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Jüdische Gemeinde Berlin: Holocaust-Überlebender Jerzy Kanal mit 94 Jahren gestorben

Er hat den Holocaust als einziger seiner Familie überlebt, nach dem Krieg zog er nach Berlin und half hier, die jüdische Gemeinde wieder aufzubauen. Nun ist er gestorben.

„Ich stehe nicht morgens auf und denke an die Shoa“, hat Jerzy Kanal einmal gesagt. Er schaute in die Zukunft und freute sich Anfang der 90er Jahre über die neu aufblühende Jüdische Gemeinde in Berlin. Ein Aufblühen, zu dem er viel beigetragen hat – als Weggefährte von Heinz Galinski, als langjähriges Mitglied im Gemeindeparlament und von 1992 bis 1997 als Gemeindevorsitzender. So war es zum Beispiel Jerzy Kanal, der den Staatsvertrag zwischen der Jüdischen Gemeinde und dem Land Berlin unterschrieben hat, mit dem erstmals die Beziehungen zwischen Land und Gemeinde verbindlich geregelt wurden. Kanal wurde 1921 im polnischen Schtetl Blazki geboren. Am Samstag ist er 94-jährig im Kreis seiner Familie verstorben.

Als einziger seiner Familie überlebte er den Holocaust

Obwohl er immer in die Zukunft schaute, ließ ihn die Vergangenheit nicht los. Zu monströs waren die Verbrechen der Nazis, zu furchtbar seine Erfahrungen im Warschauer Ghetto und in den Vernichtungslagern Majdanek und Auschwitz. Er hat den Holocaust als einziger seiner Familie überlebt. In Berlin fand er nach dem Krieg eine neue Heimat.

Gideon Joffe, der Vorsitzende der Jüdische Gemeinde Berlin, würdigte Kanal als "herausragende Persönlichkeit" und "tragende Säule der Gemeinde". Kanal habe die Gemeinde nach der Wende entscheidend mitgeprägt, schrieb der Regierende Bürgermeister Michael Müller am Montag. Es sei Kanal ein zentrales Anliegen gewesen, Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Intoleranz zu bekämpfen, um Demokratie und Freiheit und damit die wesentlichen Voraussetzungen jüdischen Lebens zu bewahren. Diesem Vermächtnis fühle sich die Zivilgesellschaft "über die Grenzen unserer Stadt hinaus verpflichtet". Jerzy Kanal wird am Mittwoch, 5. August, um 12 Uhr auf dem Jüdischen Friedhof in der Heerstraße 141 beerdigt.

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