zum Hauptinhalt
Laut Studien sparen sich Männer deutlich häufiger das Händewaschen.

© imago

Kein Händewaschen nach der Toilette: Stellt die Widerlinge bloß!

Wahnsinn, wie viele Männer sich nach der Toilette nicht die Hände waschen – und keiner sagt was. Zeit für wirkungsvolle Gegenmaßnahmen.

Lange Zeit schwieg ich. Die erwartbaren Leserkommentare hielten mich ab: „Für so einen Quatsch müssen Bäume sterben!“ und natürlich „Haben wir schon wieder Sommerloch?“. Bewusst ist mir auch, dass die Welt weitaus drängendere Probleme kennt. Und dennoch. Der ältere Mann in meinem Kreuzberger Stammcafé hat mich überzeugt, dass dieser Text nötig ist.

Wir begegneten uns neulich auf der Toilette. Er am Pissoir, gerade fertig, zog ein Papiertuch aus der Hosentasche, wischte sich seinen Penis ab, faltete das Tuch und steckte es zurück in die Tasche. Er ging zum Waschbecken, drehte aber nicht etwa den Wasserhahn auf, sondern schaute nur kurz in den Spiegel und verließ anschließend den Raum. Draußen saß er dann hübsch am Tisch mit seinen Freunden, trank Cappuccino und wirkte arg kultiviert.

Das Schwein.

Sich nach der Toilette die Hände zu waschen, ist keine Leistung, sondern zivilisatorischer Mindeststandard. Kleinkinder kriegen das hin. Selbst wer im Leben sonst nichts zustande bekommt, sollte es beherrschen.

Eklig sind immer die anderen

Studien besagen, dass es sich hier vor allem um ein Männerproblem handelt. Jeder Vierte fasst nach dem Besuch öffentlicher Toiletten den Wasserhahn nicht an – dafür anschließend aber Türklinken, Aufzugknöpfe, Tischplatten ... und schüttelt fremde Hände. Die Motivlage ist simpel: Die meisten empfinden Ekel nur gegenüber Dritten, nie wegen des eigenen Körpers. Außerdem halten Männer ihre Geschlechtsteile für das Ästhetischste, Persönlichste und Wertvollste überhaupt. Die Ahnung, dass andere diese Bewertung nicht teilen, geht ihnen völlig ab.

Ein Bekannter erzählte mir neulich von einem Kollegen, der sich vor jedem Toilettenbesuch die Hände wäscht, damit sein Penis schön sauber bleibe.

Vielleicht hilft soziale Kontrolle. Man könnte Waschbecken prinzipiell außerhalb der Toilettenräume montieren, am besten direkt neben der Eingangstür. Wer dann rauskommt und sich nicht die Hände wäscht, tut dies wenigstens öffentlich und offenbart seine Dissozialität.

Man könnte es auch mit Belohnungen versuchen. Wer sich die Hände wäscht und dabei eine Lichtschranke betätigt, bekommt von einem Automaten anschließend ein Leckerli ausgehändigt. Wie bei der Hundeerziehung.

Ein vielversprechender Feldversuch

Vielleicht helfen auch brutalere pädagogische Maßnahmen. In der vergangenen Woche habe ich eine neue entwickelt und gleich getestet. In einem gut besuchten Restaurant im Bergmannkiez wartete ich in Waschbeckennähe, bis einer der Toilettenbesucher sich das Händewaschen sparte (was keine fünf Minuten dauerte).

Ich folgte ihm in den Gastraum, ließ ihn an seinem Tisch neben der weiblichen Begleitung Platz nehmen, beugte mich zu ihm herunter und sagte freundlich und so laut, dass es auch der Nachbartisch mitkriegen musste: „Aber das nächste Mal waschen Sie sich die Hände, ja?“ Der Mann stammelte etwas von „Hab ich doch“, es klang null überzeugend.

Der erste Feldversuch war, so scheint es, erfolgreich. Allerdings dürften – These! – die Demütigung und somit der erzieherische Effekt an anderen Orten noch drastischer ausfallen, etwa im Foyer der Deutschen Oper, im Borchardt oder auf den Gängen von Bundesministerien. Wer mag es ausprobieren?

Zur Startseite