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Eine nach der anderen. Das Treppensteigen fällt Carola Moritz schwer.

© C. Schwietering

Inklusion in Berlin: Behinderteneingang der Wirtschaftsverwaltung bleibt kaputt

Zwischen Denkmalschutz und Ausschreibung: Wieso ein Schöneberger Behinderteneingang nicht repariert wird.

Mit der linken Hand hält sich Carola Moritz bei ihrem Mann fest. Vorsichtig trippelt sie die breiten Stufen am Eingang der Wirtschaftsverwaltung hinab. Ihr Rollator steht ein ganzes Stück entfernt. Seit Mitte Dezember ist der Behinderteneingang des Schöneberger Verwaltungsgebäudes gesperrt.

Seitdem hievt Moritz sich die Stufen des Haupteingangs hinauf und geht an der Hand ihres Mannes wieder hinaus. „Ohne ihn würde ich mich das gar nicht trauen“, sagt sie. „Die sollen das reparieren und zwar ruckizucki. Das ist eine öffentliche Einrichtung, da muss man reinkommen können.“

Wirtschaftsverwaltung fühlt sich nicht zuständig

Die Kantine der Wirtschaftsverwaltung in der Martin-Luther-Straße ist ein beliebter Treffpunkt für Schöneberger Rentner. Moritz und ihr Mann kommen seit 25 Jahren täglich zum Mittagessen. Daran hat auch Moritz' Schlaganfall vor drei Jahren nichts geändert. „Das Essen in der Kantine ist ordentlich, und meiner Frau tut die Bewegung gut“, sagt Hans Borchardt. 950 Meter sind es von ihrer Wohnung, auf den Rollator gestützt, braucht Moritz eine halbe Stunde für den Weg.

Es sei schon komisch, dass der Berliner Senat ständig von Inklusion spreche, es aber über drei Monate nicht schaffe, eine Tür zu reparieren, sagt Borchardt. Den 87-Jährigen ärgert, dass er keine Antworten auf seine Beschwerden bekommen hat. Mit dem Hausmeister hat er gesprochen. Und der Wirtschaftsverwaltung und der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), der das Gebäude gehört, hat er geschrieben.

In der Wirtschaftsverwaltung hat man Verständnis für die beiden Rentner. „Wir sind als Mieter selber von den Unzulänglichkeiten betroffen und haben die Beseitigung der Schäden immer wieder bei der BIM angemahnt“, sagt eine Sprecherin. Die beiden könnten allerdings sehr wohl den Behinderteneingang nutzen. Denn der Portier könne die defekte Automatiktür auch per Hand öffnen.

Die Antwort der Pressestelle irritiert Hans Borchardt. „Als ich vor Wochen einen der Portiers gefragt habe, ob er den Eingang öffnen kann, hat der ‚Nein' gesagt.“ Und ein anderer Portier habe gesehen, wie seine Frau Ende Januar vor dem Eingang zusammengebrochen sei.

„Der hätte das dann ja von sich aus anbieten können.“ Vor allem aber, meint Borchardt, könne das doch nicht die Lösung sein. „Was sollen denn Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte machen, die nicht in Begleitung sind? Wie sollen die dem Portier Bescheid geben?“

Es wird wochenlang keine Verbesserung geben

Laut der BIM wird es wegen einer Vielzahl von Problemen noch eine Weile dauern, bis der Behinderteneingang wieder regulär funktioniert. Vor Weihnachten habe das Unternehmen keine Fachfirma gefunden, sagt eine Sprecherin. Und dann habe sich herausgestellt, dass die Tür irreparabel ist und ersetzt werden muss, wodurch eine Ausschreibung notwendig wurde. „Diese Ausschreibung läuft derzeit. Erst danach kann eine neue Tür bestellt werden, was noch einmal einige Wochen dauern wird.“ Außerdem müsse man sich mit der Denkmalbehörde absprechen. Vorerst bleibe nur die manuelle Notlösung.

Auch schräg gegenüber im Schöneberger Rathaus ist der Zugang für mobilitätseingeschränkte Menschen erschwert. Gehbehinderte können das Bürgeramt dort seit über einem Jahr nur mühsam über den Hintereingang erreichen. Der kaputte Treppenlift am Haupteingang müsse durch eine völlig neue Lösung ersetzt werden, heißt es aus dem Büro des grünen Baustadtrates Jörn Oltmann. Die Ausschreibung laufe. Wann der neue Lift fertig ist, blieb trotz Nachfragen offen.

Carola Moritz wundert es nicht, dass die Reparaturen so lange dauern. „Das ist doch symptomatisch dafür, dass in Berlin nichts klappt.“

Caspar Schwietering

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