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Die Themen Mietensteigerung und Verdrängung beschäftigen viele Berliner – und die Politik.

© Jens Kalaene/dpa

Investor wollte nicht auf Mieterhöhung verzichten: Bezirk Mitte erwirbt 55 Wohnungen mit Vorkaufsrecht

Im Milieuschutzgebiet „Waldstraße“ in Moabit hat der Bezirk zugunsten der Degewo Wohnungen gekauft. Der Investor kann noch Einspruch einlegen.

Der Bezirk Mitte hat das Vorkaufsrecht für das Haus in der Waldenserstraße 9 ausgeübt. Das teilte das Bezirksamt am Dienstag mit.

Wie es in einer Mitteilung von Bezirksamt und Stadtrat Ephraim Gothe (SPD) am Dienstag heißt, sei der Erwerber nicht bereit gewesen, die Abwendungsvereinbarung des Bezirksamtes zu unterzeichnen – also auf mietsteigernde Maßnahmen zu verzichten. Darum habe man das Vorkaufsrecht ausüben müssen.

Die 55 Mietwohnungen und drei Gewerbeeinheiten in dem gründerzeitlichen Haus in Moabit wurden demnach mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo „als vorkaufbegünstigtem Dritten“ gesichert.

Das Haus befindet sich im Milieuschutzgebiet „Waldstraße“, das sich zwischen Siemens- und Bremer Straße, Alt Moabit, Beusselstraße und Berlichingenstraße erstreckt. Die Waldenserstraße befindet sich unweit der Arminiusmarkthalle und verläuft parallel zur Turmstraße.

Auch Häuser in Wedding von Investor gekauft

Wie im Leute-Newsletter aus Mitte berichtet, hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Ende Juni den Bezirk dazu aufgefordert, das Vorkaufsrecht sowohl für das Haus in der Waldenserstraße 9 als auch für die Häuser in der Koloniestraße 13/Osloer Straße 93 und Siemensstraße 13-14 zu prüfen.

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Die Häuser in Wedding waren Anfang Mai von der Skjerven-Gruppe im Auftrag eines schwedischen Immobilieninvestors erworben worden. Mieterinnen und Mieter befürchteten Verdrängung.

Ephraim Gothe, Bezirksstadtrat von Berlin-Mitte.
Ephraim Gothe, Bezirksstadtrat von Berlin-Mitte.

© Thilo Rückeis

Am Abend der BVV versammelten sich Anwohner zu einer Protestaktion und demonstrierten für ihre Wohnungen. Im Leute-Newsletter hatte ein Sprecher der Skjerven-Gruppe beruhigt: Das Unternehmen wolle weder Wohnungen in Eigentum umwandeln noch die Mieten erhöhen. Das gehe wegen des Mietendeckels ohnehin nicht. Dass es auf längere Sicht „Anpassungen der Mieten“ geben könnte, kann er allerdings nicht ausschließen

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Bezirksstadtrat Gothe teilte nun mit: „Ich freue mich, dass durch die gute Zusammenarbeit zwischen Wohnungsbaugesellschaft, Senat und Bezirk die Ausübung des Vorkaufsrechts möglich geworden ist. Ich danke der Hausgemeinschaft für ihr Engagement und beglückwünsche sie zum Übergang ihrer Wohnungen in Landesbesitz.“

Käufer kann noch Widerspruch einlegen

Trotz Mietendeckel müssten die Milieuschutzgebiete ein wirksames Instrument bleiben: „Solange Wohnhäuser auch am Wert beurteilt werden, der sich aus der Umwandlung in Eigentumswohnungen ergibt, bleibt die Gefahr der Verdrängung der angestammten Bevölkerung real.“

Sowohl Verkäufer als auch Käufer hätten Recht auf Widerspruch binnen eines Monats, hieß es vom Bezirksamt. Gehe keiner ein, werde der Bescheid rechtskräftig. „In diesem Fall schließt die Degewo anschließend mit dem Verkäufer einen Kaufvertrag zu den mit dem ursprünglichen Erwerber vereinbarten Konditionen.“ (Mitarbeit: Corinna Cerruti)

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