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Farbig gestaltete Plattenbauten stehen an der Frankfurter Allee im Bezirk Friedrichshain.

© Wolfgang Kumm/dpa

Interview mit grünem Bezirkspolitiker: "Die Zahl der Vorkäufe wird steigen"

Jörn Oltmann (Grüne), stellvertretender Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, über den Berliner Immobilienmarkt und das Vorkaufsrecht.

Die Dynamik auf dem Berliner Immobilienmarkt wächst, Bezirke versuchen mit Vorkaufsrechten gegenzuhalten. Herr Oltmann, betreten Sie damit in Tempelhof-Schöneberg Neuland?

Keinesfalls, das ist eher Routine. Aktuell haben wir sechs Fälle, in denen wir die Wahrnehmung des Vorkaufsrechtes prüfen. Das ist eine Herausforderung für die Verwaltung, doch es lohnt sich – zum Erhalt des bezahlbaren Wohnraums.
Wie häufig hat Ihr Bezirk bislang ein Vorkaufsrecht wahrgenommen?
Die Gleditschstraße ist seit meinem Amtsantritt im November 2016 der siebente Fall. Hinzu kommen 22 unterzeichnete Abwendungsvereinbarungen.
Was ist eine Abwendungsvereinbarung?
Darin verpflichten sich private Käufer eines im Milieuschutzgebiet liegenden Hauses zur Einhaltung von Vorgaben, die über die reinen Milieuschutzvorgaben hinaus gehen. Zum Beispiel wird die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen langfristig ausgeschlossen.
Im Fall der Gleditschstraße springt als Käufer die „Diese eG“ ein, weil sich keine städtische Wohnungsbaugesellschaft gefunden hat. Ein Problem?
Keineswegs. In der vergangenen Woche hat der Hauptausschuss entschieden, dass künftig auch Genossenschaften bei der Wahrnehmung von Vorkaufsrechten bezuschusst werden können. Ich habe mir das Finanzierungskonzept der „Diese eG“ angeschaut und keinen Zweifel daran, dass es tragfähig ist.
Sind die städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit der Doppelbelastung aus Neubau und Ankauf überfordert – auch mit Blick auf den Mietendeckel?
Ich halte die bislang beschlossenen Eckpunkte des Mietendeckels in ihrer Radikalität für schädlich. Wenn städtische Wohnungsbaugesellschaften ihre Mieten schon jetzt nicht mehr moderat steigern dürfen, bedeutet das für sie geringere Einnahmen, die pro Gesellschaft 70 Mio. und mehr betragen können. Das Geld fehlt dann für Neubau und Ankauf gleichermaßen. Umso glücklicher bin ich, dass nun auch Genossenschaften durch das Vorkaufsrecht begünstigt werden können.
Im Haushaltsentwurf sind 20 Millionen Euro vorgesehen, um diese bei der Wahrnehmung von Vorkaufsrechten zu unterstützen. Reicht das aus?
Das ist zu niedrig und ich gehe davon aus, dass der Rahmen im Zuge der Haushaltsberatungen erweitert wird. Vorkaufsrechte sind zwar keine Wunderwaffe, doch die Zahl der Milieuschutzgebiete und damit der Vorkäufe in der Stadt dürfte eher noch steigen. Wir prüfen aktuell die Einrichtung eines neunten Gebietes. Angefangen habe ich mit vier.

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