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Nobuko Socho Sugai-Baumgarten vom Chado Urasenke Teeweg-Verein Berlin ist eine derjenigen, die im Teehaus für die Zubereitung des Tees zuständig sein werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Japanisches Teehaus im Humboldt-Forum: Auf eine Schale Tee ins Schloss

Im Schlossneubau entsteht derzeit ein japanisches Teehaus. Es wird Teil des Ausstellungsmoduls über japanische Kunst. Was Besucher dort erwartet

Die Kultur des Teetrinkens ist bekanntlich europäischen Ursprungs, und jeder Versuch, ihre Wurzeln in Japan oder gar China zu verorten, muss, beim Teutates, scharf zurückgewiesen werden. Begonnen hatte dieser Brauch auf der britischen Insel, kurz nach der Eroberung durch Cäsar. Dort trank man damals nur heißes Wasser, erst die beiden Abgesandten eines kleinen gallischen Dorfes brachten den Ur-Briten bei, das geschmacksneutrale Nationalgetränk durch Zugabe einiger Kräuterblätter zu veredeln, um ihm dadurch magische, auf den Trinkenden übergehende Kräfte zu verleihen.

Tradition und Moderne miteinander verwoben

So gesehen, sind der im 3. Jahrhundert sich in China durchsetzende Brauch und besonders seine Übernahme in Japan einige Jahrhunderte später relativ junge Kulturpraktiken. Die aus dem Reiche Nippon wurde in besonders veredelter Form zum Ritual stilisiert, an das der klassische Five o’clock Tea vielleicht doch nicht heranreicht. Man konnte die als japanische Teezeremonie in den deutschen Wortgebrauch eingeflossene Trinksitte seit 2005 dank einem im – nun geschlossenen – Dahlemer Museum für Asiatische Kunst eingerichteten Teeraum erleben.

Das hat sich dort bewährt, soll auch irgendwie fortgeführt werden, obwohl das Zentrum des öffentlich inszenierten Teetrinkens künftig in Mitte, im dritten Stock des Schlossneubaus, liegen wird. Dort, in der Nordwestecke des Gebäudes, mit einem prima Blick auf den Lustgarten, entsteht soeben im künftigen Ausstellungsmodul zur japanischen Kunst für 300.000 Euro ein ebensolches Teehaus.

Auch wenn es bei der Präsentation am Donnerstag noch im Rohbaustadium war, lässt sich doch jetzt schon sagen, dass die Konstruktion mit hier geläufigen Vorstellungen von traditioneller fernöstlicher Bauweise wenig gemein hat. Das soll es auch nicht, vielmehr Tradition und Moderne oder auch Japan und Berlin miteinander verweben, durch Form wie Material.

Von Berlin wurde etwa die oktogonale Form der Turmruine der Gedächtniskirche entliehen. Auch die rostbraunen Platten, aus denen Dach und Außenwände geformt sind, verbindet vielleicht nicht jeder sofort mit dem Reich der aufgehenden Sonne. Sie sind aus Cortenstahl, einem zunächst dekorativ rostenden, dann durch diese Rostschicht gegen weitere Verwitterung geschütztem Material. Klar aus Fernost stammen dagegen die im Hauptraum eingesetzten Kyoter Reisstrohmatten.

Getrocknete Schwarzteeblätter. In Ostasien wird er auch als roter Tee bezeichnet.
Getrocknete Schwarzteeblätter. In Ostasien wird er auch als roter Tee bezeichnet.

© Doris Spiekermann-Klaas / Tsp

Neben dem eigentlichen größeren Teeraum wird es einen zweiten zur Vorbereitung des Getränks geben. Ersterer wird über eine Feuerstelle und eine Nische verfügen und Platz für acht Matten bieten, auf denen sich die Gäste der Zeremonie dann niederlassen können. Stühle und Tische im japanischen Teehaus wären ein Widerspruch in sich.

Eröffnung im September 2020

Der skulptural wirkende Entwurf geht auf einen vom Humboldt Forum in Japan veranstalteten Wettbewerb zurück, gewonnen hat ihn Jun Ura und sein Team URA Architekten aus Kanazawa. Aus Japan zeitweise hinzugezogen wurden auch die am Donnerstag bei einem Rundgang anwesende Bauleiterin Saki Nakano samt etwa zehn japanischer Handwerker, die angewandten Techniken sind teilweise sehr speziell. Für die Teezubereitung und die ritualisierte Form der Darreichung werden dagegen Menschen mit Spezialkenntnissen wie Nobuko Socho Sugai-Baumgarten verantwortlich sein, Teemeisterin und Präsidentin des Chado Urasenke Teeweg-Vereins Berlin.

Nach Hans-Dieter Hegner, Bauvorstand der Stiftung Humboldt Forum, ist das Teehaus charakteristisch fürs Schloss, soll dort doch nicht nur ausgestellt, sondern erlebt, miterlebt, diskutiert, ausgetauscht werden. Und selbstverständlich wird im Indoor-Pavillon nicht nur Tee getrunken, sondern auch Kunst gezeigt, Malerei, Grafik, Keramik, Lackarbeiten – ohnehin sind Kunst und Tee in der japanischen Kultur eng verbunden, wie Kurator Alexander Hofmann erläuterte. Bis zur ersten Schale Tee wird es aber noch dauern, immerhin kann die Schlosseröffnung im September 2020 als fest gelten – Hegner hat das noch einmal versichert.

Den Kampf gegen die Römer haben die Briten übrigens gewonnen, auch wenn die von Asterix ins heiße Wasser geworfenen Blätter keinerlei magische Wirkung hatten.

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