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Yorai Feinberg wird sein ursprüngliches Restaurant in der Fuggerstraße zum Jahresende verlassen.

© Jörg Carstensen/dpa

„Ich habe 50.000 Euro in den Laden gesteckt“: Berliner Restaurant „Feinberg's“ bekommt Mieterhöhung trotz Coronakrise

Yorai Feinberg muss eines seiner beiden Schöneberger Restaurants schließen. „Es ist einfach unfair“, klagt er – und muss zudem antisemitische Kommentare lesen.

Yorai Feinberg betreibt das israelische Restaurant „Feinberg´s“ in der Fuggerstraße in Schöneberg. In den vergangenen Tagen veröffentliche Feinberg einen Post auf Facebook, in dem er mitteilte, dass er wegen einer deutlichen Mieterhöhung einen seiner zwei Räume in der Fuggerstraße zum Januar 2022 wird schließen müssen. 

Traurige Bekanntheit erlangte Feinberg wegen eines antisemitischen Vorfalls. Im Dezember 2017 filmte er einen Mann vor seinem Restaurant, der Feinberg mit antisemitischen Beschimpfungen überzog. Das Video sorgte deutschlandweit für Empörung. Immer wieder sieht sich Feinberg  mit Antisemitismus konfrontiert.

Herr Feinberg, der Presse war etwas missverständlich zu entnehmen, dass Sie Ihr Restaurant komplett schließen müssen. Sie haben jedoch zwei Läden nebeneinander, einer kann offen bleiben. Warum ist die Schließung dennoch schwierig für Sie?
Es ist die Kombination. Einerseits ist es natürlich finanziell schwierig, weil dadurch Einnahmen wegbrechen. Andererseits ist das Feinberg's mein „Baby“, ich habe die Grundsanierung dort mit meinen eigenen Händen gemacht und sieben Tage lang, 14 Stunden am Tag, dort Zeit verbracht. Ich habe das selbst aufgebaut, das verbindet natürlich. 

Der Laden, den Sie jetzt schließen müssen, ist sozusagen das originale „Feinberg´s“, das zweite Restaurant direkt daneben haben Sie später dazu gemietet. Wann haben Sie denn von der Mieterhöhung erfahren und wie viel müssen Sie denn jetzt mehr bezahlen?
Vor etwa zwei Wochen. Das Absurde ist: Den zweiten Laden habe ich 2017 dazu gemietet, er gehört aber einem anderen Eigentümer - und der hat meine Miete wegen der Pandemie sogar zeitweise gemindert. Da zahle ich 12 Euro pro Quadratmeter, in dem anderen zahle ich 25 Euro – und der Eigentümer hat die Miete jetzt auf 35 Euro erhöht, das sind knapp 38 Prozent Steigerung. Konkret heißt das: ich zahle 1300 Euro Miete netto kalt, er will aber ab Januar 2022 1800 Euro haben.

Der Eigentümer des Hauses sagte dem Tagesspiegel, dass er Ihnen einen Kompromiss angeboten habe. Sie hätten die Räume für 1600 Euro im Monat weitermieten können.
Das hätte aber erstmal nur für ein Jahr gegolten – und ein Einjahresvertrag wäre für mich sinnlos, ich wollte da investieren. Ich habe ihn auch so verstanden, dass er nach dem einen Jahr die Miete dann auf 1800 Euro erhöht.

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Wann müssen Sie endgültig schließen?
Mein Vertrag endet zum Januar 2022, ich müsste dann einen neuen Mietvertrag abschließen eben zu dem neuen Preis. Der Eigentümer kann dann verlangen, was er will. Ich finde, das sind ungleiche Machtverhältnisse. Der Mieter muss sehr viel investieren, wenn er ein neues Restaurant aufmachen will, das habe ich auch getan. Es ist einfach unfair, dass der Vermieter sich jetzt finanziell bereichert und durch meine Sanierungsarbeiten jetzt eine höhere Miete nehmen kann.

Ihr Eigentümer hat das Haus vor vier Jahren übernommen. Er sagte dem Tagesspiegel, dass er davon ausgehe, dass die damals vereinbarte Miethöhe mit dem vorherigen Eigentümer alle Investitionen beider Parteien einschließe.
Der damalige Eigentümer hat mir einen Zuschuss von 9000 Euro gegeben – aber das hat bei weitem nicht die Kosten der Sanierungsarbeiten gedeckt. Ich habe schätzungsweise 50.000 Euro in den Laden gesteckt.

Haben Sie denn versucht, Unterstützung vom Bezirk zu bekommen oder soll jetzt zwischen dem Eigentümer und Ihnen vermittelt werden?
Die Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler hat mich angerufen und mir ihre Solidarität ausgedrückt. Sie meinte, sie guckt, was man machen kann. Es ist ja inzwischen mehr als ein Restaurant geworden, es ist eine Institution. Es ist mehr als ein Ort, an dem man Essen kriegt. Für den Bezirk ist das nicht gut, wenn man so einen Ort verliert.

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Wie viele Leute arbeiten denn für Sie? Mussten Sie schon welche entlassen?
Ja, ich musste viele entlassen, ich hatte ja auch viele Mini-Jobber. In den besten Zeiten hatte ich etwa 20 Mitarbeiter. Viele sind jetzt in Kurzarbeit. 

Sie haben zwei Läden, die direkt nebeneinander liegen, der eine kann weiter betrieben werden. Haben Sie Sorge, dass Sie den auch schließen müssen?
Nein, ich werde nicht zumachen. Das Restaurant läuft eigentlich wunderbar. Ich hoffe mal, dass es in den nächsten zwei Jahren vorbei sein wird mit der Pandemie. Ich erwarte, dass es nach dem Sommer noch ein Jahr Corona gibt. Das Problem bei mir ist: Ich habe viele Touristen und ältere Leute als Gäste. Die Touristen sind fast komplett ausgefallen, es war einfach sehr wenig Tourismus dieses Jahr. Die älteren Menschen hatten Angst sich anzustecken.

Wie kommen Sie denn durch diese Zeit gerade, wie sieht Ihr Corona-Alltag im Restaurant aus?
Ich kann mich nicht beschweren, wir kriegen sehr großzügige Hilfen, es gibt Kurzarbeitergeld - aber es ist nicht profitabel. Man kann bei mir auch bestellen und abholen, das läuft aber derzeit nicht so gut, schlechter als beim letzten Lockdown. Es kommt alles in Verzug, aber es ist alles gut, es ist jetzt einfach so. Insgesamt war 2020 für mich nicht so ein gutes Jahr. 

Wollen Sie denn alternativ einen anderen Laden woanders aufmachen?
Nein, ich werde jetzt nicht noch einen Laden aufmachen. Viele nette Leute haben mir aber Fotos geschickt von Locations, die sie auf der Straße gesehen haben, auch aus Frankfurt oder Düsseldorf. Auch andere Eigentümer haben mich angeschrieben, die mich gerne als Mieter haben wollen.

Sie hatten in der Vergangenheit immer wieder mit antisemitischen Übergriffen und Kommentaren zu tun, wenn Sie sich öffentlich geäußert haben. War das jetzt wieder so, also Sie Ihre Mietrhöhung auf Facebook veröffentlicht haben?
Schauen Sie sich die Kommentare doch an, das einfach unglaublich, was da läuft! Ich will einfach mit Antisemitismus nichts mehr zu tun haben, ich habe so viele Probleme damit gehabt. Ich bin wütend, ich habe unter meinem Facebook-Post die Kommentare gelesen, die meisten sind nicht einfach sachlich. „Der Jude kann sich das doch sowieso leisten und einfach das Haus kaufen“ - das ist purer Antisemitismus. Es ist einfach unerträglich.

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