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Dem Abriss geweiht: der Plattenbau in der Habersaathstraße in Mitte.

© Doris Spiekermann-Klaas

Keine Verdrängung durch Ukraine-Flüchtlinge: Obdachlose dürfen vorerst in Berliner Habersaathstraße bleiben

Übergabe am Montag um 10 Uhr? Nach einer Frist durch den Eigentümer teilt der Bürgermeister mit, dass das Obdachlosenprojekt gerettet ist. Aber nur für Monate.

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Die vormals Obdachlosen in der Habersaathstraße 40 in Berlin-Mitte können vorerst in dem Plattenbau bleiben. Das sagte Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) dem Tagesspiegel am Freitag: Das Wohnprojekt für 50 ehemals obdachlose Menschen sei vorerst gerettet.

Die Hausverwaltung hatte sie mit Schreiben vom Dienstag aufgefordert, das Haus zu verlassen und die Schlüssel am Montag um 10 Uhr zu übergeben. Stattdessen wollte sie Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine dort unterbringen. „Die Maßgabe, dass hier am Montag alle wieder rausmüssen, ist vom Tisch“, sagte von Dassel. Der Eigentümer habe erklärt, er wolle den Auszug der Menschen nicht erzwingen.

Zugleich wies der Bezirksbürgermeister darauf hin, dass die einst Obdachlosen nicht für immer dort bleiben können. „Klar ist aber: Es ist befristet“, sagte von Dassel. „Es geht wahrscheinlich eher um Monate als um Jahre, das haben wir, das hat der Eigentümer immer gesagt.“ Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, wenn das Gebäude abgerissen werden kann.

Das Bezirksamt hatte bereits am Donnerstag erklärt, dass das Gebäude nicht für die Unterbringung von ukrainischen Geflüchteten genutzt werden könne. Denn es dürften ausschließlich Personen in Berlin bleiben, „die eine verlässliche Unterkunftsperspektive für mindestens sechs Monate nachweisen können“.

Vorwurf der Profitmacherei scheint ins Leere zu gehen

Die Initiative „Leerstand-Hab-Ich-Saath“ hatte dem Eigentümer vorgeworfen, marginalisierte Gruppen gegeneinander auszuspielen und Profit machen zu wollen. Durch die Unterbringung Geflüchteter seien auch Mieteinnahmen zu erwarten, vom Obdachlosenprojekt hingegen ausschließlich die Betriebskosten.

Doch nach Darstellung des Bezirksbürgermeisters lag die Initiative mit dem Vorwurf offenbar daneben. Von Dassel stellte nun klar, dass ein Chef der gewerblichen Unterkunft selbst aus der Ukraine stamme und alles dafür habe tun wollen, seinen Landsleuten eine Unterkunft zu bieten.

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Die Eigentümerin, die „Arcadia Estates“, will den DDR-Häuserriegel mit den Hausnummern 40 bis 48 abreißen und das Grundstück mit hochwertigem Wohnraum bebauen. Darüber streitet sich die Gesellschaft seit Jahren mit dem Bezirk, der preisgünstigen Wohnraum fordert. Das Gebäude stand zeitweise größtenteils leer.

Nach einer Besetzung Ende vergangenen Jahres einigten sich Bezirk und Eigentümerin darauf, dass einige Obdachlose dort zunächst wohnen können. Die Immobilie befindet sich gegenüber dem Hauptquartier des Bundesnachrichtendienstes in bester Zentrumslage. Das ehemalige Schwesternwohnheim der Charité wurde während des Ausverkaufs landeseigener Immobilien in der Ära von Finanzsenator Thilo Sarrazin verkauft und mehrfach weiterveräußert.

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