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Vier Jahre warteten sie auf den sanierten Spielplatz am Klemke-Park. Uwe Scholz ist der dritte Erwachsene von links.

© promo

Kaputte Spielplätze in Pankow: Diese Eltern kämpfen erfolgreich für ein kinderfreundliches Berlin

Die Initiative „Ja! Spielplatz!!“ setzt sich für die Sanierung kaputter und gesperrter Anlagen ein. Ihr neuestes Ziel: eine temporäre Spielstraße.

Hinter dem schmalen Durchgang öffnet sich eine weite Fläche, die Raum für Kinderträume sein könnte. Könnte. Doch der dicht am Weißenseer Antonplatz gelegene Spielplatz „Grüner Hering“, dessen Name an eine längst vergessene Fischfabrik erinnert, bedarf dringend einer Sanierung und Verschönerung.

Uwe Scholz weist mit dem Arm auf die verwahrlosten Flächen und heruntergekommenen Spielgeräte. Man könnte es fälschlich für eine resignierende Geste halten. Doch der schmale Mann mit ruhiger Stimme und beherrschten Gesten ist extrem hartnäckig, wenn es darum geht, dass Kinder unbeschwert herumtollen können. Der Gründer der Initiative „Ja! Spielplatz!!“ und seine Mitstreiter*innen kämpfen seit Jahren gegen eine schwerfällige Verwaltung und für mehr Mittel zur Spielplatzpflege.

Als ihr Erfolg kann gelten, dass von den 220 Pankower Spielplätzen derzeit wegen gravierender Mängel „nur“ noch 26 teilweise oder vollständig gesperrt sind. Bei elf Anlagen ist derzeit nicht absehbar, ob und wann eine Reparatur oder Sanierung erfolgt. „Darüber hinaus gibt es im Bezirk noch eine ganze Reihe von Spielplätzen, die zwar zugänglich sind, bei denen aber nur noch eine leere Sandfläche ohne Spielgeräte übrig ist“, erzählt Uwe Scholz: „Diese Geisterspielplätze sind in keiner Statistik erfasst.“

Für Uwe Scholz, der als technischer Übersetzer arbeitetet, ist der Spielplatz „Grüner Hering“ ein typisches Beispiel für die Misere. Der Spielplatz wurde 2006 „liebevoll gestaltet“, erzählt Scholz, der eine inzwischen zehnjährige Tochter hat. Aber danach wurde eben kaum in die Erhaltung der Anlage investiert. Dabei ist klar, sagt Scholz: „Wenn ein Spielplatz viel genutzt wird, dann nutzt er sich auch ab.“

Die Folge: Drei Jahre lang war die Schaukel kaputt, bis es Ersatz gab. Ein defektes hölzernes Spielgerät wurde ersatzlos abgerissen, ein schönes Karussell für größere Kinder durch ein Mini-Gerät ausgetauscht. Ergebnis einer Sparpolitik, bei der für Pankow das Unterhaltungsbudget von zehn auf 1,5 Millionen Euro zusammengestrichen wurde. In anderen Bezirken ist es nicht viel besser, so die Erfahrung des unfreiwilligen Spielplatz-Sachverständigen. Auch wenn es Ausnahmen gibt.

Viele werden entmutigt von einer sturen Verwaltung

„Wie wollen wir leben?“, das habe er sich vor Beginn seines Engagements gefragt. „Warum lassen wir die Spielplätze verfallen?“ Er wollte sich nicht damit abfinden – so wie viele andere Eltern in Berlin auch. Aber viele werden entmutigt von einer Verwaltung, an der alle Wünsche abprallen, weiß Uwe Scholz. Als „deprimierende Kapitulation“ habe er es empfunden, dass selbst ein Pankower Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses sagte, gegen diese Verwaltung würde die Initiative nichts erreichen.

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Haben die Engagierten doch: Schon zehn sanierte Spielplätze in Weißensee können sie als ihren Erfolg verbuchen. Zusammentun, dranbleiben, Öffentlichkeit herstellen, so lautet Uwe Scholz’ Ratschlag. Tausende Stunden Lobbyarbeit hat die Initiative „Ja! Spielplatz!!“ geleistet und so lange „genervt“ und Druck gemacht, bis „die Verwaltung das tut, wofür sie da ist“.

Umwandlung der Tassostraße in eine temporäre Spielstraße

Den Erfolg besichtigen kann man etwa im Werner-Klemke-Park – benannt nach einem in der DDR sehr bekannten Kinderbuch-Illustrator. Idyllisch gelegen neben einem Teich mit vielen Seerosen war der marode Spielplatz vier Jahre lang mit einem Bauzaun abgesperrt – zum Schutz der Kinder –, ohne dass danach etwas passierte. Seit einem Jahr darf nun wieder nach Herzenslust gespielt und getobt werden rund um das große hölzerne Piratenschiff. Dank des vielfachen Protestes der Eltern und etwa einer Demonstration mit Lärm und Ballons, an der 250 Menschen teilnahmen. Es sei freilich schon eine „bittere Ironie“, so Uwe Scholz, dass die Sanierung erst erfolgte, nachdem der Bezirk Pankow 250.000 Euro aus dem Fonds des früheren SED-Vermögens erhielt.

[Mehr Informationen zu den Freiwilligentagen vom 10. bis 19. September 2021 gibt es hier. Alle Texte finden Sie online unter: tagesspiegel.de/gemeinsame-sache-2021]

Bei der „Gemeinsamen Sache“ laden die Eltern nun dazu ein, sich für die Umwandlung der Tassostraße zu einer temporären Spielstraße einzusetzen.

Die ruhige Einbahnstraße werde größtenteils zugeparkt von Pendlern, die hier in die nahe Straßenbahn umsteigen. „Auch Kindern gehört das Straßenland“, sagt Uwe Scholz. Im Corona-Sommer 2020 bekam die Initiative eine Sondergenehmigung; in diesem Jahr steht diese noch aus. Angeblich fehlten der Pankower Bezirksverwaltung die Kapazitäten, um die nötige „verkehrsrechtliche Anordnung“ auszustellen, berichtet Scholz. Entmutigen lassen wird sich die Initiative „Ja! Spielplatz!!“ davon nicht. Dazu hat man schon zu viel erreicht. Und im Wahlherbst, so lächelt Uwe Scholz mit feiner Ironie, möchte sich wohl keine Partei nachsagen lassen wollen, sie tue nichts für Kinder.

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