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Die thailändische Elefantenretterin Lek Chailert nimmt in ihrem Elefantenpark in Chiang Mai zuvor im Tourismus missbrauchte Tiere auf.

© Save The Elephant Foundation, Myanmar Government

Initiative „Future for Elephants“: Das traurige Geschäft mit den zarten Riesen

Tierschützerin Lek Chailert sprach schon vor der Uno. Jetzt ist sie mit ihrem Film „Love and Bananas“ auf Tour in Europa.

Es ist ein schönes Bild, die Tierschützerin Sangdeaun Lek Chailert aus Thailand zusammen mit ihren geretteten Elefanten draußen im „Elephant Nature Park“ zu beobachten. Was man nicht sieht, sind die Qualen, die die Tiere jahrelang über sich ergehen lassen mussten. In engen Käfigen mit schmerzenden Stangen gefügig gemacht, als Baby vom Muttertier getrennt, alles fürs Geld der Touristen.

Lek Chailert ist jetzt Tausende Kilometer aus Chiang Mai im Norden Thailands nach Berlin gereist, um den Film „Love and Bananas“ mit Schauspielerin und Produzentin Ashley Bell auch in Berlin vorzustellen. Sie kennt all die quälenden Methoden, mit denen Elefanten zu Erlebnistieren für Urlauber gemacht werden, aus eigener Erfahrung. Ihre eigene Familie – mit der sie daher zerstritten ist – betreibt einen Elefantentrekking-Betrieb.

Sie zeigt das in ihrem Film „Love and Bananas“, die „Save Elephant Foundation“ organisierte eine Sondervorstellung im Delphi Filmpalast an der Kantstraße in Charlottenburg und für Jugendliche eine Schulvorstellung im Yorck Kino in Kreuzberg zu Beginn der Woche. Am Mittwoch war das von der deutschen Initiative „Future for Elephants“ geförderte Screening in Hamburg, heute folgt das City-Kino in München; dann geht die Tour durch die Niederlande, Belgien, Frankreich.

Lek, der Name bedeutet „winzig“, aber die nur 1,50 Meter kleine 57-Jährige ist als Tierschützerin eine Große. Für ihre Arbeit hat die Elefantenflüsterin internationale Auszeichnungen erhalten. Das Time Magazin führt sie in der Liste der „Heroes of Asia“. Hillary Clinton zeichnete sie 2010 als eine von sechs „Women Heroes in Global Conservative“ aus, und die Ford Foundation hat sie als „Hero of the Planet“ gewürdigt. 2017 sprach Lek Chailert vor der UN in New York.

Jetzt sitzt sie in einem Berliner Café und sagt dem Tagesspiegel: „Ich war in Berlin auch im Zoo. Es hat mir wehgetan, zu sehen, wie die Asiatischen Elefanten monoton ihre Köpfe hin und her schwenken, wie leer ihre Augen sind.“ Aber bieten nicht Zoos erst Europäern die Chance, nach einer persönlichen Begegnung ihr Herz für die Tiere zu entdecken? „Besser wäre es, wir würden ihre ursprünglichen Lebensräume erhalten.“

Elefantenhaar ist heiß begehrt

Eine Mammutaufgabe. Bis vor einigen Jahrzehnten haben noch etwa 1,2 Millionen Elefanten auf der Erde gelebt. Heute sind es weniger als 500 000 Afrikanische und nur noch rund 45 000 Elefanten im asiatischen Raum. Sie werden nicht nur wegen des Elfenbeins gejagt. Ihre Lebensräume werden durch die Abholzung der Regenwälder für neue Siedlungen und die Landwirtschaft vernichtet. Zudem werden die Tiere als Touristenattraktionen missbraucht, beklagt Lek Chailert, da Urlauber auf gewaltsam gefügig gemachten Kolossen reiten, mit ihnen schwimmen, sie mit ihren Rüsseln malen lassen. Und sie werden vergiftet oder auf andere Art getötet, um ihnen mit großen Messern die Haut abzuziehen. Ein Geschäft für Jäger und Wilderer.

Vor allem Chinesen kaufen laut dem Programmdirektor der „Save Elephant Foundation“ Ryan Emmerson Schmuck, der aus Elefantenhaut hergestellt wurde, bekannt als „Moonblood Jewelery“. Angeblich verleiht sie dem Träger die Kraft und Weisheit eines Elefanten. In den Herkunfts- und Handelsländern Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha gebe es viel Korruption, sagt Lek Chailert. Mit zehn „Square feet“, also umgerechnet knapp einem Quadratmeter Elefantenhaut, seien rund 2000 US-Dollar zu verdienen.

Gefährdete Freunde. In Myanmar werden Elefanten vergiftet, um ihnen die Haut abzuziehen, für Schmuck, der vor allem in China begehrt ist.
Gefährdete Freunde. In Myanmar werden Elefanten vergiftet, um ihnen die Haut abzuziehen, für Schmuck, der vor allem in China begehrt ist.

© Save The Elephant Foundation, Myanmar Government

Touristen aus Asien und aus anderen Ländern kauften auch gern schwarze, geflochtene Ringe aus Elefantenhaaren. Haare wachsen, anders als viele Kunden vermuten, nicht nach. Viele Elefanten im Nature Park leiden an Augenentzündungen, weil ihnen die Brauen oder Wimpern abgeschnitten wurden. Die Elefanten können sich auch nicht mit Sand säubern, weil sie keinen haarigen Schwanz mehr haben.

In Thailand leben zahlreiche Familien von solchen Geschäften. Beseelte Touristen, die mit den Tieren im Wasser baden oder auf ihrem Rücken majestätisch dahinschreiten, kennen die Vorgeschichte nicht. Lek Chailert wird für ihr Engagement immer wieder bedroht, auch mit dem Tode. Doch nichts hält sie ab. Wegen der großen Resonanz soll der Film voraussichtlich ins Fernsehen kommen, und es gibt gerade Verhandlungen mit der Firma KSM. Es ist auch geplant, ihn auf iTunes zu zeigen, und nächstes Jahr soll eine DVD erscheinen.

Da ist zu sehen, wie die 57-Jährige in dem idyllischen Flusstal ihre Vision vom friedlichen Zusammenleben von Mensch und Tier verwirklicht hat. Als erste Angehörige ihres Volksstammes hat sie ein Studium absolviert und fördert in ihren ökologisch orientierten Projekten auch die Ausbildung von Frauen und Kindern. Inzwischen hat sie mehr als 200 Elefanten und mehrere Tausend Wasserbüffel, Hunde, Katzen, Hasen und Affen vor Peinigern und Schlägern im weiträumigen Naturpark gerettet und ihnen eine neue Heimat gegeben. Bis die Tiere wieder Menschen vertrauen, kann es Jahre dauern. „Love and Bananas“ berichtet auch von der Tierquälerei davor. Der Film zeigt die grausamen Methoden, mit denen Elefanten für das Reiten, Malen oder Schwimmen gefügig gemacht werden.

Bitte keine Fotos

„Phajaan“ heißt eine weit verbreitete Vorgehensweise der Unterwerfung. Der Elefant wird meist 24 Stunden in einen Holzkäfig gesperrt, in dem er sich keinen Zentimeter bewegen kann. Das Tier bekommt keine Nahrung und wird ständig geschlagen. Hat es seinen Willen noch nicht verloren, bleibt es einen weiteren Tag im Käfig. Dann wird er mit Elefantenhaken fortlaufend misshandelt. Die Stichwaffe wird dabei immer wieder eingesetzt, um das Tier an besonders empfindlichen Stellen zu treffen. So lenken jene Menschen die Elefanten, die beim Reiten hinter dem Kopf des Tieres sitzen, dank Angst und Gewalt. Die Waffe halten sie vor den Augen der Touristen möglichst bedeckt, berichtet die Tieraktivistin.

Damit Urlauber auf den Kolossen reiten können, werden sie brutal gefügig gemacht (l.u.).
Damit Urlauber auf den Kolossen reiten können, werden sie brutal gefügig gemacht (l.u.).

© Save The Elephant Foundation, Myanmar Government

Rund 80 Prozent der Elefanten, die sie in den Park geholt hat, haben psychische Schäden erlitten, erklärt Lek dem Berliner Publikum. Sie benötigten zwischen einem und fünf Jahren Zeit, bis sie sich an das neue Leben in Freiheit gewöhnt haben. Lek Chailert arbeitet mit positiver Verstärkung über Futtergabe, Bananen. „Die neuen Tiere, meist zuvor ganz allein gehalten, werden von der Herde adoptiert, das ist heilsam für die Elefanten“, sagt Emmerson. Einige überleben aber den Transport in den Nature Park bedauerlicherweise nicht.

Lek Chailert schuf auch Arbeitsplätze. Elf Tierärzte versorgen im Rettungszentrum insgesamt rund 3000 Tiere. Finanziert werde der öffentlich zugängliche Park unter anderem durch Einnahmen und Spenden, von Besuchern, auch über Unterstützer aus aller Welt. Die Elefantenflüsterin appelliert in Berlin auch an Asien-Urlauber aus der Metropolenregion. Keine Schnitzereien kaufen, keinen Schmuck, auch wenn die Händler sagen, das sei aus Altbeständen hergestellt. Und: „Selbst auf ein Foto mit einem süßen Elefantenbaby sollten Sie verzichten.“ Wo bitte ist das Muttertier?

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