zum Hauptinhalt
304133_0_0b57a987.jpg

© Uwe Steinert

Humboldt-Uni: Freier Blick auf die Fadenwürmer

Die Kuppel des Trichinentempels der HU ist wieder komplett. Mit dem Aufsetzen der rekonstruierten "Laterne" wurde am Freitag die erste Phase der Restaurierung abgeschlossen.

Als Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Universität, noch West-Berliner Student war, wollte er mal den sagenumwitterten Trichinentempel im verwunschenen Garten der Charité in Ost-Berlin besuchen. Allein, er kam nicht hinein. Der Mann an der Pforte verlangte einen Ausweis der Humboldt-Uni. Markschies musste wieder abziehen.

So was soll nicht wieder vorkommen. In zwei Jahren, wenn die Sanierung des „ältesten Berliner Lehrgebäudes“, 1789 von Carl Gotthard Langhans erbaut, abgeschlossen ist, wird es ein öffentlicher Ausstellungsort sein. Das „Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik“ wird hier wissenschaftliche Sammlungen zeigen und die Hauptattraktion des Gebäudes, das Anatomische Theater, für Veranstaltungen nutzen.

Mit dem Aufsetzen der rekonstruierten „Laterne“ auf die Kuppel des tempelartigen Baus wurde am Freitag die erste Phase der Restaurierung abgeschlossen. Drei Millionen Euro flossen in die Sanierung der verwitterten Außenhülle, in den nächsten zwei Jahren arbeiten sich die Handwerker durch das Innere des klassizistischen Baus, der zur gleichen Zeit wie das Brandenburger Tor entstand. Insgesamt sind für die Sanierung 7,6 Millionen Euro vorgesehen. An den Kosten beteiligen sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Reemtsma-Stiftung.

Durch die Laterne fiel früher Licht auf den Mittelpunkt des trichterförmigen, einem Amphitheater ähnelnden Saals. Dort stand ein Tisch mit Tierkadavern, die zu Lehrzwecken seziert wurden. Auftraggeber des Baus war König Friedrich Wilhelm II, ein Pferdenarr, der seiner Kavallerie ein Institut zur Erforschung von Pferdekrankheiten einrichten wollte. Damals lag der Bauplatz außerhalb der Stadt. Drumherum gab es Ställe und Weiden, auf denen sich die kranken Tiere erholen konnten. Die Veterinärstudenten nannten das Haus bald Trichinentempel – nach den Fadenwürmern, mit denen Tierärzte ständig zu tun haben.

Das Anatomische Theater macht den tempelartigen Bau weltweit einzigartig, und doch sei dieses Juwel im Bewusstsein der Berliner kaum verankert, sagt Markschies. Das möchte er natürlich ändern. Das Aufsetzen der Laterne sei als Auftakt zu den Feiern zum 200. Jubiläum der Humboldt-Universität zu verstehen.

Das Innere des Hauses hat noch reichlich DDR-Charme. In den 70er Jahren wurde das Gebäude schon einmal restauriert, allerdings verzichteten die Bauherren auf wesentliche Details. Neben der Laterne ging auch die originale Hubbühne verloren. Die Tierkadaver wurden einst im Kellergeschoss auf die Schausektion vorbereitet und dann auf einem Tisch nach oben gehievt. Zu dieser Konstruktion gibt es keine Unterlagen, deshalb darf Architekt Thomas Müller nun eine eigene Mechanik austüfteln. Wie sie aussehen wird, weiß er noch nicht.

Erhalten sind die alten Bücherschränke in der Bibliothek des Hauses. Sie wurden nach Langhans’schen Entwürfen angefertigt und mit Widderschädeln verziert. Das ist nicht schön, traf damals aber den Zeitgeschmack. Das Gleiche gilt für die Stierschädel über den Fensterbögen in der Kuppel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false