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Fundstücke aus der Spree.

© Jan Ebel

Initiative räumt Berlin unter Wasser auf: „Unter der Oberbaumbrücke lagen mehrere E-Roller und Fahrräder“

Jan Ebel ist Umweltschützer. Mit der Initiative „Spree:publik“ räumt er auf dem Grund der Spree auf. Ein Gespräch über Lithiumionenakkus, Wurfanker und Besteck.

Aktive von „Spree:publik“ räumten am Sonnabend bei der Oberbaumbrücke auf – unter Wasser. Die Interessengemeinschaft setzt sich dafür ein, „dass Wasserflächen auch als soziokulturelle Ressource wahrgenommen und als Freiraum für zivilgesellschaftliches Engagement verstanden werden“. Außerdem ist ihnen Umweltschutz ein großes Anliegen. Jan Ebel ist einer der Aktiven.

Herr Ebel, wie sieht Friedrichshain-Kreuzberg unter Wasser aus?
Im Moment ist das Wasser extrem klar, da es wenig Schiffsverkehr oder Strömungen gibt. Man kann bis zu drei Metern auf den Grund schauen. Letzte Woche bin ich gepaddelt und dabei entdeckte ich vor allem bei der Oberbaumbrücke mehrere Elektroroller und Fahrräder unter Wasser.

Bestehen die Elektrogefährte nicht auch aus umweltschädlichen Stoffen?
Ja, Lithiumionenakkus sind hochgiftig: gefährlich fürs Wasser, die Unterwassertiere und unter’m Strich auch für die Menschen. Deswegen habe ich der Spree:publik-Community Bescheid gesagt und gefragt: Wollen wir nicht mal die Sachen rausholen? Da waren sofort vier Leute am Start und wir sind am Samstag mit meinem Boot „Rockfisch“ losgefahren.

Wie haben Sie die Fahrräder und die anderen Dinge aus dem Wasser gefischt?
Ich habe mehrere Wurfanker besorgt, die man eigentlich zum Klettern benutzt. Die haben wir an stabile Bootsleinen gebunden, sie dann immer so fünf Meter vom Boot weg ins Wasser geworfen und über den Grund gezogen. Man musste nur einmal kurz ziehen und es hing schon irgendwas dran.

Was war neben Fahrrädern und Rollern noch im Wasser?
Einkaufswägen, Stühle, Sessel, Besteck, ein Klappmesser. Sogar Kassen und ein Brecheisen waren dabei – da wollte wohl jemand Beweisstücke verschwinden lassen. Tiere gab es auch: mehrere Aale und Krebse, die sich in den Fahrrädern versteckten. Natürlich haben wir sie wieder sorgsam zurückgesetzt. Mir sind auch Grundeln aufgefallen, eine asiatische invasive Fischart. Übrigens waren alle Dinge überzogen mit kleinen Muscheln. Am Verrottungsstatus der Fahrräder konnte man sich ausrechnen, wie lange die schon da unten liegen: von ein paar Monaten bis zu zehn Jahren.

Von welcher Menge Unterwassermüll reden wir denn?
Also der Plan war, etwa zehn Roller rauszuholen. In kürzester Zeit stellten wir fest: Das hört nicht auf. Wir haben zu fünft insgesamt drei Stunden richtig hart gearbeitet und das Boot viermal komplett vollgeladen. Insgesamt waren es über 60 Objekte und ich schätze, das war nur etwa ein Viertel von dem, was da unten liegt. Danach waren wir körperlich am Ende – es war kalt und irgendwann zieht das Wasser in die Ärmel. Da lag aber so viel rum, wir hätten noch stundenlang weitermachen können.

Hat Sie irgendjemand bemerkt?
Die Wasserschutzpolizei ist auf uns aufmerksam geworden. Sie haben sich gefragt, ob wir das überhaupt dürfen. Ich hatte schon vor einer Woche bei denen angerufen und da hieß es, sie finden es prinzipiell gut, wenn wir die Sachen rausholen. Das Wasserschifffahrtsamt ist nur dafür verantwortlich, die Fahrrinne für Schiffe frei zu halten. Alles was daneben liegt – die Spree ist natürlich breiter als diese Rinne – sei nicht mehr ihr Job und anscheinend Sache des Bezirks.

Warum denken Sie, werfen die Leute die Gegenstände einfach ins Wasser?
Es gibt viele Idioten oder Partyvolk, die es wie Kinder schön finden, Steine ins Wasser zu werfen. Nur sind es hier eben Einkaufswägen oder Roller. Es gibt bestimmt auch eine politische Motivation, warum Elektroroller ins Wasser geworfen werden. Aber das rechtfertigt nicht die Wasserverschmutzung.

Was passiert jetzt mit dem Unterwassermüll, den Sie am Ufer abgeladen haben?
Das wussten wir zunächst auch nicht, wollten die Dinge aber lieber erst mal aus dem Wasser haben als drin zu lassen. Ich habe die Polizei angerufen, die sehr kooperativ war. Sie will nun mit der BSR in Kontakt treten.

Wird es eine nächste Aktion geben?
Unbedingt, und zwar möglichst zeitnah.

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