zum Hauptinhalt
Die Gedenkstätte zur "Köpenicker Blutwoche" in der Puchanstraße.

© imago/Uwe Steinert

Update

In der Wendezeit gestohlen: Händler will Gedenktafel zur „Köpenicker Blutwoche“ zurückgeben

Im Juni 1933 gingen die Nazis im Südosten Berlins brutal gegen die Arbeiterbewegung vor. Eine Gedenktafel aus DDR-Zeiten verschwand in der Wendezeit – bis jetzt.

Die Gedenktafel zur „Köpenicker Blutwoche“, die bei Ebay zum Kauf angeboten wurde, soll am Montag wieder zurückgegeben werden. Der Händler aus Zeuthen wolle sie ihm ins Rathaus bringen, sagte der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Oliver Igel (SPD), am Sonntag dem Tagesspiegel. Der Händler hatte die Tafel bei Ebay für 1150 Euro angeboten. Nutzer der Plattform hatten Yves Müller, Mitglied im Kuratorium der Gedenkstätte Köpenicker Blutwoche, und die Linkspartei in Treptow-Köpenick darauf aufmerksam gemacht.

Die Anzeige bei Ebay wurde daraufhin wieder gelöscht, das Bezirksamt erstattete Anzeige bei der Polizei. Die nahm Ermittlungen auf, sagte eine Sprecherin am Sonnabend. Eine Streife soll dem Händler auch schon einen Besuch abgestattet haben. 

Ob er sich wegen Hehlerei verantworten muss, ist jedoch unklar. Zumindest sei es "moralisch fragwürdig", dass der Händler mit einem historisch bedeutenden Stück der Erinnerungskultur an den Nationalsozialismus Geld machen wollte, sagte Müller.

Die Gedenktafel war nach Angaben der Linkspartei zu DDR-Zeiten an der Wendenschloßstraße 390 angebracht, dort befand sich 1933 ein Wassersportheim des SPD-nahen Reichsbanners, das die SA besetzte und nutzte, um politische Gegner zu misshandeln und zu töten. Ihre Leichen wurden in die Dahme geworfen.

Die gestohlene Tafel war 1983 angebracht worden. Der Müggelheimer Künstler Martin Jahn, der schon die erste Tafel geschaffen hatte, wurde 1993 vom Bezirksamt beauftragt, eine neue Tafel aus Kupfer zu fertigen. Sie wurde 2016 mit dem Schriftzug „Lügen“ beschmiert. 

Unten rechts beschmiert: die erneuerte Gedenktafel an der Wendenschloßstraße.
Unten rechts beschmiert: die erneuerte Gedenktafel an der Wendenschloßstraße.

© André Harbarth

Wo die alte Tafel über Jahrzehnte gelagert war, ist unklar. Der Händler berichtete Igel, er habe die Tafel vor mehreren Jahren auf dem Flohmarkt am Ostbahnhof gekauft und zunächst nicht mit der Köpenicker Blutwoche in Verbindung gebracht.

Mindestens 23 Menschen starben und mehr als 500 wurden verschleppt und teilweise brutal misshandelt, als die SA vom 21. bis 26. Juni 1933 im Südosten Berlins gegen die Arbeiterbewegung vorging.

[Der Autor dieses Textes, Thomas Loy, schreibt jeden Montag den Tagesspiegel-Newsletter für Treptow-Köpenick. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

Der zentrale Ort der „Blutwoche“ war das ehemalige Gefängnis des Amtsgerichtes Köpenick, das als Stabsquartier der SA sowie Haft- und Folterstätte diente. Seit 1987 ist in dem Gebäude an der Puchanstraße eine Gedenkstätte untergebracht, die zum Bezirksmuseum gehört.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false