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Intensivpflegekräfte und eine Ärztin versorgen einen Corona-Patienten.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Update

Kliniken fordern schnellen Lockdown: Vivantes-Krankenhäuser in Berlin warnen vor Kontrollverlust

Nach Charité-Vorstand Kroemer befürchtet nun auch Vivantes-Chef Danckert einen Notstand. Er fordert, den „Infektionsschutz ab sofort drastisch zu erhöhen“.

Berlins wichtigste Klinikkette und zugleich Deutschlands größter kommunaler Krankenhauskonzern warnt vor Chaos im Gesundheitswesen. Die Zahl der Covid-19-Patienten sei "um ein Vielfaches höher als im Frühjahr und sie steigt weiter, trotz der bisher von der Politik eingeleiteten Maßnahmen", teilte der Vorstand der Vivantes-Kliniken mit.

Vivantes-Geschäftsführer Johannes Danckert erklärte: "Die Teams in den Kliniken geraten an ihre Belastungsgrenzen. Und – anders als im Frühjahr – stehen wir derzeit erst am Beginn der winterlichen Infektionssaison." Neben dem Coronavirus drohen saisonale Grippe-Infektionen.

Wenn die Situation nicht außer Kontrolle geraten solle, teilte der Vivantes-Vorstand mit, müssen jetzt umgehend wirksame Maßnahmen ergriffen werden, nicht erst nach Weihnachten. Denn epidemiologisch gesehen, gebe es Entlastung ohnehin erst nach 14 Tagen.

"Wir appellieren an Politik und Öffentlichkeit, den Infektionsschutz ab sofort drastisch zu erhöhen", sagte Vivantes-Chef Danckert. "Wir brauchen Ihre Unterstützung, um Ihre Gesundheit und die unserer Mitarbeitenden zu schützen." Wie berichtet, befinden sich hunderte Vivantes-Pflegekräfte derzeit in Quarantäne oder sind selbst - auch an Covid-19 - erkrankt. Zudem waren schon vor der Pandemie mehr als 200 der circa 5000 Pflegestellen unbesetzt.

Vivantes-Forderung: Corona-Patienten auf alle Kliniken Berlins verteilen

In allen Berliner Kliniken - nicht nur bei Vivantes - fehlt Personal. Deshalb stößt die folgende Vivantes-Forderung in privat betriebenen, kirchlichen und gemeinnützigen Häusern auf Widerspruch: Die Covid-19-Patienten müssten "gerechter" verteilt werden, teilte die Vivantes-Spitze mit, alle Krankenhäuser der Stadt seien dafür zu nutzen. Bislang versorgen die Vivantes-Kliniken die meisten stationären Corona-Fälle.

Johannes Danckert, 42, ist im Vorstand der Vivantes-Kliniken, die 600.000 Patienten pro Jahr versorgen.
Johannes Danckert, 42, ist im Vorstand der Vivantes-Kliniken, die 600.000 Patienten pro Jahr versorgen.

© Hannes Heine

In der Pandemie wurden die Krankenhäuser mit Intensivstationen drei „Levels“ zugeteilt. Die Charité behandelt als Level I die schwersten Fälle. Level II sind 16 Kliniken, darunter die großen Vivantes-Häuser, die ebenfalls (auch) schwere Covid-19-Fälle versorgen. Für all diese Kliniken gilt die Anweisung von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD), planbare Operationen zu verschieben.

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Level III-Kliniken versorgen meist Nicht-Covid-19-Patienten und erwirtschaften so mehr Geld. Hintergrund ist, dass Covid-19-Fälle von den Krankenkassen nur äußerst knapp vergütet werden; zumindest ist der pflegerische und technische Aufwand rund um das Lungenleiden recht hoch.

Auch der Chef der Berliner Charité, Heyo Kroemer, hat vor einer Überlastung der Kliniken gewarnt. Die Lage in der ebenfalls landeseigenen Universitätsklinik sei gerade noch beherrschbar: Von insgesamt 442 Intensivbetten der Charité sind derzeit schon 129 mit Covid-19-Patienten belegt. Davon werden 70 Prozent beatmet, was besonders aufwändig ist. Charité und Vivantes versorgen 70 Prozent der Coronavirus-Patienten in Berlin.

"Tatsächlich sollten die Maximalversorger, also die Großkliniken mit ihren Intensivstationen, entlastet werden", sagte Thomas Werner, der Vivantes-Betriebsrat und Klinikexperte der Ärztekammer Berlin ist. "Das kann heißen, leichtere Covid-19-Fälle in Krankenhäusern zu behandeln, die solche Patienten bislang nicht haben. Und all die Kliniken, die auf reguläre, planbare Alltagsoperationen seit Wochen verzichten – und somit kaum Geld verdienen –, muss der Bund unbürokratischer als bislang helfen."

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