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 Eine Frau zieht eine Dosis Impfstoff für eine Corona-Impfung auf.

© Marijan Murat/dpa

Impflotterie für alle, Impfpflicht ab 50 Jahre?: Expertenrat des Berliner Senats stellt Empfehlungen für höhere Impfquote vor

Der Beirat rät zu mehr Aufklärung und Anreizen, um die Nachfrage nach Corona-Schutz zu erhöhen. Doch ganz ohne Druck geht es wohl nicht.

Bessere Aufklärung gerade in jenen Kiezen, in denen seltener Deutsch gesprochen wird, Anreize für Wankelmütige und eine Impfpflicht für die Plus-50-Jährigen: Der von Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) eingesetzte Expertenrat zur Erhöhung der Impfquote hat am Mittwoch seine Empfehlungen vorgestellt. Gote zufolge reichen bisherige Appelle nicht, um die Corona-Pandemie zu überwinden. Ohne höhere Impfquote drohe eine neue Coronawelle samt Freiheitseinschränkungen.

Man wolle „gut vorbereitet in den Herbst gehen“, sagte Gote, weswegen der Sommer genutzt werden müsse, um die Quote zu erhöhen – und den Empfehlungen des Beirats folgen, indem man das Impfen mit mobilen Teams fortsetzen werde. Zudem soll eine neue, von externen Profis konzipierte Kampagne her – noch muss Rot-Grün-Rot dies in den Haushaltsgesprächen absegnen. Gelingt das, wolle man mit jeweils eigenen Ansätzen auf die einzelnen Zielgruppen zugehen, inklusive sogenannter Testimonials, also mithilfe werbender Prominenter.

Als sich das Scheitern der Impfpflicht abzeichnete, hatte Gote acht Berliner Sozialwissenschaftler in einen Beraterstab berufen: Davon sprachen am Mittwoch in Gotes Beisein dann Odette Wegwarth vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Jürgen Gerhards von der Freien Universität.

Wegen fehlender Daten verbiete es sich der Politik, sagte Wegwarth, „Gewissheiten zu verbreiten“ und bestimmte Maßnahmen ohne Not auszuschließen, zumal die Datenlage dünn sei. Die frühe Absage an eine Impfpflicht in der Bundespolitik etwa sei ein Fehler gewesen, weil die dann eben doch diskutierte Pflicht als Wortbruch interpretiert wurde.

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Insbesondere Impfskeptiker hätten ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Informationen zu Nutzen und Schaden von Impfungen. Die Risikoangaben sollten „einheitlich“, also weitgehend vergleichbar, kommuniziert werden. Schon wegen möglicher Sprachbarrieren seien zudem Social-Media-Kanäle intensiver für Impfaufklärung zu nutzen. So seien Berliner mit Migrationshintergrund im Durchschnitt seltener geimpft als jene ohne Migrationshintergrund: Dies aber vorläufigen Erkenntnissen zufolge nicht wegen geringerer Impfbereitschaft.

Beirat setzt auf versöhnliche Signale statt auf Geld

Die Mehrheit der Berliner lässt sich laut der Senatsdaten inzwischen in Praxen impfen, nur 20 Prozent der Impfungen werden in den dafür eingerichteten Zentren verabreicht. Man schließe die Impfzentren deshalb schrittweise, sagte Gote. Mit einem Stand-by-Impfzentrum sei Berlin aber weiter in der Lage, auf heftige Pandemiewellen zu reagieren. Helfen sollten auch Impfanreize.

Der Beirat setzt dabei nicht auf Geld, sondern auf versöhnliche Signale an die von den Corona-Maßnahmen heftig betroffenen Branchen: „Um die öffentlichen Finanzen nicht zu sprengen, empfehlen wir die Einführung von indirekten Belohnungen in Form von Lotterien oder staatlich finanzierten Gutscheinen für Geschäfte oder Kultureinrichtungen, die besonders unter der Pandemie gelitten haben.“

Womöglich komme man aber ohne eine teilweise Pflicht nicht aus. Gerade weil die Mortalität nach Covid-19-Leiden bei Älteren ausgeprägter ist, werde eine Impfpflicht für die Plus-50-Jährigen eher akzeptiert als eine für alle Altersklassen.

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Geahndet werden sollten Verstöße dagegen dann nur durch Bußgelder, nicht durch eine Zwangsimpfung: „Der Gesetzgeber sollte dafür Sorge tragen, dass die Bußgelder einkommensabhängig und progressiv gestaffelt werden, damit die finanzielle Sanktion ihre Wirkung entfalten kann und zugleich sozial gerecht ist.“ Von den acht Beiräten sprachen sich übrigens fünf für und drei gegen diese Empfehlung einer Impfpflicht ab 50 aus.

Derzeit sind 78,2 Prozent der Berliner voll geimpft. Samt Auffrischung, also mit dritter Dosis, sind es 60,6 Prozent. Für diese Zahlen sind alle Bewohner, auch Kinder, berücksichtigt. Die Quote unter Senioren ist höher.

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