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Monti bei seiner ersten Fütterung im Tierpark.

© dpa

Känguru-Waise Monti im Tierpark Friedrichsfelde: Pflegekind im Stoffbeutel

Känguru-Waise Monti aus dem Tierpark Friedrichsfelde wurde am Dienstag erstmals öffentlich bei einer Fütterung präsentiert. Pfleger ziehen das Wallaby-Junge auf - in einem Tragebeutel.

Dass Brennnesseln ihren Namen nicht umsonst tragen, hat nun auch Monti verstanden. Unbekümmert schnüffelte das Känguru-Junge an den Blättern, bis es ordentlich in der Nase piekste. Diese Erfahrung muss Monti machen, auch wenn es wehtat. „Ich mische mich da nicht ein. Das muss er kennenlernen“, sagt Jens Schnabel. Er ist Pfleger im Tierpark Friedrichsfelde und seit einem Monat Ersatz-Mutter für das inzwischen sechs Monate alte und rund 1500 Gramm schwere Känguru-Kind.

Da Montis leibliche Mutter wenige Monate nach seiner Geburt starb, wird er nun von Pflegern aufgezogen. Noch wichtiger als Schnabel selbst ist aber sein Stoffbeutel, in dem Monti aufgezogen wird. Ein normaler Beutel - durch eine Wärmflasche und ein weiches Handtuch aber fast so gut wie bei Muttern. Seinen Namen bekam Monti nicht von den Pflegern, sondern von seiner Patin: Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Birgit Monteiro.

Entwöhnung vom Beutel

Mit dem Namen, der ähnlich klingt wie „Monte“, „Berg“, sei klar, dass Monti ein richtiger Lichtenberger sei, sagte sie zur Namenswahl. Das tägliche Babysitting bleibt aber Schnabel und seinen Kollegen überlassen. Und das ist ein 24-Stunden-Job. Am Tag begleitet ihn das Flinkwallaby-Baby Monti im Beutel bei der Arbeit.

Von diesem soll das Tier nun langsam entwöhnt werden, denn Ende des Monats wird Schluss sein mit dem Beutel-Leben. Eine Stunde pro Tag verbringt Monti deshalb im Gehege seiner Artgenossen. Selbstständig soll er seinen Beutel verlassen und sich an seine Gruppe gewöhnen.

Monti fährt Abends mit Pfleger nach Hause

Und Monti fühlt sich wohl, was nicht zuletzt auch an den heißen Temperaturen liegt. So hat es Monti jetzt schon besser als Berlins berühmtestes Zoo-Pflegekind Knut, der von seiner Mutter Tosca verstoßen wurde. Denn bei Knut sei es anfangs unmöglich gewesen, ihn zu seinen Artgenossen ins Gehege zu lassen, sagt Zoo-Sprecherin Christiane Reiss – sie hätten ihn angegriffen.

Knut war anfangs fast ausschließlich auf Menschen geprägt gewesen. „Deswegen sind wir sehr glücklich, denn Monti wird so normal wie möglich aufwachsen“, sagt Reiss.

Fälle wie Monti sind im Tierpark trotzdem selten. Von allen Geburten müssten weniger als ein Prozent von Hand aufgezogen werden. Bei den Kängurus seien in den vergangenen 25 Jahren nur zwei Junge in die Obhut von Pflegern gekommen, so Reiss. Auch wenn Monti langsam erwachsen wird, sein Milchfläschchen bekommt er neben Gurken, Zucchini und Gräsern trotzdem noch alle drei Stunden von Schnabel. Für Kängurus gibt es nur laktosefreie Kuhmilch. Von herkömmlicher Milch können die Tiere erblinden.

Ist Schnabels Arbeitstag zu Ende, nimmt er Monti mit nach Hause, in der Bahn, verrät er. Monti bleibt dabei natürlich immer im Beutel versteckt. Denn der ist für Känguru-Junge das wichtigste. Deshalb schläft Monti auch nicht wie einst Eisbär Knut bei seinem Pfleger, sondern freihängend, aber sicher im Beutel an Schnabels Wohnzimmerdecke. Er und seine Frau schlafen im Nebenzimmer.

Bald müssen sie Abschied nehmen

Für die beiden heißt es bald Abschied nehmen, denn ab kommender Woche übernimmt eine andere Pflegerin. Einmal hat er seine Pflegezeit schon verlängert. Schwer fiele ihm die Trennung nicht. „Ich sehe ihn ja trotzdem noch jeden Tag auf der Arbeit“, sagt Schnabel. Monti und er hätten keine enge Bindung. Für Monti sei der Beutel die Mutter und er nur der Milchgeber, erklärt Schnabel.

Ihm ist diese Klarstellung wichtig. Ob das auch Monti verstanden hat? Denn auch wenn das Känguru-Kind sich immer wieder an seine Artgenossen im Gehege annähert und neben ihnen frisst - Schnabel bleibt interessant. Auf wackligen Beinen hüpft Monti seinem Pfleger immer wieder hinterher. Ganz nah an seinen Füßen bleibt Monti stehen. Nur knapp ragt er unter Schnabels Knie. Dieser lächelt und schaut hoch: „Eigentlich dachte ich, er ist nicht auf mich geprägt.“

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