zum Hauptinhalt
Ein 45-Berliner steht wegen wiederholten Missbrauchs vor Gericht.

© Julian Stratenschulte/dpa

Update

Hundertfacher Kindesmissbrauch: Berliner Stiefvater gesteht vor Gericht fast tägliche Übergriffe auf seine Stieftochter

Das Mädchen war zwölf, als es zum ersten Mal von ihm missbraucht wurde. Er selbst sagt, er sei von einer Liebesbeziehung ausgegangen. Acht Jahre vergingen, bis es zum Prozess kam.

Sie konnte sich nicht wehren gegen den Stiefvater. Jens H. missbrauchte das Mädchen immer wieder – laut Ermittlungen fast täglich zwischen Juli 2010 und Mai 2012 in seiner Marzahner Wohnung. Zwölf Jahre alt war die Schülerin bei den ersten Übergriffen. Als sie 14 war, liefen die Ermittlungen gegen den Stiefvater an. Er kam nicht in U-Haft. Das Verfahren war damit kein „eilbedürftiges“. Acht Jahre vergingen bis zum Prozess gegen den 45-Jährigen seit Montag am Landgericht.

Anklage wegen 498 Taten wurde schließlich Anfang 2017 erhoben. H. sei seit 2005 mit der Mutter des Mädchens verheiratet, heißt es darin. Im Juli 2010 sei der Mann aus der Familienwohnung ausgezogen. Am Tag darauf habe er die Stieftochter erstmals in seinem neuen Domizil missbraucht. Er habe mehrfach sexuelle Übergriffe gefilmt. Einige Fällen wurde nun bereits am ersten Prozesstag vorläufig eingestellt – unter anderem wegen drohender Verjährung. Es sei in dem Verfahren zu rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerungen gekommen, sagte die Vorsitzende Richterin. Erst blieb es bei der Staatsanwaltschaft wegen Überlastung liegen, dann beim Landgericht.

H. hatte von Anfang an gestanden und sich in eine Therapie begeben. Er habe damals geglaubt, sie hätten eine Liebesbeziehung, erklärte er auch jetzt im Prozess. „Ich bedauere zutiefst und bitte um Entschuldigung“, so der nicht vorbestrafte Mann. Als die Vorwürfe bekannt wurden, habe er den Kontakt zur Stieftochter abgebrochen.

Seinem Opfer fiel es nun schwer, vor Gericht auszusagen. Wann es zu Taten kam? „Immer, wenn wir allein waren.“ H. habe gedroht sich umzubringen, „wenn ich nicht mache, was er will“, so die Zeugin unter Tränen.

[In unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken geht es auch oft um das Thema Sicherheit. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Ihre Mutter sei auf Andeutungen nicht eingegangen. „Da war keiner, mit dem ich hätte reden können.“ Mit 14 sei sie in ein Heim gekommen. Die Mutter habe ihr die Schuld gegeben. Inzwischen habe sie eine eigene Familie gegründet.

Das Gericht hat H. bei einem Geständnis maximal drei Jahre und neun Monate Haft zugesichert. Die Staatsanwaltschaft strebt um die fünfeinhalb Jahre an. Fortsetzung: Donnerstag.

Zur Startseite