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Am Montagnachmittag versammelten sich Klima-Aktivisten im Monbijoupark.

© Carolin Rückl

Update

Klimademos in Berlin: Polizei räumt Straße am Brandenburger Tor – Proteste im Monbijoupark

Umweltschützer protestieren in der Berliner Innenstadt. Einige klebten sich auf die Straße. Auf Telegram wird zur Besetzung des Monbijouparks aufgerufen.

Umweltschutzgruppen haben am Montag im Berliner Regierungsviertel mit ihren lange angekündigten Protestaktionen für mehr Klimaschutz begonnen. Am Brandenburger Tor versammelten sich am Vormittag Demonstrant:innen auch auf der Straße und blockierten sie zum Teil.

Die Polizei ging am Mittag von etwa 200 Personen aus, zudem seien Kleinstgruppen von etwa 10 bis 20 Personen unterwegs. Im Protestcamp der Aktivist:innen zählte die Polizei rund 250 Zelte, insgesamt geht man daher von etwa 300 Menschen aus. Laut Polizei war die Lage relativ ruhig, wie es am Mittag hieß, größere Einsätze gab es zunächst nicht.

Eine Sitzblockade, bei der sich auch mehrere Demonstranten auf der Straße festgeklebt hatten, wurde am frühen Montagnachmittag von der Polizei weitgehend geräumt. Beamte trugen viele junge Männer und Frauen von der Straße auf den Platz des 18. März.

Gleichzeitig riefen die Umweltschutzinitiativen, darunter die Gruppe Extinction Rebellion, zur Besetzung des Monbijouparks nahe dem Hackeschen Markt auf. „Im Monbijoupark wurde in Windeseile Infrastruktur aufgebaut: Baumhäuser, Waben, Tripods, große Zelte, Toiletten ... Es ist ein tolles buntes Camp entstanden“, schrieben die Organisatoren im Internet. „Schnapp dir dein Zelt und ab geht's. Hier machen wir es uns die nächsten Tage gemütlich.“ Dazu gab es noch konkrete Tipps: „Wenn ihr vorne nicht in den Park gelassen werdet, geht einfach über den Zaun oder an der Spree.“

Im Monbijoupark protestierten Menschen am Nachmittag auf Tripods und auf Bäumen. Die Polizei bereitete sich darauf vor, auf einen Baum zu klettern. Aus einem Lastwagen lief Musik, davor tanzten Menschen. Über den Park verteilt saßen Grüppchen im Gras. Herein kam in den Park seit etwa kurz nach zwei Uhr niemand mehr. Raus gehe aber immer, sagte ein Beamter. An den Eingängen und am Zaun zum Park standen Beamte, die aufpassten, dass niemand darüber klettert. Das klappt allerdings nicht durchgehend,e inige Aktivist:innen sprangen über den Zaun. Polizeiwagen säumen die Oranienburger Straße vor dem Monbijoupark.

Ein Protestierender sitzt im Monbijoupark auf einem Tripod.
Ein Protestierender sitzt im Monbijoupark auf einem Tripod.

© Carolin Rückl

Die Polizei war seit dem frühen Morgen mit einem sehr großen Aufgebot an wichtigen Stellen in der Berliner Innenstadt präsent. Die Organisator:innen des Protestes räumten im Laufe des Tages ein: „Team Blau hat es uns heute sehr schwer gemacht. Würden die Regierenden nur so viel Engagement bei der Klimakatastrophe zeigen ... “

Die Polizei forderte die Teilnehmenden der Demo am frühen Nachmittag auf, die Straße zu verlassen.
Die Polizei forderte die Teilnehmenden der Demo am frühen Nachmittag auf, die Straße zu verlassen.

© Carolin Rückl

Mehrere Hundert junge Menschen hatten mit der Sitzblockade am Brandenburger Tor am Vormittag die angekündigte Protestwoche für mehr Klimaschutz eingeleitet. Allerdings verzögerten sich die Aktionen wegen der Polizeipräsenz und es kamen nicht so viele Teilnehmer wie erwartet. Weiter geplant sind am Dienstag eine Demonstration und im Laufe der Woche weitere Blockaden von Straßen, Kreuzungen oder Gebäuden.

Polizei ruft zum Einhalten der Corona-Regeln auf

Eine Rednerin eröffnete am Vormittag den Protest am Brandenburger Tor: "Die Klimakatastrophe ist in vielen Ländern jetzt schon eine Voraussetzung, ein Grund für Kriege und soziale Unruhen. Das wird auch bei uns auftauchen. Deswegen ist Klima als Grundlage so ein Entscheidendes, so ein wichtiges Thema." Deswegen soll heute protestiert werden, "kreativ, gewaltfrei, entschlossen".

Teilnehmer haben sich zu einer Sitzblockade vor dem Brandenburger Tor versammelt.
Teilnehmer haben sich zu einer Sitzblockade vor dem Brandenburger Tor versammelt.

© Carolin Rückl

Die Polizei schirmte mit mehreren großen Wagen die Demonstrierenden von der Straße ab. Die Demonstrierenden saßen größtenteils, manche sangen, mehrere spielten Gitarre. Die Organisator:innen riefen dazu auf, Masken zu tragen und spielten Musik über Boxen auf einem Lastenrad.

Aktivist:innen tanzen bei den Klimaprotesten in der Berliner Innenstadt.
Aktivist:innen tanzen bei den Klimaprotesten in der Berliner Innenstadt.

© Carolin Rückl

"Verhindern werden wir diese Krise nicht, aber wir müssen handeln", sagte eine Sprecherin. Die Polizei rief indes dazu auf, Masken zu tragen, Abstand zu halten. Auf dem Platz des 18. März wurde zu einer adaptierten Version von "Staying alive" getanzt mit dem Text: "Stop the extinction, join the rebellion".

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Polizisten sprachen Demonstrierende an, mehr Abstand zu halten. Es gab mehrere Durchsagen, darin war auch die Rede von polizeilichen Maßnahmen, die alle vermeiden wollen. Die Organisator:innen forderten auch dazu auf, dass mehr Abstand gehalten werde, von der Straße müsse aber niemand gehen. Im Verlauf der Proteste hielten die Teilnehmer:innen das Maskentragen und Abstandhalten besser ein – von der Polizei kam eine lobende Durchsage mit einem Aufruf zu einem kleinen Applaus.

Protestierende liegen auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor.
Protestierende liegen auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor.

© Carolin Rückl

Bei dem Protest am Brandenburger Tor klebten sich mehrere Menschen jeweils mit einer Hand an die Straße. Die Polizei und der Ärztliche Dienst der Polizei kamen, gegen die Aktion unternommen wurde aber zunächst nichts. Zwei Polizisten standen weiter bei den Aktivisten.

Aktivisten kleben sich an der Straße fest

Ein weiterer, der sich etwas entfernt von der Gruppe festgeklebt hatte, gab der Polizei seinen Ausweis - gegen ihn werde jetzt Anzeige erstattet wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, wie ein Beamter sagte.

Von der Polizei hieß es, dass die Aktivist:innen dort erst einmal weiter festgeklebt sitzenbleiben dürften - solange sie nicht gegen den Infektionsschutz verstoßen. Sollte die Demonstration an einen anderen Ort verlegt werden, bekommen diese die Gelegenheit sich selbst loszumachen und mitzugehen. Sollten sie das nicht tun, werde dies als Widerstand gewertet und die Teilnehmer:innen würden mit Hilfe eines Arztes von der Straße losgemacht und anschließend erst festgehalten, bis ihre Identitäten geklärt sind, hieß es von der Polizei.

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Eine Teilnehmerin, die sich "Mephisto" nennt, ist ohne Identität auf der Demo, sagt sie. Sie ist eine der Personen, die sich mit einer Hand auf dem Boden festgeklebt haben. "Wir kleben hier heute auf der Straße, weil die Regierung bezogen auf die Klimakrise einfach versagt und wir das nicht weiter so hinnehmen und mit zivilem Ungehorsam klar ein Zeichen setzen wollen."

Ein Beamter, berichtet sie, sei ihr auf die festgeklebte Hand getreten, obwohl dort mit Filzstift "geklebt" stehe. Nun seien ihre Finger angeschwollen, entschuldigt habe sich der Beamte nicht. Sie seien bereits darüber aufgeklärt worden, dass ihnen vorgeworfen werde, einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr darzustellen.

Eine Aktivistin, die sich "Mephisto" nennt und ihre Identität nicht verraten möchte, hat sich mit einer Hand auf dem Boden festgeklebt.
Eine Aktivistin, die sich "Mephisto" nennt und ihre Identität nicht verraten möchte, hat sich mit einer Hand auf dem Boden festgeklebt.

© Carolin Rückl

Ihre Identität gibt sie weder dem Tagesspiegel noch der Polizei gegenüber preis. Sie will sitzen bleiben, "bis wir nicht mehr geduldet werden". Dann, damit rechnet Mephisto, würden sie und die anderen wohl mitgenommen damit die Polizei ihre Identität feststellen könne.

Polizei ruft zum Verlassen der Straße auf – Teilnehmer werden abgeführt

Gegen 13 Uhr rief die Polizei die Demonstrant:innen am Brandenburger Tor schließlich dazu auf, die Straße zu verlassen und auf den Platz des 18. März zu gehen. Sonst könne es zu polizeilichen Maßnahmen können. Nach einer Durchsage bewegten sich jedoch nur die wenigsten zum neuen Versammlungsort.

Aktivisten klebten sich bei den Protesten an die Straße.
Aktivisten klebten sich bei den Protesten an die Straße.

© Carolin Rückl

Die Polizei wertete die auf der Straße sitzenden Versammlung. "An diesem Ort beeinträchtigen sie die Grundrechtswahrnehmung anderer", heißt es von der Polizei. Mit Sprechchören sangen die Demonstrant:innen gegen die Polizei an: "Klimaschützen ist kein Verbrechen", "Kohlekonzerne Baggern in der Ferne", "Hoch die internationale Solidarität".

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Schließlich wurden die ersten Teilnehmenden von Beamten abgeführt. Die Polizei forderte die Menschen auf, friedlich zu gehen. Wer sich weigert, wird von der Polizei mitgenommen. "Du bist nicht allein", riefen die noch auf der Straße Sitzenden in Sprechchören.

Mit Lösemittel wurden die Hände der Festgeklebten von der Straße gelöst.
Mit Lösemittel wurden die Hände der Festgeklebten von der Straße gelöst.

© Carolin Rückl

Der Tatbestand der Gemeinschaftlichen Sachbeschädigung und des Widerstands sei erfüllt, wenn die an den Boden geklebten sich nicht Lösen, klärte ein Polizeibeamter einen der Angeklebten auf. Wer nicht festgeklebt ist und nicht von selbst aufsteht, wird weggetragen. Eine der Festgeklebten weinte. Die Weggetragenen wurden auf den Platz des 18. März gebracht und dort in die neue Versammlung "entlassen".

Die Polizei begann, mit Lösemittel die Hände der Festgeklebten zu lösen. Die Presse wurde inzwischen zurückgedrängt, 1,5 Meter Abstand sollten eingehalten werden. (mit dpa)

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