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Der Lehrer Clemens K. bei einem Schulausflug.

© Tsp

Klarer Fall für Staatsanwaltschaft: Rechter Lehrer muss wegen SS-Tattoo vor Gericht

Weil ein Lehrer ein SS-Tattoo beim Sportfest einer Hennigsdorfer Schule zeigte, beantragte die Staatsanwaltschaft Geldstrafe. Das will er nicht akzeptieren.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat gegen einen Brandenburger Lehrer wegen rechtsextremer Tattoos den Erlass eines Strafbefehls beantragt. Das erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Montag. Der 36-jährige Clemens K. hatte im Sommer 2018 beim Sportfest der Albert-Schweitzer-Schule Hennigsdorf (Oberhavel) seinen freien Oberkörper gezeigt.  

Auf dem Bauch trug K. ein Tattoo mit dem Spruch: „Meine Ehre heißt Treue“. Das war der Wahlspruch der SS - und der ist in der Bundesrepublik als Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation eingestuft. Wer den Spruch öffentlich zur Schau stellt, macht sich strafbar.

Auf der Brust hat der Mann zwei weitere Symbole und Erkennungszeichen der rechtsextremistischen Szene: eine „Wolfsangel“ und eine „schwarze Sonne“.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat wegen des öffentlichen Zeigens des SS-Tattoos bereits im Juni beim Amtsgericht Oranienburg den Erlass eines Strafbefehl beantragt. Demnach sollte K. nach Tagesspiegel-Informationen eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro zahlen.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf Volksverhetzung. Der 36-Jährige hat jedoch Einspruch eingelegt, deshalb muss sein Fall nun öffentlich vor dem Amtsgericht Oranienburg verhandelt werden.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin beantragte einen Strafbefehl
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin beantragte einen Strafbefehl

© dpa

Clemens K. war als sogenannter Seiteneinsteiger an die Albert-Schweitzer-Schule Hennigsdorf (Oberhavel) gekommen. Nach Tagesspiegel-Informationen ist der Mann bislang nicht mit politisch motivierten Straftaten oder als Rechtsextremer bei den Sicherheitsbehörden in Erscheinung getreten.

Nach seinem Auftritt mit freiem Oberkörper habe sich Ende Januar 2019 „der Verdacht der rechtsextremen Gesinnung“ bestätigt, teilte das Brandenburger Bildungsministeriums am Montag mit.

Das Amtsgericht Oranienburg hatte Marcel Zech, der für die rechtsextreme NPD unter anderem im Kreistag Barnim sitzt, 2015 wegen Volksverhetzung und Billigung von NS-Verbrechen zu sechs Monaten Haft verurteilt.
Das Amtsgericht Oranienburg hatte Marcel Zech, der für die rechtsextreme NPD unter anderem im Kreistag Barnim sitzt, 2015 wegen Volksverhetzung und Billigung von NS-Verbrechen zu sechs Monaten Haft verurteilt.

© dpa

Das Ministerium habe den für politisch motivierte Straftaten zuständigen Staatsschutz der Polizei um Prüfung eines vorliegenden Fotos mit den Tattoos gebeten. Der Staatsschutz sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tattoos „zweifelsfrei der rechten bis rechtsextremen Szene“ zuzuordnen seien.

Lehrer klagte gegen Kündigung

Das Bildungsministerium habe daraufhin reagiert und alle rechtlichen Schritte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeleitet, teilte eine Sprecherin am Montag mit. Dem unbefristet angestellten Lehrer sei fristlos und hilfsweise ordentlich im Februar gekündigt worden. Der berufsbegleitende Vorbereitungsdienst für den Schuldienst soll mit Wirksamkeit der Kündigung beendet werden. Der Mann war noch nicht verbeamtet worden.

Auf Klage des Lehrers hätten die Gerichte jedoch der Kündigung widersprochen und zugunsten von Clemens K. entschieden. Das Ministerium haben dagegen Berufung eingelegt. „Weder das arbeitsgerichtliche, noch das verwaltungsgerichtliche Verfahren sind bisher rechtskräftig entschieden worden“, erklärte das Ministerium.

Adolf Hitler (Mitte) neben dem Reichsführer der SS, Heinrich Himmler (links). Der Wahlspruch der SS geht auf Hitler selbst zurück.
Adolf Hitler (Mitte) neben dem Reichsführer der SS, Heinrich Himmler (links). Der Wahlspruch der SS geht auf Hitler selbst zurück.

© dpa

Das Schulamt Neuruppin muss den Lehrer – bis zum rechtmäßigen Abschluss des Kündigungsstreits – daher vertragsgemäß weiter beschäftigen. Um jeglichen Kontakt zu Schülern zu unterbinden, sei er ins Schulamt Neuruppin versetzt worden.  

Dort landete K. zunächst im Bereich „Koordination der Migrationsangelegenheiten“. Das soll nach Angaben des Schulamts zunächst mit personellen Engpässen zu tun gehabt haben. In seinem Büro hatte K. für sein Telefon die Durchwahlnummer „88“. Der Zahlencode steht nach dem Alphabet für die Buchstaben HH – also für „Heil Hitler“.

SS-Mitglieder marschieren am 20. April 1939 an Adolf Hitler, der seinen rechten Arm zum Gruß erhoben hat (Bildrand links), vorbei. 
SS-Mitglieder marschieren am 20. April 1939 an Adolf Hitler, der seinen rechten Arm zum Gruß erhoben hat (Bildrand links), vorbei. 

© dpa

Reiner Zufall, erklärte das Schulamt dem Blatt. K. sei das letzte freie Büro zugeteilt worden, die Durchwahl „88“ habe für das Telefon dort schon vorher bestanden. Inzwischen ist die Telefonnummer geändert, wie aus dem Organigramm nachzulesen ist. Quereinsteiger K. ist nun in einem Bereich tätig, der Konzepte für Fachdidaktik und Fortbildung entwickeln soll.

Die Albert-Schweitzer-Schule trägt seit einiger Zeit schon den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Auf der Internetseite der Schule findet sich das Leitbild der Einrichtung. Dort heißt es: „Lehrer an unserer Schule zu sein, bedeutet für uns, konsequent gegen jegliche Form von Intoleranz, Menschenfeindlichkeit, Fremdenhass und Rechtsextremismus vorzugehen.“

Der Fall erinnert an einen Fall, der als "brauner Speck“ international Beachtung fand. Ein NPD-Politiker und Neonazi-Rocker  hatte im November 2015 im Spaßbad Oranienburg öffentlich sein Nazi-Tattoo gezeigt.

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Über der Gürtellinie zeigte sein Rückentattoo die Silhouette des KZ Auschwitz, darunter den Spruch: „Jedem das Seine“, das Motto, das am Haupttor des KZ Buchenwald prangte.

Das Amtsgericht Oranienburg hatte ihn zunächst zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf drei Jahren Bewährung verurteilt. Der Fall landete dann vor der Landgericht Neuruppin, das das Strafmaß verschärfte – auf acht Monaten Haft wegen Volksverhetzung und Billigung von NS-Verbrechen. Das Oberlandesgericht bestätigte das Strafmaß am 20. April 2017.

Nach Angaben des Rechtsanwalts hat sich der Neonazi umtätowieren lassen: Anstelle der Silhouette des Vernichtungslagers sind die Figuren Max und Moritz von Wilhelm Busch auf dem Rücken zu sehen.

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