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Das Oberverwaltungsgericht in der Hardenbergstr. 31 in Berlin-Charlottenburg.

© Thilo Rückeis

Jahresbilanz des OVG: Berlins Verwaltungsgerichte ächzen unter Zahl der Asylverfahren

Jahresbilanz des Oberverwaltungsgerichts: Auch Hummer, Rocker und Taschen gehören dazu. Da so viele Asylverfahren hinzukamen, werden andere Fälle länger liegen bleiben.

Von Fatina Keilani

Von Hummer über Hells Angels bis Handtaschen: Die Verwaltungsgerichte verhandeln ein breites Spektrum an Fällen, und nicht wenige schon bekannte Streitigkeiten landen vor der nächsten Instanz, dem Oberverwaltungsgericht (OVG). Aktuell werden etwa beschlagnahmte Schlangenledertaschen dabei sein, die Frage der Hummerhaltung und die Kartenzahlung in Taxis.

Ein Anwohner der Bundesstraße 2 in Weißensee will dort Tempo 30 durchsetzen, Brandenburger Polizisten wehren sich dagegen, dass sie im Dienst Namensschilder tragen müssen, Rocker klagen gegen ein Vereinsverbot, und das Land Berlin will das Berliner Stromnetz von Vattenfall zurückhaben.

Da aber die Verwaltungsgerichte unter der Last der Asylverfahren ächzen, werden sie zu einigen anderen Fällen nicht so schnell kommen. Die Verfahrenslaufzeiten haben sich verlängert. OVG-Präsident Joachim Buchheister präsentierte am Freitag aktuelle Zahlen.

Personalsituation verbessert

Ende 2013 seien beim Oberverwaltungsgericht 34 Asylverfahren anhängig gewesen, vier Jahre später dagegen 331. Am Berliner Verwaltungsgericht gingen 2013 nur 1510 Asylverfahren ein, 2017 waren es 14.512. Das Gericht ging mit 13.603 laufenden Verfahren ins neue Jahr. Ähnlich ist demnach die Lage in den Brandenburger Verwaltungsgerichten: In Cottbus sind 5358 Asylverfahren anhängig, in Frankfurt 5889 und in Potsdam 4789.

Immerhin habe sich die Personalsituation am Verwaltungsgericht Berlin und am OVG positiv entwickelt. Dennoch werde man Jahre brauchen, um den Berg abzuarbeiten, sagte Buchheister. Bei den drei Brandenburger Verwaltungsgerichten müssten hingegen spürbar mehr Stellen besetzt werden.

In Brandenburg seien 2017 zwar acht Proberichter eingestellt und acht Proberichterstellen ausgeschrieben worden. Zusätzlich sollten im Mai vier neue Vorsitzende Richter eingestellt werden. „Wir brauchen viele weitere Richter“, sagte Buchheister. „Wenn wir an jedem Brandenburger Standort eine zusätzliche Kammer aufmachen könnten, wäre das eine große Hilfe.“

"Wir ächzen unter den Asylverfahren"

Der OVG-Präsident verband die Zahlen mit einem justizpolitischen Vorschlag: „Wir ächzen unter den Asylverfahren. Die Obergerichtspräsidenten der deutschen Verwaltungsgerichte haben deshalb vorgeschlagen, die Prozessordnung zu ändern. Die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen gegen Entscheidungen, soll ausgeweitet werden.“

Da sich dies zunächst nicht nach einer Entlastung der Gerichte anhörte, sondern eher nach dem Gegenteil, erklärte Buchheister dazu: „Im Moment entscheidet in Eilverfahren die erste Instanz abschließend. Man kann nicht dagegen vorgehen. Wir haben hier also eine Vielzahl von Entscheidern, die autonom für sich entscheiden, und auch in Hauptsacheverfahren kaum Möglichkeiten, in die Berufung zu gehen.“

Das führe dazu, dass es sehr wenig obergerichtliche Entscheidungen gebe und praktisch keine höchstrichterlichen. Hätte man diese aber, könnte sich eine Rechtsprechung bilden, die mittelfristig zu einer deutlichen Vereinfachung führe. Verwaltungsgerichte sollten die Möglichkeit bekommen, im Eilverfahren eine Frage wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Beschwerde zuzulassen, forderte Buchheister.

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