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Neben ihren zwei Kindern hat die 32-Jährige ein weiteres Baby: Ihren Blog Journelles.

© Thilo Rückeis

Kiezspaziergang mit Bloggerin Jessica Weiß: Sehen und gesehen werden

Sie ist eine der erfolgreichsten deutschen Modebloggerinnen und ständig unterwegs. Rund um die Bötzowstraße fühlt sich Jessica Weiß zu Hause.

Hier ist ein echter Profi unterwegs. Als Jessica Weiß ihren Kinderwagen, natürlich ein angesagtes Bugaboo-Modell, aus der Haustür schiebt, hört man noch ein kurzes Quaken von ihrem Sohn Louis, sechs Monate alt. „Jetzt hilft nur schnelles Schieben“, sagt sie. Schon nach ein paar Schritten die Greifswalder Straße hinunter ist Louis eingeschlafen und wird die nächsten zwei Stunden nicht mehr aufwachen. Jessie, so nennt sie sich beruflich, geht den Spaziergang pragmatisch an. Da ihr Sohn gerade besonders gut an der frischen Luft schläft, ist sie sowieso viel in ihrem Kiez unterwegs.

Privates preiszugeben, davon lebt die 32-Jährige, aber wohldosiert und so, dass es zur Marke Jessie passt. Jessica Weiß ist eine der bekanntesten Bloggerinnen Deutschlands und, wie sie selbst sagt, auch eine der letzten, denn: „Die sind ja jetzt alle Influencer.“ Vor zwölf Jahren gründete sie zusammen mit ihrer Freundin Julia Knolle noch von Köln aus den Modeblog „Les Mads“. Schnell war klar: „Wer was mit Mode machen will, muss nach Berlin.“ Und so konnten ihre Leserinnen und Leser miterleben, wie das Mädchen von nebenan sich aufmachte, die elitäre Welt der Mode zu entdecken.

Wohnung kaufen? "Lage, Lage, Lage!"

Immer noch postet sie regelmäßig Fotos von sich in neuen Outfits, die zum Wetter oder ihrer Laune passen, aufgenommen rund um ihr Büro auf der Greifswalder Straße, Ecke Pasteurstraße. Heute trägt sie zum Beispiel ein kariertes Jackett von Stella McCartney zu einer Closed-Jeans zu flachen Schuhen von Céline. Aber längst sind neue Kategorien dazugekommen, die viel mit ihrem eigenen Leben zu tun haben.

Was alles so in Jessies Leben passiert ist, kann man inzwischen auf ihrem eigenen Blog Journelles miterleben: Berichte von den Fashion Weeks dieser Welt von Paris bis Los Angeles, private Reisen nach Mexiko und Sizilien. Als sie heiratet, lässt sie ihre Fangemeinde an den Vorbereitungen ebenso teilhaben wie an dem Fest. Vor zwei Jahren wurde sie zum ersten Mal schwanger. Los ging’s mit Umstandsmode, der Suche nach einem Kinderwagen und schließlich beim zweiten Kind mit dem Geburtsbericht inklusive Schilderung des Moments, als die Fruchtblase platzte. Jetzt hat sie sich gerade mit ihrem Mann eine Wohnung um die Ecke gekauft und wenn ihr Netzpublikum sie nun nicht mehr nur fragt, wo jene Tasche oder jene Bluse zu bekommen sind, sondern auch, was das wichtigste Kriterium für den Immobilienkauf sei, antwortet sie: „Lage, Lage, Lage!“

"Unser Markt steht nicht in jedem Reiseführer"

Über die Renovierung berichtet sie auf Instagram und beschreibt, wie man es schafft, den Finanzierungsrahmen der Bank nicht zu sprengen. Bodenständig ist ein Wort, das auf diesem Spaziergang oft fällt – Jessica Weiß ist zuallererst einmal Geschäftsfrau, die eben mit den Dingen Geld verdient, die ihr Freude bereiten und mit denen sie sich beschäftigt.

Seit sieben Jahren lebt sie im Bötzowkiez. Ihr gefällt, wie wenig touristisch es hier ist. „Ganz anders als am Kollwitzplatz steht unser Markt nicht in jedem Reiseführer.“ Schon am frühen Morgen war sie mit Louis unterwegs, noch bevor der Bauernmarkt am Arnswalder Platz fertig aufgebaut war. Aber die Straße, auf der sie sich mit ihrer Familie am meisten herumtreibt, ist die Hufeland. „Ich kenne hier jedes Restaurant in- und auswendig“, sagt sie und zeigt auf das „La Tazza“. „Hier gehen wir mittags essen und schräg gegenüber im Café Bronco gibt es richtig guten Kaffee.“

Wo Promis ihre Ruhe haben

Gerade als sie davon erzählt, dass sie hier, anders als in Mitte, fast nie angesprochen wird, läuft Schauspieler Daniel Brühl vorbei. Vor einem Café sitzt Anna-Maria Mühe, die man zuletzt etwa in der Netflix-Serie „Dogs of Berlin“ sah. „Ja, im Kiez wohnen viele Prominente, die hier aber ihre Ruhe haben“, sagt sie. Das interessiert die Bloggerin allerdings gerade weniger. Sie steuert eine Seitenstraße an, will wissen, ob der Baum auf dem Lieblingsspielplatz ihres zweijährigen Sohns Levi endlich blüht. Hier verbringt sie viele Nachmittage mit den Kindern, im Sommer ist sie oft drüben im Volkspark Friedrichshain, bei der Plansche mit den wasserspeienden Elefanten. „Es ist so herrlich hier, wie in einer Kleinstadt.“ Dementsprechend sei aber auch das Angebot an Modeläden: für sie nicht sehr spannend.

Da ist sie lieber im KaDeWe oder im „The Store“ an der Torstraße in Mitte unterwegs, um sich die neuen Kollektionen von internationalen Labels wie Balenciaga oder The Row anzuschauen. Überhaupt findet Weiß, dass das Dasein als Mode-Trüffelschwein sehr viel schwieriger geworden ist: „Das hat sich in den vergangenen Jahren radikal verändert, jetzt kann das auf Instagram jeder sein. Und was soll ich heute aus Paris mitbringen, was es nicht überall anders auch gibt?"

Aber auch so hat sie genug zu berichten. Sie schreibt über ihre neue Küche, interessante Künstlerinnen und zeigt, was sie im letzten Urlaub getragen hat. Im Mittelpunkt stehen sowieso die Kinder: Pünktlich, genau nach zwei Stunden Spaziergang, wacht Louis auf. Mama muss ran.

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