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Ein Pflaster klebt auf den Arm eines 7-jähriges Mädchens, nachdem es gegen das Covid19-Virus geimpft wurde. Die U12-Impfungen gehen kommende Woche auch in Berlin langsam los.

© Jan Woitas/dpa

„Keine gute Idee“: Kassenärzte lehnen Impfungen an Berlins Schulen ab

Ab Mittwoch sollte an Schulen geimpft werden. Der Start verzögert sich wegen Mangel an Räumen. Christian Drosten befürwortet den Schritt, es gibt auch Kritik.

Mit dem Impfstart an Schulen wird es in Berlin voraussichtlich später losgehen – nicht schon wie geplant am kommenden Mittwoch. Das sagte die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci am Freitag im Inforadio vom „rbb“. In den Schulen sollen mobile Impfteams eingesetzt werden.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung machen der Verwaltung insbesondere fehlende Räumlichkeiten: Gesucht wird nach Flächen ab 400 Quadratmetern – damit genug Platz für Impfkabinen und Wartebereiche bleibt.

Genügend sanitäre Anlagen müssen verfügbar sein, außerdem werden genügend Medienanschlüsse benötigt. Für viele Bezirke sind das Kriterien, die sie kaum erfüllen können. Kalayci hofft, dass mindestens eine Schule pro Bezirk gefunden werden kann.

In den großen Impfzentren sollen ab Mittwoch auch Kinder zwischen fünf und elf Jahren geimpft werden. Montag oder Dienstag soll der Kinderimpfstoff von Biontech/Pfizer in Berlin ankommen. Auch die Kinderärzte sollen dann starten. Am Wochenende wird dann auch im Zoo oder Naturkundemuseum geimpft.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) meldet, dass im Impfzentrum Tegel am Mittwochnachmittag die ersten Kinderimpfungen geplant sind. Vorgesehen seien zehn zusätzliche Impfkabinen, die möglichst kindgerecht – zum Beispiel farblich – gestaltet werden sollen, sagte der Sprecher des DRK Berlin-Brandenburg, Karsten Hintzmann, am Freitag.

Der Landesverband betreibt das Impfzentrum auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel und ist für die Projektsteuerung aller Impfzentren zuständig. Auch die mobilen Impf-Teams, die an Schulen impfen sollen, werden laut Gesundheitsverwaltung vom DRK gestellt

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„Wir haben mit Kinderimpfungen noch keine Erfahrung, aber wir gehen davon aus, dass wir zwischen 200 und 250 Impfungen pro Tag in Tegel schaffen“, sagte Hintzmann. Im Impfzentrum sind auch Kinderärzte eingesetzt, unter anderem für Beratungsgespräche. Für die Kinderimpfungen sei zusätzliches Personal nötig, sowohl bei den Ärzten als auch bei den Helfern.

„Wir werden außerdem von der Bundeswehr unterstützt“, sagte Hintzmann. Für jedes der drei Impfzentren seien 30 Soldaten vorgesehen. Hintzmann wies darauf hin, dass die Impfkapazitäten in den Berliner Impfzentren in den vergangenen Wochen verdoppelt worden seien. „Insofern ist das Thema Kinderimpfen eine zusätzliche Sonderanstrengung.“

Dringender Appell an Erwachsene, sich impfen zu lassen

Nachdem sich bereits die Bildungsgewerkschaft GEW skeptisch gezeigt hatte, lehnt nun auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) das Impfen an Schulen ab. Eine Sprecherin der Vereinigung teilte mit: „Covid- 19-Impfungen in den Schulen sind keine gute Idee. Kinder und Jugendliche, die eine Impfung benötigen, sollten dort geimpft werden, wo man sie und ihre Vorerkrankungen kennt und eine adäquate ärztliche Versorgung sowie eine entsprechende Impfnachsorge gewährleistet ist: in den Kinder- und Jugendpraxen.“

Bei Impfungen in Schulen müssten auch die Eltern mit dabei sein – dies sei auch epidemiologisch keine gute Idee, teilte die KV mit. Der Vorstandsvorsitzende der KV Berlin, Burkhard Ruppert, sagte dem Tagesspiegel: „Das gesunde Kinder auf eigenen Wunsch geimpft werden können, halte ich als Kinder- und Jugendarzt für keine gute Idee.“

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Bisher sei die Datenlage für eine generelle Impfung nicht ausreichend. „Immer noch ist der beste Schutz der Kinder die vollständige Impfung der Erwachsenen. Deshalb geht unser dringender Appell wiederholt an alle Ungeimpften: Lassen Sie sich impfen!“

Die Politik wäre gut beraten, sagte Ruppert, sich an wissenschaftlicher Expertise beim Impfen von Kindern zu orientieren. „Ich möchte darüber hinaus nicht erleben, was passiert, wenn ein Kind nach seiner Impfung auf dem Schulhof gesundheitliche Probleme bekommt.“

Drosten befürwortet Impfungen für alle Kinder

Über die Stiko-Empfehlung zur Impfungen gefährdeter Kinder zeigte sich der Virologe Christian Drosten sehr froh. Sie lasse Interpretationsspielraum, sagt er in den „ARD-Tagesthemen“: Eltern und Kinder die die Impfung wünschen, könnten das nun machen.

Probleme mit Nebenwirkungen wie bei den 12- bis 17-Jährigen, die die volle Impfdosis erhalten, seien bei den unter Zwölfjährigen bei einer Drittel-Dosis nicht zu erwarten: „Das reicht für eine gute Impfreaktion aus, die Gefahr von Nebenwirkungen ist viel geringer.“

Drosten rät Eltern dazu, die Kinder impfen zu lassen. Zum einen wegen des Schulbetriebs aber auch falls sich die Beobachtung aus Südafrika bewahrheiten sollte, dass die Verläufe mit Omikron bei Kindern schwerer sind.

Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte findet die Stiko-Empfehlung angemessen. „Wir sehen natürlich den Druck für die Eltern, jetzt eine Entscheidung zu treffen“, sagte der Pressesprecher des Verbandes, Jakob Maske. Mit der Öffnungsklausel der Stiko hätten aber immerhin alle Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder impfen zu lassen.

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