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Volkspolizisten und Arbeiter der DDR beim Errichten der Berliner Mauer im Norden Berlins an der Grenze zum westberliner Bezirk Reinickendorf.

© Bildarchiv/dpa

Jahrestag des Mauerbaus: Wir müssen erinnern, was Mauern mit Menschen machen

Der Tag des Mauerfalls rückt näher. Doch erinnern muss man auch an den Mauerbau vor 58 Jahren. Er zerriss eine Stadt und eine Welt in zwei Teile. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Ide

Sie teilte Bürgersteige, Familien, Träume. Und sie trennte unsere Stadt, das ganze Land, die halbe Welt. In diesem Herbst feiern wir, dass unsere Welt seit 30 Jahren wieder eine ist – auch wenn sich Deutschland längst nicht einig ist, auch wenn die Welt wieder in neue Teile zerfasert. Einigkeit herrscht in einem: Die Mauer, die Schreckliche, musste weg. Sie kostete allein in Berlin mindestens 140 Menschen das Leben. Schon diesen Menschen, aus unserer Stadtmitte gerissen, sind wir es schuldig, an den Tag des Mauerbaus zu denken.

Heute, am 13. August, jährt sich der schrecklich historische Moment zum 58. Mal. Heimlich herbeigeschaffte Mauersteine wurden in einer sonntäglichen militärischen Nachtaktion zum angeblich „antifaschistischen Schutzwall“ aufgetürmt, der nur eine Funktion hatte: Menschen, die sich nach der großen Freiheit und einem kleinen Wohlstand sehnten, in der DDR einzumörteln. Durchgesetzt mit Schießbefehl. Geplant von der kommunistischen DDR-Führung unter sowjetischer Kuratel. Toleriert auch von den Westalliierten. Die Freiheit West- Berlins, auch sie war nur eine kleine.

Auf der Ostseite der geteilten Bürgersteige war es nicht einmal erlaubt, sich den Mauern zu nähern (es waren ja zwei mit einem mindestens 30 Meter breiten Streifen, auf dem Soldaten freie Schussbahn hatten). Fotografieren der Wachtürme: streng verboten. Die Bildnegative wurden beim Entwickeln damals im Fotoladen aussortiert. Und ich fragte mich heimlich als Kind: Wer guckt sich da im Laden jedes Foto an?

Offene Wunde der Welt

Das Offensichtliche sollte nicht sichtbar sein. Umso wichtiger, dass es auch heute für das ganze Land sichtbar bleibt. Indem wir daran denken, was Mauern mit Menschen machen. Dass sie nicht nur die Freiheit töten. Dass sie keine Lösung sind, um Frieden zu schaffen – erst recht nicht mit Waffen.

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Das geteilte Berlin war eine offene Wunde der Welt. Klar, das Leben ging irgendwann irgendwie weiter. Nur wie? Das beschreibt ein (in der DDR zensiertes) Lied der Ost-Berliner Band „City“: „Wir haben was von langen Haaren und viel von echten Jeans gewusst, / da ging die erste große Liebe vom Frühling bis in den August. / In Berlin.“

58 Jahre später sind nur noch wenige Spuren der Trennung sichtbar – an kleinen Falten im Straßenbild, an eingravierten Erinnerungen vor inneren Augen. Mauerreste zu sehen gibt es an den Checkpoints des Mauermassentorismus oder – am eindrücklichsten – am Gedächtnispunkt Bernauer Straße. Hier lässt sich spüren, wie eine Stadt und eine Welt in zwei Teile zerriss. Und dass Freiheit unteilbar ist.

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