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Heijo! Die Verpflichtungen des Berliner Prinzenpaares sind überschaubar. Erneut wurde der Karnevalsumzug abgesagt.

©  Hoffotograf Klaus Lebede/promo

Karnevalsprinz Klaus I. von Berlin: Im Rheinland ist er ein Star, in Berlin ist er ein Niemand

„Ich dachte, nach Wowereit würde es besser werden“: Klaus Heimann ist der Karnevalsprinz von Berlin. Nur hier in der Hauptstadt interessiert sich niemand dafür.

Im Rheinland ist Klaus Heimann ein geachteter Mann. Gleich drei Lokalzeitungen berichten auf Doppelseiten über ihn, wenn er, wie vor einem Monat, mit seiner Partnerin in das Städtchen Andernach in der Nähe von Koblenz einzieht.

Er wird mit Berlin-Flaggen empfangen, die Leute laden ihn zu Festen ein. Als Karnevalsprinz, genauer: als Klaus I. von Berlin, ist er etwas Besonderes.

Nichts an ihm ist dezent

Zu Hause in der Hauptstadt ist alles anders. An einem Dienstag im Februar tritt Klaus I. bei einer Faschingsveranstaltung in einem Neuköllner Krankenhaus auf. Auf seinem Kopf sitzt eine längliche Haube, von der ein Schweif langer roter Federn absteht. Er trägt einen purpurnen Mantel, der sich über seinen Bauch spannt.

Die Beine stecken in kurzen Hosen und weißen Strumpfhosen. Bei jedem Schritt, den der 50-Jährige auf dem Krankenhausfußboden macht, klappern die Absätze der knallroten, mit einer weißen Schleife besetzten Schuhe. Nichts an ihm ist dezent.

Er träumte davon, den Berlinern den Karneval näher zu bringen

Als Heimann Ende der 90er Jahre aus dem Rheinland als Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung nach Berlin kam, war er noch zuversichtlich, den Karneval, der hier Fasching heißt, in der Hauptstadt groß zu machen.

Er engagierte sich in einem Verein und organisierte die Umzüge mit. Er träumte davon, den Leuten den Karneval näher zu bringen. Sturm auf das Rote Rathaus!

Einmal vom Regierenden Bürgermeister empfangen werden – das war sein Traum. Doch schnell merkte er: Berlin hat nicht viel übrig dafür. Dieses Jahr versucht Heimann, der Präsident des Berliner Karnevalverbands ist, es trotz allem noch einmal.

Prinz und Prinzessin von Berlin

Zum ersten Mal sind er und seine Lebensgefährtin Prinz und Prinzessin von Berlin, seit dem 11.11. bis zum Aschermittwoch. Heimann macht das ehrenamtlich, neben seiner Arbeit.

Dafür hat er in Berlin auch Zeit. Traditionell kommt dem Prinzenpaar die Aufgabe zu, die Stadt während der Karnevalszeit zu repräsentieren. An vielen Orten im Rheinland wird dem Prinzen symbolisch der Rathausschlüssel überreicht. Doch in Berlin halten sich die repräsentativen Aufgaben in Grenzen.

Fasching wie man ihn sich in Berlin vorstellt: Jürgen Wiesmann als "Ernst Lustig" bei der Generalprobe zur ZDF-Sendung "Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht".
Fasching wie man ihn sich in Berlin vorstellt: Jürgen Wiesmann als "Ernst Lustig" bei der Generalprobe zur ZDF-Sendung "Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht".

© Andreas Arnold/dp

Zusammen mit Prinzessin Jessica I. und seinem dreiköpfigen Gefolge aus zwei Hofdamen und einem Hoffotografen, betritt Klaus I. einen Krankenhausraum, in dem um die 20 Personen sitzen.

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Sein Hofstaat muss Abstand halten, sonst stechen die Federn ihnen ins Gesicht, wenn er seinen Kopf bewegt. Ein paar Girlanden sind durch den Raum gespannt, Luftschlangen kräuseln sich am Boden. Klaus I. schreitet in die Mitte des Raumes und fängt an zu sprechen, es klingt sehr formell. „Im Namen des Festkomitees und des Prinzenpaares Berlin bedanke ich mich sehr für die Einladung. Hiermit möchten wir einen Orden verleihen.“

Jessica I. und er hängen nacheinander einem Mann mit einer schwarz umrandeten Brille zwei Orden um. Das Publikum klatscht verhalten.

Zum Abschluss der Zeremonie rufen er und die Prinzessin „Berlin Heijo!“ Dann geht das Prinzenpaar ab und das restliche Programm weiter. In der Küche des Krankenhauses lässt sich Klaus I. in einen Stuhl fallen. „Ich hänge an der Tradition, deswegen trage ich auch kurze Hosen und bunte Federn. Im Rheinland macht man das so“, erklärt er einem älteren Herrn, der skeptisch seinen Aufzug mustert.

Tradition und Disziplin

Heimann mag Tradition. Und Disziplin. Der Traditionsgedanke des Karnevals sei aber schwer zu vermitteln in Berlin. Und jungen Menschen sowieso. Es fehle an Nachwuchs, sagt Heimann, das stimme ihn traurig.

Mittwochabend, im Erdinger am Gendarmenmarkt. Das Restaurant wird von einem Rheinländer betrieben, der ein Freund des Prinzenpaars ist.

Klaus Heimann und Jessica Schwan sind in zivil unterwegs, sie tragen Jeans und Pullover und nehmen auf einer Eckbank Platz. „Ich dachte, nach Wowereit würde es besser werden“, sagt Heimann und bestellt ein alkoholfreies Bier.

Mit Müller sei es nur schlimmer geworden

Auch Wowereit habe sich nicht für den Karneval interessiert und ihn nie im Rathaus empfangen. Doch Heimann hat sich getäuscht, mit dem neuen Bürgermeister sei es schlimmer geworden, sagt er.

In Michael Müllers Amtszeit, seit 2014, fand der Faschingszug auf dem Kurfürstendamm nur zweimal statt. Auch dieses Jahr fällt der Karneval dort aus. Tatsächlich machen die Berliner Behörden strenge Auflagen: Kein Konfetti und die Karnevalslieder dürfen nur bei 75 Dezibel gespielt werden, was dem Lärmpegel eines Großraumbüros entspricht. Zum Schunkeln ist das zu leise.

Ein Ständchen für die Karnevalisten: Beim Faschingsumzug auf dem Kurfürstendamm im Jahr 2016 trat auch der Sänger Frank Zander auf.
Ein Ständchen für die Karnevalisten: Beim Faschingsumzug auf dem Kurfürstendamm im Jahr 2016 trat auch der Sänger Frank Zander auf.

© Britta Pedersen/dpa

Klaus Heimann ist durch und durch Karnevalist. Etwas an den Traditionen verändern will er nicht. Karneval ist für ihn zuerst Brauchtum. Erst danach kommt der Spaß.

Den Partykarneval lehnt er ab. Saufen bis der Arzt kommt sei nicht das Ziel des Karnevals. Stattdessen sei es wichtig, Zähne zu zeigen und die Obrigkeit auf die Schippe zu nehmen. „Aber ob in Paris ne Bockwurst platzt oder wir hier in Berlin jemanden an den Pranger stellen, das interessiert halt leider niemanden.“

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Es läuft generell nicht besonders gut für den Prinzen: Auf die Party zur Weiberfastnacht der Nordrhein-Westfälischen Landesvertretung wird er nicht gehen, er sei gar nicht erst eingeladen worden, sagt Heimann.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat ihre Karnevalsparty ganz abgesagt. Und der Regierende Bürgermeister von Berlin empfängt das Prinzenpaar ja sowieso nicht.

Aber auch auf der großen Karnevalsparty in der Kulturbrauerei, die dort jedes Jahr vom in Berlin ansässigen rheinländischen Lokal Ständige Vertretung organisiert wird und zahlreiche Karnevalfans und Rheinländer in der Diaspora anlockt, wird man Klaus I. am Donnerstag Abend eher nicht antreffen. „Zu voll“, sagt er.

Am Rosenmontag erträgt es Klaus I. nicht, in Berlin zu sein. Er fährt ins Rheinland. Dort ist er jemand.

Anna Bayer

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