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Karibik? Kälberwerder! Auch Berlin ist nah am Wasser gebaut.

© Getty Images, Imago

Karibik? Kälberwerder!: Das sind die zehn schönsten Inseln Berlins

Berlin hat mehr als 50 Inseln. Das Team vom Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“ hat alle besucht. Die spannendsten stellen wir hier vor.

Wer braucht die Karibik, wenn er den Wannsee hat? In Berlins Gewässern liegen mehr als 50 Inseln. Das Checkpoint-Team hat sie alle besucht, die zehn spannendsten Inseln stellen die Kollegen Ihnen hier vor:

1. Scharfenberg

Achtung, Fähre! Wer an der Nordwestspitze der Insel Scharfenberg vorbeischippert, muss immer die Autofähre im Blick behalten, die die Schüler vom wenige Meter entfernten Festland in die Schule bringt. Schule? Seit 1921 werden auf der größten Insel im Tegeler See Schüler unterrichtet, heute ist die „Schulfarm Insel Scharfenberg“ staatliches Gymnasium und Internat. Wassersport bildet hier einen festen Bestandteil des Unterrichts, das Motto: „Gute Segler sind meist auch gute Schüler“.

Stolz sind die Scharfenberger auf die Widerstandskämpfer der Roten Kapelle, die den Nationalsozialisten die Stirn boten und dafür mit dem Leben bezahlten. In den Nullerjahren gab es noch einmal hellen Aufruhr, weil sich herausgestellt hatte, dass ein verurteilter Mörder als Freigänger in der Schule Laub gefegt hatte.

Insel Scharfenberg im Tegeler See.
Insel Scharfenberg im Tegeler See.

© imago images/Joko

Alles alte Geschichten. Während heute im Norden der Insel die Kinder toben, ziehen sich im wild bewucherten Süden des Eilands Waschbär und Wildschwein zurück. Letztere können Freizeitkapitäne mit etwas Glück beim Inselhopping beobachten, hin und wieder schwimmt eine ganze Rotte von der Insel aus Richtung Tegeler Forst.

Dort finden gestresste Großstädter am kleinen Sandstrand direkt neben dem Fähranleger bestes Kurzurlaubsflair. Nur selten verirren sich Touristen an den abgelegenen Ort. Besucher erreichen ihn am gemütlichsten mit einer kleinen Wanderung von Alt-Tegel aus. Selbst an heißen Sommertagen gibt’s hier noch ein schattiges Plätzchen. Fällt die Wagenfähre (wie so oft) aus, kann man den Schülern vom Strand aus beim Rudern auf die Insel zuschauen. Wer braucht da schon das Prinzenbad? Julius Betschka

Größe: 20 Hektar
Erreichbarkeit: Fähre
Schutz-Faktor: 2 von 3 Punkten
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 4 von 5 Punkten

Blick von Max Liebermanns Villa auf den Wannsee.
Blick von Max Liebermanns Villa auf den Wannsee.

© Kitty Kleist-Heinrich

2. Insel Wannsee

„Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein; und dann nischt wie raus nach Wannsee!“ Conny Froboess, 1951. Klassiker, kennt jeder. Was viele nicht wissen: Wannsee ist auch eine Insel – die deutlich größer ist als das namensgebende Gewässer.

Zur Insel wird Wannsee durch eine Anhäufung von Seen drum herum: Griebnitzsee, Stölpchensee, Pohlesee, Havel und eben kleiner und großer Wannsee. Doch das Eiland besticht nicht nur durch seine Natur (hier gibt es Berlins einzige Mufflon-Herde!), sondern vor allem durch seine Villen in der Colonie Alsen. Die entstand Mitte des 19. Jahrhunderts und wurde schnell zum place to be für das Berliner Bürgertum.

[50 Inseln und noch viel mehr: Jeden Morgen ab 6 Uhr berichten Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint über die aktuellsten Entwicklungen in Berlin. Jetzt kostenlos anmelden: checkpoint.tagesspiegel.de.]

Unter anderem ließen sich hier, zwischen Berlin und Potsdam, nieder: der Maler Max Liebermann, der Chemiker Franz Oppenheim oder die Verlegerfamilie Langenscheidt.

Bis heute liegt ein historischer Schatten über der Insel: Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden jüdische Bürger enteignet und deportiert, ihr Eigentum „arisiert“ oder weit unter Wert erworben. Im Januar 1942 kamen in der Villa Marlier Vertreter der nationalsozialistischen Reichsregierung und SS-Behörden zusammen, um den systematischen Holocaust zu organisieren und zu koordinieren.

Heute erinnert daran die Gedenkstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“. Wer die Insel Wannsee besucht, sollte nicht nur die Badehose einpacken, sondern auch etwas Zeit für eine schmerzhafte Geschichtsstunde mitbringen. Felix Hackenbruch

Größe: unbekannt
Erreichbarkeit: Straße
Schutz-Faktor: 2 von 3 Punkten
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 2 von 5 Punkten

Die Pfaueninsel im Südwesten Berlins.
Die Pfaueninsel im Südwesten Berlins.

© imago/Joko

3. Pfaueninsel

Wäre die Pfaueninsel ein Mensch, wäre sie der alte Opa, der Unmengen erlebt und viel zu viele Geschichten zu erzählen hat.

Kurz und knapp zusammengefasst klingen die so: Im 17. Jahrhundert wurden auf der Insel (damals noch „Kaninchenwerder“) Kaninchen gezüchtet. Außerdem versuchte ein Alchemist, Gold herzustellen (Spoiler: Er scheiterte und zerstörte seine Experimentierhütte bei einem Brand). Friedrich Wilhelm II. entdeckte die Insel als Liebesnest und ließ für sich und seine Herzensdame Wilhelmine ein Schloss, eine Meierei und einen englischen Landschaftsgarten errichten.

Friedrich Wilhelm III. mochte es wilder und ließ einen Palmengarten samt Menagerie bauen. Mehrere Hundert Tiere, unter anderem Lamas, Löwen und Kängurus, zogen auf das vermeintliche Südseeparadies mitten im Wannsee – und von dort irgendwann wieder in den heutigen Berliner Zoo. Allein die Pfauen sind geblieben.

[Urlaub ganz nah: Die Tagesspiegel-Sommerserie.]

Zu ihnen haben sich die hier heimischen Tiere gesellt: Mäuse, Vögel, Füchse, Wildschweine, Schwarzmilane, Seeadler, Kormorane, Biber und fünf Spechtarten (viele Klein- und Buntspechte, seltener sind die Mittel-, Grün- und Schwarzspechte). „Ein ornithologisches Paradies“, kommentiert Senats-Wildtierexperte Derk Ehlert. Dazu 400 alte Eichen und der älteste Rosengarten Berlins.

Offiziell trägt die Insel den Titel „Unesco-Welterbe“. Den inoffiziellen Preis als Berlins romantischste Kitschinsel verleihen wir an dieser Stelle. Verliebte und alle, die es werden wollen, erreichen die Insel in nur wenigen Fährminuten – und können sich nach Lust und Laune stundenlang in dem Zauber der alten Geschichten und Gemäuer verlieren. Das hier war ja nur die Kurzfassung. Ann-Kathrin Hipp

Größe: 67 Hektar
Erreichbarkeit: Fähre
Schutz-Faktor: 3 von 3 Punkten
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 3 von 5 Punkten

Insel Kälberwerder in der Havel, Berlin-Zehlendorf.
Insel Kälberwerder in der Havel, Berlin-Zehlendorf.

© imago/Schöning

4. Kälberwerder

Beinahe wäre die Insel Kälberwerder untergegangen. Durch den zunehmenden Schiffsverkehr auf der Havel wurde in den 70er Jahren erst der Schilfgürtel zerstört, dann erodierte immer mehr von dem 5000 Quadratmeter kleinen Eiland auf der Havel.

Doch die Umweltverwaltung rettete Kälberwerder, indem sie die Uferböschung mit Steinen befestigen ließ. Schwein gehabt! Nicht nur für den Ruderklub Wannsee, dem die Insel 1920 zum Freundschaftspreis von einem betagten Mitglied vermacht wurde, sondern auch für die Wildsauen Zehlendorfs.

Die schwimmen seit Jahren im Frühjahr in feinster Meerschweinchen-Manier auf die sichere Insel, um ihre Frischlinge zu werfen. Und um die Insel ein bisschen umzugraben – Sauerei. Mit ihrem Nachwuchs verbringen sie rund eine Woche Insel-Urlaub, dann geht es zurück ans Festland.

Andere Besucher kommen trockenen Fußes nur mit einem Boot und einer ausdrücklichen Erlaubnis des Ruderklubs auf die Insel. Auf der ging es übrigens schon früher tierisch zu: Die Bewohner Kladows brachten vom 18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts ihr Vieh zum Weiden – daher der Name Kälberwerder. Heute brüten Graugänse hier zwischen den mehr als 150 Bäumen aller Arten, die der Ruderklub pflanzte. Darunter auch eine Eiche, die Klub-Mitglied Dieter Arend für seinen Olympiasieg 1936 erhielt. Kleine Insel, große Geschichte. Felix Hackenbruch

Größe: 0,5 Hektar
Erreichbarkeit: Privatboot
Schutz-Faktor: keiner
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 4 von 5 Punkten

Die Insel Kleiner Wall im Spandauer See.
Die Insel Kleiner Wall im Spandauer See.

© Kitty Kleist-Heinrich

5. Kleiner Wall

Von Weitem sieht es so aus, als gebe es auf dem Kleinen Wall mehr Wochenenddomizile als Quadratmeter: Das gesamte Nordostufer der winzigen Insel ist vollgepackt mit Lauben und bunten Häuschen. Ein fest verankertes Schild im Wasser wirbt für „Frühstück“, doch der untere Teil („ab 10 Uhr geöffnet“) ist fett überklebt mit dem mit Hinweis: „Privatgrundstück – Betreten verboten“. Das Restaurant „Zur Liebesinsel“ empfängt schon lange keine Gäste mehr.

Erreichen konnten es Frühstückfreunde bis 2008 mit einer eigenen Fähre, die man vom Havelufer aus rufen musste. Nun bleibt man hier offenbar lieber unter sich, die Insel befindet sich in Privatbesitz. Mitten im Spandauer See südlich der Wasserstadt gelegen, ist hier einiges an Verkehr – oben wie unten. Von den winzigen Terrassen an den bunten Datschen werden motorisierte Besucher argwöhnisch beäugt. Und selbst eine kleine Schwanenfamilie wirkt hier nicht gerade gastfreundlich.

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Auf die etwas weiter nördlich gelegene Schwesterinsel Großer Wall wurden zu Mauerzeiten Kreuzberger Jugendliche zum Zeltlager geschickt, weshalb die größere der beiden Inseln noch bis 2018 eher widerwillig vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verwaltet wurde. Naturkundlich ist dort sehr viel mehr los als auf dem Kleinen Wall, sagt Wildtierexperte Derk Ehlert.

Das letzte Zeltlager fand in den 90ern statt, nun ist der Große Wall ein Landschaftsschutzgebiet und darf nicht betreten werden. Gilt auch für den Kleinen Wall, wenn man so will, nur wegen anderer Spezies.

Immerhin nisten auf den Dalben rund um die 0,2 Hektar große Insel Kormorane und allerlei Arten von Möwen. Ein Sturmmöwenpaar brütet hier laut Ehlert jedes Jahr aufs Neue. Den Spitznamen „Liebesinsel“ (nicht zu verwechseln mit der Liebesinsel in der Rummelsburger Bucht) haben dem Kleinen Wall allerdings nicht die paarungsfreudigen Tiere eingebracht, sondern ebensolche Soldaten, die sich um 1900 hierher zurückzogen. Ob es damals Frühstück gab? Anke Myrrhe/Nadine Voß

Größe: 0,2 Hektar
Erreichbarkeit: Privatboot
Schutz-Faktor: keiner
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 2 von 5 Punkten

Valentinswerder im Tegeler See.
Valentinswerder im Tegeler See.

© Kai-Uwe Heinrich

6. Valentinswerder

„Hamptons, wa!“ So titelte die „Süddeutsche Zeitung“ einmal über Valentinswerder. Romantische Buchten, dichtes Schilf, verträumte Sommerresidenzen. 26 Menschen leben heute auf der Insel, zwölf Häuser stehen auf 13 Hektar Land ganz im Süden des Tegeler Sees, außerdem gibt’s noch einige kleine Ferienhütten, einen Platz für Dauercamper und einen Anglerclub.

Nach allem, was man weiß, werkeln hier aber eher Künstler und Kreative an ihren Traumhütten als gestresste New Yorker Manager an ihren Aktienfonds. Wer mit dem Boot an der Insel vorbeizieht, kann die bunt gestalteten Häuschen, einen rostigen Camper oder eine müde dahinbaumelnde Hängematte zwischen den dicht wachsenden Bäumen entdecken. Im Frühsommer hört man mit etwas Glück an der Nordostspitze der Insel die Rohrdommel.

Sie nistet im Schilf, ihr Singen klingt wie das Pusten in eine leere Bierflasche. Am anderen Pol der Insel wurden in den 90ern die ersten Berliner Biberburgen entdeckt. Glaubt man einer Bewohnerin, streift auf Valentinswerder auch ein alter Waschbär herum.

Trotz ihrer wilden Schönheit hat die Insel nicht immer allen Glück gebracht: Vom Namenspatron, dem Bauernsohn Valentin Lemke, erzählt man sich, er habe eines Abends Ende des 18. Jahrhunderts seinen selbst gebrannten Schnaps so sehr genossen, dass er ins Wasser gefallen und ertrunken sei. Seinen Sohn habe das gleiche Schicksal ereilt.

Hat der Biergesang der Rohrdommel sie in die Irre geführt? Wer die Insel heute besuchen will, kann das bis Sonnenuntergang mit einer kleinen Privatfähre tun. Bootstouristen sollten die Südseite der Insel ansteuern, sie ist windgeschützt und bietet beste Bedingungen für einen kräftigen Sprung ins klare Wasser des Tegeler Sees. Julius Betschka

Größe: 13 Hektar
Erreichbarkeit: Fähre
Schutz-Faktor: 2 von 3 Punkten
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 4 von 5 Punkten

Die Insel der Jugend in der Spree, Treptow-Köpenick.
Die Insel der Jugend in der Spree, Treptow-Köpenick.

© Kitty Kleist-Heinrich

7. Insel der Jugend

Traurigster Fakt zuerst: Die Insel der Jugend ist eigentlich gar keine Insel, sondern nur eine Sandbank, die für die Vorbereitung der Berliner Gewerbeausstellung 1896 aufgeschüttet und ausgebaut wurde.

Aber was interessieren die ollen Kamellen von gestern: ist sie eben eine geworden und noch dazu eine außerordentlich beliebte! Nach Jahren mit Abtei-Gasthaus (das 1914 abbrannte), Mädchenwohnheim und Jugendklubhaus (zu DDR-Zeiten) dient die rund zwei Fußballfelder große Insel Großstädtern heute als Rundum-sorglos-Paket: fußläufig durch den Treptower Park zu erreichen, weitläufig genug, um auch ein bisschen Flora und Fauna zu bestaunen, gastronomisch bestens versorgt.

In dem von einem Verein geführten biergartenmäßigen „Kulturhaus Insel Berlin“ (rechts von der Brücke) kann man essen und trinken und sich berieseln lassen: von Freiluftkinofilmen, Poetry Slams, Konzerten, Familienfesten und Theateraufführungen. Es gilt: Was Freude bereitet, darf auf die Bühne. Und für noch größere Freude kann man gleich die ganze Location mieten.

Auf der anderen Inselseite liegt ein kleiner – meist mit Menschen besetzter – Steg, der durchaus Ambitionen hat, in den Top 10 der Berliner Sonnenuntergangsplätze gelistet zu werden. Viele Junge – man muss dem Namen der Insel ja alle Ehre machen – und manche Alte trinken hier ihr Feierabendbier, während unter ihnen die Rauchschwalben brüten und die Stadt langsam rosarot wird.

Wer alternativ morgens vorbeischaut, hat mehr Ruhe und kann dem Ruf des Gelbspötters lauschen, der zur Balz zig Vogelarten imitiert (der beste Sänger hat die besten Chancen). Zum Sonnenaufgang sind die Piepmatze am aktivsten. Ann-Kathrin Hipp/Nadine Voß

Größe: 1,8 Hektar
Erreichbarkeit: Brücke
Schutz-Faktor: keiner
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 1 Punkt von 5

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8. Baumgarteninsel

Die Baumgarteninsel befindet sich unmittelbar neben der Köpenicker Altstadt und ist nach zwei Seiten über eine Brücke mit dem Festland verbunden. Zentraler geht’s also kaum, aber das nützt Menschen ohne Boot oder Badesachen trotzdem nichts.

Denn die Brücke, die vor bald 20 Jahren als Abkürzung für Fußgänger und Radfahrer über die Insel geschlagen wurde, steht nur mit einem Fuß auf der Insel, aber hat keinen Zugang zu ihr. Kenner der Berliner Obrigkeit könnten das für die logische Fortsetzung jener unglückseligen Verwaltungskapriolen halten, die ein paar Meter von der Insel entfernt eine Figur wie den „Hauptmann von Köpenick“ hervorbringen konnten, auf den sie hier aus unerfindlichen Gründen ziemlich stolz sind.

Aber das täuscht: Es waren die Insulaner, die den Zugang per Landweg verhindert haben. Sie wären dann nämlich nicht mehr unter sich gewesen.

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Dabei sind sie auch auf der Insel durchaus zahlreich, denn an die hundert Gartenlauben stehen auf den etwa 84 000 Quadratmetern zwischen dem alten Spreearm und dem Katzengraben, der einst angeblich von jedem Stubentiger übersprungen werden konnte, bis er Ende des 19. Jahrhunderts begradigt und zur Hauptspree ausgebaggert wurde – tief und breit genug für Ausflugsdampfer, die hier nahe der Mündung der Dahme in die Spree besonders zahlreich sind, sofern kein Virus sie stoppt.

Wer auf die Insel will, muss sich am Schlossplatz ein Solarboot leihen oder an der Dammbrücke einen Ruderkahn und dann schauen, wo er anlegen kann – und dabei immer die Geschichte mit der Brücke im Hinterkopf behalten. Dabei sind die Baumgarteninsulaner tüchtige Leute, wie kürzlich einer Eloge in der Lokalzeitung zu entnehmen war: Strom, Wasser, Abwasser – alles selbst gebuddelt und gebaut im Laufe der Jahrzehnte. Wer das schafft, kann seinen Kleingarten allemal rudernd erreichen. Stefan Jacobs

Größe: 8,4 Hektar
Erreichbarkeit: Privatboot
Schutz-Faktor: keiner
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 2 von 5 Punkte

Eiswerder im Spandauer See.
Eiswerder im Spandauer See.

© imago/Stock & People/Blickwinkel

9. Eiswerder

Auf der einzigen öffentlich zugänglichen Insel Spandaus wird wie wild gebaut. Hier hämmert und wummert es nicht nur vom ratternden Verkehr, der über die kleine und die große Eiswerderbrücke von Osten und Westen über die Insel geschleust wird. Im Einzugsgebiet der Wasserstadt Oberhavel, einst als Millionengrab gescheiterter Immobilienprojekte verschrien, tummeln sich nun die Projekt- und Immobilienentwickler.

Auf Eiswerder gibt’s unendliche Geschichten und Geschichte: Atze Brauner drehte hier seine Edgar-Wallace-Reihe, die Senatsreserve war zu Mauerzeiten in den alten Militäranlagen versteckt. Heute gibt’s das typische Inselleben mit Bootsclubs, Restaurant Stilbruch, Galerien, Eventagenturen und Club, pardon: Disco (mit Bootsanleger!), passender Name: JWD.

Kein Wunder, dass hier tierkundlich nicht viel los ist, inseltypische Arten sind dem Wildtierexperten Derk Ehlert nicht bekannt. Dabei ist etwa die Hälfte der 600 Meter langen Insel bewaldet. In den roten Backsteingebäuden im Süden war einst die mächtige Rüstungsindustrie Preußens angesiedelt, Anfang des 19. Jahrhunderts befand sich hier ein königliches Feuerwerkslaboratorium, später Pulver- und Munitionsfabriken.

Militärischen Ursprungs ist womöglich auch die kleine Nachbarinsel östlich von Eiswerder. Auf Luftbildern von 1928 ist die winzige Pionierinsel noch nicht zu sehen, sie wurde vermutlich zu Truppenübungszwecken aufgeschüttet. Der Minibaumhaufen im Wasser wird liebevoll von Eiswerder umarmt und fängt naturkundlich auf, was die große Insel vermissen lässt: dichte Gewächse, ein Fischotter schwimmt regelmäßig vorbei, Graureiher schlafen hier und einen Biber gibt’s auch.

Und weil die Kleine Eiswerderbrücke viel zu niedrig für große Schiffe ist, tut sich hier mitten in der dicht befahrenen Havel eine idyllische Bucht auf, in der man ungestört den Anker werfen und ins klare Wasser springen kann. Anke Myrrhe/Nadine Voß

Größe: 14 Hektar
Erreichbarkeit: Brücke
Schutz-Faktor: keiner
Besiedelung: Blume, Vogel, Säugetier, Mensch
JWD-Faktor: 1 von 5 Punkten

Der Seddinsee im Südosten Berlins.
Der Seddinsee im Südosten Berlins.

© Ralf Hirschberger/dpa

10. Schmöckwitzer Bruch

Unter den Berliner Inseln ist diese eine der einsamsten und geheimnisvollsten. Nur wenige Meter von der Stadtgrenze entfernt befindet sie sich in einer Ecke des Seddinsees, in die es nur Kenner und wahre Naturfreunde verschlägt.

Man kommt hier nicht zufällig vorbei, zumal kaum zu erkennen ist, wo das Festland beginnt und das Wasser aufhört. Ein Seerosenteppich umgibt die Insel. Ein Bruch ist ein Sumpf und in diesem Fall das ganze Hinterland der Insel, das aus Feuchtwiesen besteht, durch die kein Weg führt.

Sie gehören zu Berlins größtem Naturschutzgebiet. Wer hier im Frühjahr vorbeipaddelt, kann sehen, wie streng geschützte Trauerseeschwalben ihre schwimmenden Nester installieren und Haubentaucher ihren Haubentaucherinnen frisch gepflückte Seerosenblätter als Geschenk bringen.

Mit ganz großem Glück lassen sich auch Berlins einzige Seeadler sehen, die ein paar Kilometer entfernt an einem streng geheimen Ort brüten, aber gern hier ihre Kreise ziehen, wenn sie jagen. Erkennungszeichen von unten ist die Ähnlichkeit mit einem zwei Meter langen schwebenden Brett.

Während die meisten Wassersportfreunde mit ihren Motorjachten achtlos vorbeituckern auf ihrer Runde durch den – an Wochenenden fast wie die Stadtautobahn befahrenen – Gosener Kanal, nähern sich Kenner von der Landseite aus, wo sich in Gosen, Landkreis Oder-Spree, ein etwas raubauziger Bootsverleih befindet, von dem aus das Inselparadies in wenigen Minuten zu erreichen ist.

Wer sich fragt, was er mit der restlichen Mietzeit anfangen soll, folgt einfach dem einzig befahrbaren Weg zwischen den Inseln und paddelt weiter in den Gosener Graben, der für Motorboote gesperrt ist und praktisch die einzige Möglichkeit darstellt, durchs Schmöckwitzer Bruch zu kommen.

Die Tour eignet sich nicht nur für Naturfreunde, sondern auch für Gastgeber. Denn kaum ein Besuch kann sich vorstellen, dass Berlin dermaßen idyllisch sein kann. Stefan Jacobs

Größe: unbekannt
Erreichbarkeit: Privatboot
Schutz-Faktor: 3 von 3 Punkten
Besiedelung: Pflanzen, Vögel, Säugetiere
JWD-Faktor: 5 von 5 Punkten

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