine Vielzahl von Kliniken geschlossen worden sei.

Allerdings sei „diese Strukturbereinigung nicht in allen Bundesländern gleichermaßen“ erfolgt. Symptomatisch ist, dass das Fachministerium zuerst politisch-psychologisch argumentiert. Tatsächlich wäre die Schließung von Häusern der Bevölkerung nicht vermittelbar und hätte ebenfalls negative Auswirkungen für den Arbeitsmarkt und die regionale Wertschöpfung. Es seien „Anker im Raum“, so Büttner.

Nach einer Infratest-Umfrage aus dem Jahr 2018 ist die Gesundheitsversorgung das Thema, das die Menschen am meisten bewegt, gerade in den Landregionen, wo viele Arztpraxen schlossen oder von Schließung bedroht sind. Als vor einigen Jahren Geburtsabteilungen unter Verweis auf zu wenige Geburten zugemacht wurden, zum Beispiel in Belzig, gab es massive Proteste.

Templin mit Vorbildcharakter

Aber Brandenburg will auch nicht den Status quo zementieren, die Krankenhäuser sollen nicht so bleiben wie sie sind, wie Büttner betont. „Die Standorte werden zukunftssicher nicht durch ein ‚Weiter so’, sondern durch neue belastbare Konzepte.“ Der Gesundheitsstaatssekretär nennt als ein Stichwort die Telemedizin für die Erstdiagnose.

Wo es vor allem hingehen soll, wird in einem überregional beachteten Projekt am Krankenhaus in Templin (Uckermark) erprobt: Die Klinik wird derzeit zu einem Ambulant-Stationären-Zentrum (ASZ) umgebaut, mit Arztpraxen und Krankenhaus unter einem Dach – statt der klassischen Trennung. Templin könne, so Büttner, „Vorlage für die nachhaltige medizinische Versorgung ländlicher Regionen in Deutschland werden.“

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