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Der Kinobetrieb im Filmtheater Colosseum in Prenzlauer Berg ist eingestellt, der Pacht-Vertrag gekündigt.

© Robert Klages

"Im Extremfall zurücktreten": Pankows Baustadtrat gerät in Colosseum-Affäre unter Druck

Versehen oder Vorsatz? Baustadtrat Kuhn solle für die Schließung des Kinos „politische Verantwortung“ übernehmen, fordert Pankows CDU.

Von Christian Hönicke

Die Colosseum-Affäre geht weiter - und Pankows Baustadtrat Vollrad Kuhn (B‘90/Grüne) gerät zunehmend unter Druck. Am Dienstag legte er seine Sichtweise im Ausschuss für Stadtentwicklung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) dar. „Das war enttäuschend“, urteilte der Pankower CDU-Fraktionssvorsitzende Johannes Kraft danach.

Der Auftritt des Bezirksamts habe keinerlei Transparenz in der Sache gebracht und gezeigt, „dass es erhebliche Probleme in dieser Abteilung gibt. Es gab im Ausschuss unisono deutliche Kritik an der Führung des Stadtentwicklungsamtes.“

Kuhn räumte ein, dass in seinem Stadtentwicklungsamt bereits im März 2019 die Umbaupläne für das denkmalgeschützte Kino in Prenzlauer Berg bekannt waren. Kuhn wiederholte, er selbst sei „erst im Nachgang in der zweiten Junihälfte 2020 offiziell über den Vorgang unterrichtet worden“.

Doch die Frage, ob das Vertrauensverhältnis zu den mit dem „Projekt Colosseum“ befassten MitarbeiterInnen seines Amtes nun zerstört sei, verneinte Kuhn. Er blieb bei seiner Erklärung, die MitarbeiterInnen hätten schlicht „vergessen“, ihn zu informieren. In der Regel werde er „im Vorfeld über solche anstehenden Vorhaben“ in Kenntnis gesetzt.

Er habe zwar die Vorhabenliste über die beantragten Bauvorbescheide am 1. November 2019 erhalten und auch weiterverteilt. Dort sei jedoch bei der Adressnennung nur „Schönhauser Allee 123“ vermerkt gewesen und „erst in Spalte 4“ der Name Colosseum.

„Das haben wir leider alle übersehen“, sagt Kuhn. „Eine Diskussion im Bezirksamt oder BVV-Ausschuss war somit vor Erteilung des Vorbescheids unterblieben, was sehr ärgerlich ist.“

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Im BVV-Ausschuss nahmen nicht nur die CDU, sondern auch SPD und Linke Kuhn sowie den Leiter des Stadtentwicklungsamts und den direkt zuständigen Leiter der Gruppe „Einzelvorhaben“ ins Kreuzverhör. Personelle Konsequenzen schloss Kuhn jedoch auf Tagesspiegel-Nachfrage aus: „Bisher gab es in meiner Amtszeit keine ähnlich gravierenden Vorgänge.“ Er stellte sich vor die „ca. 4 KollegInnen des Stadtentwicklungsamtes“, die involviert gewesen seien.

Um eine Wiederholung zu vermeiden, habe er im Juli eine schriftliche Dienstanweisung „zum generellen Umgang und Informationspflicht mit solchen exponierten Vorhaben“ erlassen, sagte Kuhn. „Der Amtsleiter hat das durchzusetzen.“ Doch das reicht dem CDU-Politiker Kraft nicht. Er will Akteneinsicht beantragen und kündigt einen BVV-Untersuchungssausschuss zum Colosseum an.

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Kuhn sei als zuständiger Bezirksstadtrat „erheblich beschädigt“ und müsse „die politische Verantwortung dafür übernehmen“, erklärte Kraft. „Er muss etwas tun: Mindestens sich erklären, bestenfalls sein Amt umbauen und personelle Veränderungen vornehmen oder im Extremfall zurücktreten. Egal, ob er es übersehen hat oder ob es Vorsatz gab.“

„In höchstem Maße bedenklich“ ist laut Kraft insbesondere, dass Kuhns AmtsmitarbeiterInnen die Architektenfirma in der Umbaufrage intensiv berieten: „Man könnte den Eindruck gewinnen, dass man denjenigen, die dort etwas vorhaben, auch noch den Weg aufzeigt, wie das geht.“ Dabei gebe es in Prenzlauer Berg eine Erhaltungs- und Milieuschutzsatzung, die genau dies verhindern solle.

Pankows Bürgermeiser Sören Benn (Linke) nannte den Vorgang "ärgerlich": "Nach meinem Dafürhalten liegt hier ein politisch fahrlässiger Umgang mit Tatsachen vor, die der Verwaltung zur Kenntnis gelangt sind." Er wolle allerdings nicht mit dem Finger auf andere zeigen: "Es steht mir nicht zu, die Arbeit einzelner Stadträte öffentlich zu benoten." Dies sei Aufgabe der BVV, die die Zusammensetzung des Bezirksamts bestimme.

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