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Barren, Bock, Pferd, Matten und eine Holzwand - alles muss in einem Durchgang überwunden werden, wer stehen bleibt, fällt durch.

© Thilo Rückeis

Klettern, springen, laufen: Mythos Polizei-Sporttest - wie hart er wirklich ist

Der Polizei in Berlin und Brandenburg gehen die Auszubildenden aus. Ein Teil der Bewerber scheitert bereits am Sporttest. Sind die Horrorgeschichten über Klimmzüge und Liegestütze wahr? Unser Autor Torben David hat den Eignungstest gemacht.

Die wilde Jagd geht quer durch die Turnhalle: Seitliche Hocke übers Pferd, nach links und rechts über einen Barren schwingen, mit den Beinen voran zwischen den Holmen eines Stufenbarrens hindurch, anschließend Rolle vorwärts, Rolle rückwärts, Bocksprung und zuletzt die Holzwand hoch – geschafft! Der Hallenteil der Sportprüfung ist bestanden, die erste Hürde auf dem Weg zu einem Ausbildungsplatz bei der Polizei überwunden.

Mehr Ausbildungsplätze, weniger Bewerber

Wahre Horrorgeschichten ranken sich um den sportlichen Eignungstest, den jeder Bewerber absolvieren muss: 20 Klimmzüge mindestens, endlose Liegestütze, unfairer Hindernisparcours, mörderische Langstreckenläufe. Gut möglich, dass solche Gerüchte abschrecken und zum Nachwuchsproblem der Berliner Ordnungshüter beitragen. Denn wie berichtet, sind Polizeischüler in Berlin eine immer seltenere Spezies: Innerhalb von zehn Jahren ist die Zahl der Ausbildungsplätze zwar gestiegen, die der Bewerber aber um zwei Drittel geschrumpft – und oft übersteht von 15 bis 20 Bewerbern nur einer die Auswahlrunde, scheitern viele bereits am Sporttest. Höchste Zeit also, ihn versuchsweise mal selbst zu wagen.

Auf den ersten Blick will das sportliche Versagen des potenziellen Nachwuchses nicht einleuchten. Die echten Bewerber jedenfalls, die sich heute im Ausbildungszentrum der Polizei, Charlottenburger Chaussee 67 in Ruhleben, versammelt haben, sind in der Mehrzahl gut trainiert wirkende junge Männer. Keiner wirkt so, als sollte der sportliche Teil der Prüfungen große Probleme bereiten. „Das täuscht“, sagt Thomas Grunenberg, Sportlehrer der Polizei und Testleiter, „die meisten hier packen den Hindernisparcours, knicken dann aber beim Lauf ein. Viele haben einfach keine Ausdauer.“

Ohnehin erinnert der in der Sporthalle des Zentrums aufgebaute Parcours stark an den Turnunterricht in der Schule. Barren, Bock, Pferd, Matten und eine Holzwand sind aufgebaut. Alle Hindernisse müssen in einem Durchgang überwunden werden, wer stehen bleibt, fällt durch.

„Eigentlich ist das hier ja auf dem Niveau der sechsten Klasse, das hat jeder in der Grundschule schon gemacht“, erklärt Grunenberg. „Wir wollen eine Verfolgungsjagd simulieren, also testen, ob unsere Bewerber Flüchtigen auch in schwierigem Gelände hinterherjagen können. Da müssen Frauen und Männer dann auch die gleiche Leistung bringen.“

Bei jeder Temperatur arbeiten - in kugelsicherer Weste und feuerfester Kleidung

Die eigentliche Herausforderung lauert draußen vor der Tür. Nach der angenehm kühlen Halle geht es hinaus auf den sonnendurchglühten Sportplatz. 2000 Meter in höchstens neun Minuten, 20 Sekunden werden verlangt. Es sind 30 Grad im Schatten, gelaufen wird trotzdem.

Bei Sonne oder Regen. 2000 Meter in 9 Minuten, 20 Sekunden – länger sollte man als Bewerber für einen Ausbildungsplatz bei der Berliner Polizei nicht benötigen.
Bei Sonne oder Regen. 2000 Meter in 9 Minuten, 20 Sekunden – länger sollte man als Bewerber für einen Ausbildungsplatz bei der Berliner Polizei nicht benötigen.

©  Thilo Rückeis

„Wir können ja im Dienst auch nicht einfach sagen: Heute ist es zu warm, den Außeneinsatz blasen wir mal besser ab. Da muss bei jeder Temperatur gearbeitet werden, auch in kugelsicherer Weste und feuerfester Kleidung“, erklärt Volker-Alexander Tönnies, Leiter der Polizeipressestelle. Es hilft also nichts, auch der Lauf ist zu absolvieren. Regelmäßiges Joggen zahlt sich da aus. Wer aber ohne Vorbereitung versucht, die 2000 Meter, sogar bei diesen Temperaturen in der vorgegebenen Zeit zu laufen, wird es schwer haben.

Doch sieben Minuten und 50 Sekunden später ist auch dieser Teil des Tests bestanden, wenngleich schweißüberströmt und schwer atmend. Die anwesenden Polizisten gratulieren, der Zweitkarriere als Landespolizist stände zumindest physisch nichts im Wege.

Und vieles von dem, was über die Prüfung gesagt wird, hat sich als bloßes Gerücht herausgestellt. Klimmzüge und Liegestützen werden nicht verlangt, und der Hindernisparcours ist für einen durchschnittlich sportlichen Bewerber machbar – zumal man sich online dazu ein Video ansehen kann. Auf den Lauf dagegen sollte man sich gut vorbereiten. Man kann ja nie wissen, ob man ihn bei 20 oder 30 Grad absolvieren muss.

Das Video über den Hindernisparcours findet man unter www.berlin.de/polizei/beruf/einstellungsverfahren.html

Torben David

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