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App statt Stift: Ein Berliner will die Kontaktverfolgung digitalisieren.

© Carsten Rehder/dpa

Kampf gegen Corona mit Smartphone statt Stift: Berliner entwickelt App, die Kontaktlisten ersetzen soll

Auf Corona-Kontaktlisten sind Daten oft ungeschützt einsehbar. Mit der verschlüsselten App „Placelogg“ soll die Kontaktverfolgung digitalisiert werden.

Die Infektionsschutzverordnung ist deutlich: Gastronomen sind verpflichtet, die Kontaktdaten ihrer Gäste in Listen einzutragen. Bei einem Coronaverdacht sollen die Behörden mithilfe dieser Daten Infektionsketten schneller nachverfolgen können. Doch in der Praxis funktioniert das eher schlecht. Zahlreiche Gäste tragen gar keine oder falsche Daten ein, mancher Wirt schaut nicht so genau hin. Der Berliner IT-Unternehmer Jürgen Simon möchte Abhilfe schaffen. Er hat eine App entwickelt, die die Kontaktdaten verschlüsselt speichert.

Auf die Idee sei er gekommen, weil er sich geärgert habe, als er an der Tür einer Veranstaltung seinen Namen in eine lange Liste eintragen sollte, sagt Simon. Dabei sei ihm aufgefallen, dass die Daten nicht sicher seien. „Die Liste lag dort den ganzen Tag herum. Man hätte sie zum Beispiel abfotografieren und dann alles mögliche damit machen können.“

Das schaffe kein Vertrauen bei den Gästen. Die von ihm entwickelte App Placelogg soll den Datenschutz gewährleisten. Anstatt eines Papierformulars hängt der Gastgeber nur noch einen QR-Code neben die Tür. Den scannt der Besucher ein, schon ist er registriert.

Die Daten werden anonymisiert, verschlüsselt und dann auf mehreren Server hinterlegt. „Wir können die Daten selbst nicht lesen“, sagt Simon. Das könne nur der Restaurantbetreiber, mit einem speziellen Passwort. Außerdem führe seine Firma ab dieser Woche noch ein zweites Kontrollverfahren nach dem Vier-Augen-Prinzip ein.

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Wenn der Betreiber die Daten schriftlich anfordere, müsse er das konkret begründen, etwa mit einem Coronafall. Zugriff erhalte er dann nur für einen klar eingegrenzten Zeitraum um den betreffenden Vorfall herum. Jede Abfrage werde genau protokolliert, sagt Simon. So könne genau nachvollzogen werden, wer Zugriff auf welche Daten habe.

Für Nutzer kostenlos, Betreiber zahlen 15 Euro

Jürgen Simon bietet seit etwa 20 Jahren IT-Dienstleistungen an. Sein Unternehmen hat sich auf Softwarelösungen für den Mittelstand spezialisiert, unter anderem Sicherheitssoftware. Seine aktuelle Entwicklung basiert auf einer App namens Tokey, die Simon vor acht Jahren für das Onlinebanking entwickelt hat. Tokey sollte eine Alternative zum TAN-System sein. Bei den Geldinstituten hat sich das aber bislang nicht durchgesetzt. Die Gästelisten-App Placelogg ist für Besucher komplett kostenlos, die Betreiber zahlen monatlich 15 Euro für die Nutzung. Ehrenamtliche Einrichtungen erhalten den Service gratis.

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Der Unternehmer ziele nicht auf das große Geld, sondern wolle mit dem Produkt einen Beitrag leisten zur Bewältigung der Krise. Das Hinterlassen von Kontaktdaten sollte seiner Ansicht nach nicht als lästige Pflicht oder als Eingriff in die Privatsphäre gesehen werden. Simon hofft sogar, den Gästen etwas mehr Sicherheit geben zu können. Sie würden im Falle einer Gefährdung gewiss benachrichtigt werden.

Placelogg ist nicht in den gängigen App-Stores von Google oder Apple erhältlich. Die Software läuft im Browser des Smartphones, muss also nicht heruntergeladen werden. Die Anmeldung ist über Facebook oder Google möglich. Wer möchte, kann aber auch ein eigenes Kundenkonto anlegen. Eine Wirkung kann die Software aber erst entfalten, wenn sie von einem relevanten Teil der Bevölkerung benutzt wird.

Christoph M. Kluge

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