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Das Prinzenpaar der Stadt Berlin, Wolfgang IV. und Prinzessin Simone I.

© Sophia Kembowski/dpa

Karneval in Berlin: Frohsinn für Nordkorea

Dem Berliner Karneval fehlt das Geld. Prinzessin und Prinz residieren deshalb im City Hostel auf dem Gelände der nordkoreanischen Botschaft.

Es ist der Rückzugsort, ohne den das närrische Treiben nicht funktionieren würde: die Hofburg. Hier residieren während der Hochphase des Karnevals Prinz, Bauer und Jungfrau mit ihrem Gefolge. Der Hofstaat wohnt auf sieben Zimmern in einem schicken Fünfsternehotel, damit er über 400 Termine in fünf Wochen bewältigen kann. So ist das zumindest in Köln.

In der Hauptstadt ist alles etwas kleiner. „Hofburg des Prinzenpaares der Stadt Berlin“ stand da vor ein paar Tagen über dem Eingang des City Hostels in der Glinkastraße in Mitte. City Hostel – da war doch was? Auf die Idee sind sie drüben im jecken Kölle bisher noch nicht gekommen: Residieren beim Diktator.

Zu Hofe beim Diktator

Denn das Hostel liegt nicht nur „mitten in der City Berlin“ (Eigenwerbung), sondern vor allem mitten auf dem Botschaftsgelände von Nordkorea. Seit 2004 hat das Hostel wertvolle Devisen für das totalitäre Regime erwirtschaftet. Ein Verstoß gegen UN-Sanktionen, wie NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ im Mai vergangenen Jahres enthüllten. Kurz darauf kam heraus, dass Nordkorea die Mieteinnahmen aus dem Hostelgeschäft nicht mal versteuert hat.

Prinz Wolfgang IV. fühlt sich in der Glinkastraße dennoch wohl. „Das City Hostel sponsert den Berliner Karneval schon seit Langem, und der Besitzer ist ein guter Freund von mir“, sagt der Berliner Karnevalsprinz, der im bürgerlichen Leben Wolfgang Gellert heißt. Das Auswärtige Amt sähe das City Hostel dagegen lieber heute als morgen geschlossen. Das verhindert aber bisher Gellerts Freund, der Betreiber des Hostels, der sich juristisch gegen die Kündigung durch die nordkoreanische Botschaft wehrt.

Gellert stört das nicht. „Das Hostel steht auf deutschem Boden und wird nach deutschem Recht betrieben“, sagt der 53-jährige Unternehmer, der für die CDU in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung sitzt. Außerdem kämen die Einnahmen aus dem Übernachtungsgeschäft wegen der UN-Sanktionen nicht mehr Nordkorea zugute, die Miete fließe stattdessen seit dem vergangenen Sommer auf ein Sperrkonto.

"Durch Frohsinn Grenzen überwinden"

Prinz Wolfgang IV. und Prinzessin Simone I., die in Wirklichkeit Simone Hafemann heißt, wohnen – anders als das Kölner Dreigestirn – während der Karnevalszeit nicht in ihrer Hofburg. Das Festkomitee des Berliner Karnevals, sagt Gellert, nutze das City Hostel nur zwei- bis dreimal in der Woche als Treffpunkt vor Veranstaltungen des Prinzenpaares. Im Speisesaal des Hostels habe außerdem noch der Neujahrsempfang des Festkomitees stattgefunden.

Na denn, prost!
Na denn, prost!

© Doris Spiekermann-Klaas

Dass das City Hostel seit dieser Saison die offizielle Hofburg des Berliner Prinzenpaares ist, will Gellert auch als Signal verstanden wissen. „Wir wollen durch Frohsinn Grenzen überwinden. Und wo in der Welt haben wir derzeit die meistbewaffnete Grenze? Auf der koreanischen Halbinsel.“ Gellert findet es deshalb ein schönes Signal, dass just in dem Moment, als das Berliner Festkomitee in das City Hostel gezogen ist, Nord- und Südkorea mit Friedensgesprächen begonnen haben.

Ein bisschen, gibt Gellert zu, wolle das Festkomitee mit der Wahl seiner Hofburg aber auch provozieren. „Solange das Land Berlin das Kulturgut Karneval kaum unterstützt, müssen wir auf die wenigen Sponsoren zurückgreifen, die wir bekommen können.“ Der Umzug fällt dieses Jahr mangels Geldgebern aus.

Die Provokation City Hostel, glaubt Gellert, beginne langsam zu funktionieren. „Nachdem wir da diesen Schriftzug angebracht hatten, bekam ich so viele Anfragen zum Berliner Karneval wie noch nie.“ Allerdings ist das Transparent mittlerweile verschwunden. Auf Geheiß der Behörden mussten es die Narren entfernen – aus Brandschutzgründen.

Caspar Schwietering

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