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Der Mietendeckel in Berlin ist vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden.

© Tobias SCHWARZ / AFP

Juristische Einordnung: Der Berliner Mietendeckel war ein Experiment – aber nicht absurd

Mit dem Mietendeckel begab sich Berlin auf Neuland – und wurde jetzt zurückgepfiffen. Doch juristisch absurd ist der Ansatz der Koalition nicht, im Gegenteil.

Mit dem Mietpreisdeckel in Berlin ist ein juristisches Experiment gescheitert. Grundsätzlich war unstreitig, dass der Bund für die Regelung des Mietrechts zuständig ist und dies über das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) erfolgt ist. Das BGB ist juristisch gesehen Privatrecht und regelt die Rechtsbeziehungen Privater untereinander. Dafür hat der Bund auch die nötige Gesetzgebungskompetenz.

Die Berliner Koalition war nun aber der Auffassung, das hindere sie nicht, einen anderen Ansatz zu wählen, nämlich das öffentliche Recht. Dies regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten und Staat.

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Nach Ansicht der Koalition gab es somit ein privates „Mietvertragsrecht“, für das der Bund zuständig sei. Aber es gebe eben auch ein „Mietpreisdeckelrecht“, das dieser individuellen Freiheit Privater staatlicherseits eine (Ober-)Grenze setzen darf.

Juristisch absurd ist dieser Ansatz nicht, im Gegenteil: Für Wohn- und Grundeigentum gilt die grundgesetzlich verlangte Gemeinwohlbindung besonders stark. Und in dieser Gemeinwohlbindung spiegelt sich auch ein öffentliches Interesse, das wiederum eine Brücke zum öffentlichen Recht schlägt.

Trotzdem blieb das Vorhaben eben dies: ein Experiment. Man begab sich damit auf Neuland. Von dort wurden Koalition und Senat jetzt gewissermaßen zurückgepfiffen. Denn ein Tricksen mit Kompetenztiteln, also den Zuständigkeiten von Bund und Ländern, so das Bundesverfassungsgericht, darf es im Staat des Grundgesetzes nicht geben.

[Was Mieter jetzt wissen müssen: Sechs Fragen und Antworten nach dem Aus für den Mietendeckel lesen Sie hier auf Tagesspiegel Plus.]

Der Bund habe von seiner Kompetenz zur Regelung des Mietrechts umfassend Gebrauch gemacht. Damit sei für Landesgesetzgeber das eingetreten, was Verfassungsjuristen in diesem Zusammenhang eine „Sperrwirkung“ nennen: Der Bund hat Vorrang, wenn er für eine Art der Gesetzgebung zuständig ist und von dieser Kompetenz abschließend Gebrauch macht. Dies habe er mit den BGB-Regelungen getan.

Einen Deckel dürfte also, wenn überhaupt, nur der Bund festlegen. Ein öffentlich-rechtliches „Mietpreisdeckelrecht“, für das die Länder zuständig wären, gibt es damit nicht.

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