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Internationale Spielstätte. Im vergangenen Jahr fanden im Jahn-Sportpark die Wettkämpfe des World Para Athletics Grand Prix statt.

© Thilo Rückeis

„Kein Antisemit“: Senat will Jahn-Sportpark in Berlin nicht umbenennen

Pankow wollte den Sportpark nicht weiter nach dem umstrittenen Turnvater Friedrich Ludwig Jahn benennen. Doch der Senat lehnt das jetzt ab.

Von Christian Hönicke

Der Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg soll nicht umbenannt werden. Das erklärte die zuständige Senatsverwaltung für Inneres und Sport in einem Schreiben an das Bezirksamt Pankow. Die Senatsverwaltung beabsichtigt demnach nicht, die Sportanlage umzubenennen.

Die Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hatte per Beschluss im Juni gefordert, die Umbenennung zu prüfen. „Die Benennung von Sportstätten nach dem ,Turnvater' und bekennenden Antisemiten Friedrich Ludwig Jahn wird inzwischen allgemein kritisch beurteilt“, hieß es im Beschluss. „Deshalb sollte der Senat diese Benennung überprüfen.“ (Der Text stammt aus dem Pankow-Newsletter des Tagesspiegel – den können Sie kostenlos und komplett lesen unter leute.tagesspiegel.de.)

Die Debatte um Jahn als Namensgeber schwelt seit Jahren. Die Initiative „Sport ohne Turnväter“ drängte schon 2011 auf eine Umbenennung. Jahn habe sich etwa im Buch „Deutsches Volksthum“ chauvinistisch und antisemitisch geäußert, hieß es zur Begründung: „Jahn darf mit seinem Gedankengut nicht die größte Sportanlage Nordberlins repräsentieren, zumal diese mit der Ausrichtung von Veranstaltungen wie den ,Respect Gaymes' der schwul-lesbischen Gemeinde ganz besonders für Offenheit und Toleranz steht.“

Das Gelände soll Stützpunkt des Behindertensports werden

Jahns Kritiker sehen in Anbetracht der Entwicklung zum „Inklusionssportpark“ eine günstige Gelegenheit zur Neubenennung. Für 170 Millionen Euro soll das Gelände zum Stützpunkt des Behindertensports umgestaltet werden. Auch Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) ging auf Abstand zum Turnvater: „Jahn ist sicher aus heutiger Sicht ein eher schwieriger Zeitgenosse mit seinem mindestens völkischen Gesellschaftsverständnis.“ Eine Debatte um die Namensgebung sei „sinnvoll“.

Historiker und Jahn-Experten in ganz Deutschland jedoch verteidigten Jahn. Die Vorwürfe, Jahn sei ein „bekennender Antisemit“ gewesen, seien „aus wissenschaftlicher Sicht völlig unbegründet“, sagte Gerd Steins, der Präsident des „Forum für Sportgeschichte – Fördererverein für das Sportmuseum Berlin“. Entsprechende Zitate seien inzwischen als Fälschungen belegt. Allerdings sei Jahn nicht sakrosankt, er sei etwa stark frankophob gewesen. Deshalb sperrte sich Steins auch nicht gegen den Gedanken, eine Tafel zur kritischen Einordnung Jahns am Sportpark anzubringen.

Das will die Senatsverwaltung nun offenbar tun. Der zuständige Staatssekretär Aleksander Dzembritzki habe auf Nachfrage durch das Bezirksamt seine Bereitschaft erklärt, bei der Umgestaltung des Sportparks „in geeigneter Weise und an passender Stelle eine Bewertung der verschiedenen Facetten der Person Friedrich Ludwig Jahn zu berücksichtigen“. Die Senatsverwaltung verwies dabei noch einmal darauf, dass nicht das „Große Stadion“, sondern das ganze Areal nach Jahn benannt ist.

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