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Zank in Zehlendorf. Das Haus in der Schmarjestraße.

© Maike Edda Raack

Immobilienstreit in Berlin-Zehlendorf: Dieses Haus sollte längst bewohnt sein

Ein Ehepaar vererbt einem Bezirk ein Traumhaus – mit einer Bedingung. Doch der Bezirk Steglitz-Zehlendorf lässt es verkommen und will es verkaufen.

Von Fatina Keilani

Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf lässt eine geerbte Traumimmobilie auf Kosten des Steuerzahlers verrotten. Weil niemand vor dem Winter das Wasser aus den Heizungsrohren ließ, platzten diese und verursachten einen teuren Wasserschaden, der das Haus unbewohnbar macht. Das führte dazu, dass nicht einmal der Senat die freistehende Villa noch will – dabei hatte es den Plan gegeben, dort ein Frauenhaus einzurichten.

„Wir hatten zwischenzeitlich Interesse, dort ein soziales Wohnprojekt für Frauen einzurichten, haben davon aber wegen der unvertretbar hohen Wiederherrichtungskosten Abstand genommen“, heißt es aus der Gesundheitsverwaltung, die zuvor gemeinsam mit der landeseigenen Berliner Immobilien-Management GmbH (BIM) das Haus besichtigt hatte. Auch die BIM will das schadhafte Haus nicht haben. Zudem wurde im Dachgeschoss offenbar eine Wohnung entdeckt, für die es keine Bauerlaubnis gibt - ein Schwarzbau also - und für die ein zweiter Rettungsweg fehlt, die also dem Vernehmen nach auch nicht genehmigungsfähig gewesen wäre.

Eine alte Bekannte

Es geht mal wieder um die Villa in der Zehlendorfer Schmarjestraße 14. Kurze Erinnerung: Der Bezirk hatte das Haus und das 1642 Quadratmeter große Grundstück 1989 geerbt; Auflage war jedoch, es für soziale Zwecke zu nutzen. Die Erblasser hatten ihre Villa noch zu Lebzeiten an eine Kita vermietet. Der Bezirk kündigte der Kita und klagte sie 2012 hinaus, ohne ein neues Konzept zu haben, und ließ das Haus sechs Jahre leer stehen. Und nun – soll es verkauft werden. Das genau hatten die Erblasser aber nicht gewollt. Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) war trotz mehrfacher Kontaktversuche über einen Zeitraum von vier Wochen nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

„Dieser Vorgang ist im höchsten Maße fragwürdig“, kritisiert der FDP-Abgeordnete Thomas Seerig. Die FDP-Fraktion habe in der Bezirksverordnetenversammlung versucht, etwas herauszubekommen, erfolglos, also zog Seerig die Sache auf die Landesebene und stellte im Juni eine parlamentarische Anfrage. Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass der Bezirk die Absicht hat, das Grundstück „aus seinem Fachvermögen herauszulösen“, vulgo: zu verkaufen. „Der letzte Wille der Erblasser scheint dem Bezirk egal zu sein“, sagt Seerig.

Verein machte sich unbeliebt

Das Ehepaar Mehnert, das dem Bezirk das Traumhaus vermachte, hatte sich dort eine Wohnmöglichkeit für alternde Musiker gewünscht, alternativ andere soziale Projekte. Die Idee mit den Musikern scheiterte an Formalien. „Soziale Zwecke, das ist ein sehr weiter Begriff“, sagt Seerig. „Es scheint, als beschränke sich die Kreativität des Bezirksamts auf Radwege.“ Damit spielt er auf einen kürzlich bekannt gewordenen Fall eines absurd geführten Radwegs an, der mittlerweile wieder entfernt wurde.

Der Stand der Dinge scheint nicht mal im Bezirksamt bekannt zu sein. „Das Gebäude wird höchstwahrscheinlich zunächst über ein Verfahren an die BIM, also das Berliner Immobilienmanagment übergeben“, teilte Gesundheitsstadträtin Carolina Böhm mit. Diesen Prozess habe die Bezirksbürgermeisterin eingeleitet. Böhm hatte sich mit mehreren Vorschlägen dafür eingesetzt, das Haus zu nutzen, drang aber nicht durch.

Um die Immobilie gibt es seit Jahren Zank. Den Verein „Weg der Mitte“ hatte noch die Ehefrau als Mieter ausgesucht. 1988 vermietete ihre Anwältin dem Verein das Haus; dieser betrieb dort die Kita. 1989 starb die Besitzerin.

Im Jahr 2005 verkaufte der Bezirk einen Grundstücksteil an einen Mann aus der Filmbranche, dessen Grundstück in der Milinowskistraße an den Garten der Kita grenzte. Die Kita verlor ihren Lehrgarten, der Erwerber legalisierte nach Auffassung des Vereins „Weg der Mitte“ auf diese Weise die zu intensive Bebauung seines Grundstücks. Da der Grundstücksverkauf dem Verein unsauber vorkam, stellte er Strafantrag.

Das Verfahren wurde zwar eingestellt, der Verein „Weg der Mitte“ machte sich aber offenbar nachhaltig unbeliebt beim Bezirk; der Kita wurde gekündigt. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten folgten, bis die Kita des Vereins „Weg der Mitte“ schließlich ausziehen musste. Das war 2012. Seither steht die Immobilie leer – ein rechtswidriger Zustand, denn Wohngebäude dürfen in Berlin nicht länger als drei Monate leerstehen. So steht es im Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Offenbar hat der Bezirk kein Konzept für das Prachthaus und lässt es immer weiter verfallen.

Der Tagesspiegel stellte beim Bezirk mehrere Anfragen in der Hoffnung auf eine Erklärung, erfolglos. Es wurden zwei Stadträte und die Bezirksbürgermeisterin angeschrieben, nach einer knappen Woche erneut gemahnt, dann nach weiteren zehn Tagen, erfolglos.

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