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Die Brüder Yannis Niebelschütz (links) und Matti Niebelschütz, Gründer des Berliner Start-ups CoachHub.

© CoachHub

In Coaching-Plattform investiert: Wie zwei Berliner Unternehmer-Brüder 30 Millionen Dollar einfuhren

Mit dem Ausbruch der Pandemie wächst CoachHub, eine Plattform der Brüder Yannis und Matti Niebelschütz, kräftig. Nun erhalten sie frisches Kapital.

Es gibt nur wenige Wirtschaftszweige, in denen Unternehmen ihr Geschäft stark ausbauen konnten in der Pandemie. Neben Möbelhändlern, Essensbringdiensten und Entwicklern von Videotelefonie-Software hat auch das junge Berliner Unternehmen CoachHub die Krise nutzen können: Das von den Brüdern Yannis und Matti Niebelschütz Mitte 2018 gegründete Start-up betreut Unternehmen bei Online-Schulungen und Personalentwicklung, vorwiegend auf der Ebene des mittleren Managements.

Die Angestellten der Kundenfirmen werden zum Beispiel alle zwei Wochen individuell gecoacht und auch außerhalb der Stunden betreut von einer oder einem der mehr als 1000 überwiegend freiberuflichen Business Coaches, die auf der Plattform von CoachHub registriert sind.

Beim Coaching geht es – anders als bei der Unternehmensberatung – nicht darum, eine extern entwickelte Problemlösung umzusetzen. Die Mitarbeiter werden vielmehr dabei unterstützt, diese selbst zu entwickeln und mögliche Konflikte aufzulösen. Das Suchen und Finden des oder der dafür geeigneten Coach wird wiederum unterstützt durch eine Software mit künstlicher Intelligenz.

Dieses Geschäftsmodell hatte schon vor zwölf Monaten – also bevor die Coronapandemie praktisch die gesamte Welt erfasste – internationale Investoren begeistert: HV Capital, Partech, Speedinvest, Signals Venture Capital und RTP Global gaben damals 20 Millionen Dollar (gut 16 Millionen Euro), um weiteres Wachstum zu finanzieren. Mitgründer Yannis Niebelschütz sagte dem Tagesspiegel vor drei Wochen, dass er seither „fast permanent“ Vorstellungsgespräche führe. Das Team aus Festangestellten, die die Organisation stemmen und den akademischen Hintergrund von CoachHub ausbauen, sei seit Januar von 110 auf 180 gewachsen.

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Und damit soll lange nicht Schluss sein: Wie Unternehmenszentrale, nahe dem Breitscheidplatz in Charlottenburg gelegen, am heutigen Freitag offiziell bekannt geben will, schießen die bisherigen Investoren sowie der neue Geldgeber Draper Esprit gemeinsam noch einmal 30 Millionen Dollar (knapp 25 Millionen Euro) nach.

Mit dieser neuen Finanzierungsrunde wolle man das Angebot auf mehr als 2000 Coaches in mehr als 100 Ländern und 70 Sprachen ausbauen, teilte CoachHub vorab mit. Bis Ende 2021 plane man mit 300 Mitarbeitenden in Europa, den USA und Asien. Einer davon heißt Thosten Schaar. Er hat den traditionsreichen Freiburger Fortbildungskonzern Haufe verlassen, um bei der agilen Berliner Firma die Geschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu führen.

Lange war Coaching nur in der Chef-Etage üblich

Gründer Yannis Niebelschütz spricht von der „Demokratisierung des Coachings“, die Mission sei es, Coaching für alle Mitarbeiter auf jeder Ebene eines Unternehmens zugänglich zu machen. Lange Zeit war diese Dienstleistung als Führungskräftetraining lediglich in den Vorstands- und Geschäftsführungsetagen üblich. Erst in den vergangenen Jahren erkennen immer mehr Firmen den Wert und bieten sie auch Führungskräften auf Bereichs- und Abteilungsleiterebene an – und mitunter den Teammitgliedern gleich mit. „Die Corona-Pandemie hat einen richtigen Run auf digitale Lösungen in der Weiterbildung und Persönlichkeitsentwicklung ausgelöst“.

Referenzkunden von CoachHub sind unter anderem Großunternehmen wie der Versicherungskonzern Generali oder Tech-Start-ups wie SoundCloud und HelloFresh. Das Unternehmen erklärt zudem, dass viele Coaches die firmeneigene Initiative CoachHub4Good unterstützen und kostenlos Mitarbeiter von Hilfsorganisationen oder den Vereinten Nationen im Libanon, Irak und Südsudan, unterstützen.

Eine Geschäftsgrundlage ist Exklusivität in anderer Hinsicht: Nicht jeder darf bei CoachHub coachen. Yannis Niebelschütz erklärt, dass Wachstum nicht zu Qualitätsverlust führen dürfe. Nur etwa fünf Prozent aller Bewerberinnen und Bewerber dürften ihre Arbeit als Coach bei CoachHub anbieten. Unter anderem müssen sie mindestens sechs Jahre Berufserfahrung nachweisen und sich einem mehrstündige Aufnahmeverfahren stellen. Denn das Berufsbild ist nicht geschützt. „Es ist besorgniserregend, wer sich alles Coach nennen darf“, sagt Niebelschütz.

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