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Die Holocaust-Überlebenden Inge Deutschkron (l) und Margot Friedländer (2.v.r) neben Bürgermeister Michael Müller (SPD)

© Wolfgang Kumm/dpa

Holocaust-Überlebende: Deutschkron und Friedländer sind jetzt Berliner Ehrenbürgerinnen

Stehende Ovationen gab es im Berliner Rathaus für die beiden Frauen, die den Holocaust überlebt haben und sich bei der Aufarbeitung des Holocausts engagierten.

Das protokollarisch erfahrene Publikum im Festsaal des Berliner Rathauses absolviert Veranstaltungen normalerweise routiniert im Sitzen. Am Montag machte es eine wohlüberlegte Ausnahme, um zwei verdiente Frauen mit stehenden Ovationen zu ehren: Die beiden Holocaust-Überlebenden Inge Deutschkron, 95, und Margot Friedländer, 96, sind nun Ehrenbürgerinnen des Landes Berlin. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Parlamentspräsident Ralf Wieland übergaben beiden am Mittag die Urkunden mit der höchsten Ehrung der Hauptstadt.

Die Frauen hatten in der Nazizeit miterleben müssen, wie Eltern und andere Verwandte zusammengetrieben und verschleppt wurden, beide überlebten nur dank der Hilfe mutiger Bürger. So erinnerte Inge Deutschkron, deren Rede von ihrem Vertrauten, dem ehemaligen Kulturstaatssekretär André Schmitz, verlesen wurde, an die „anständigen Berliner und stillen Helden“, die es ihr möglich gemacht hätten, im Untergrund zu überleben. Wegen dieses Überlebens habe sie aber auch zeitlebens Schuldgefühle verspürt gegenüber anderen, die ermordet wurden. Deshalb habe sie ihr Leben später auch der Aufgabe gewidmet, späteren Generationen die Wahrheit zu erzählen, damit so etwas nie wieder passiere.

Besondere Würdigung für pädagogische Arbeit

Ebenso wie Inge Deutschkron hat auch Margot Friedländer in Publikationen und Vorträgen zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur und des Holocaust beigetragen. Sie bedankte sich selbst für die Ehrenbürgerwürde und sagte, auch Hitler, Göring und Goebbels seien einmal Ehrenbürger Berlins gewesen. „Sie würden sich vermutlich in ihrem Grab umdrehen, wenn sie wüssten, dass ihnen zwei Jüdinnen nachfolgen.“ Ihre Mission, so habe sie es empfunden, bestehe darin, für alle Menschen zu sprechen, die unschuldig umgebracht worden seien.

Der Regierende Bürgermeister würdigte besonders die pädagogische Arbeit der beiden Frauen mit jungen Menschen. Ihr Vorbild verpflichte auch heute zu menschlichem Verhalten, besonders, was die Aufnahme von Flüchtlingen angehe. Er dankte den beiden dafür, dass sie Berlin „eine zweite Chance“ gegeben hätten. Zur Feierstunde waren auch Bundestagspräsident Schäuble, viele Senatoren und Müllers Vorgänger Momper und Wowereit gekommen. D

en überraschenden Abschluss hatte das Protokoll in die Hand von Max Raabe gelegt, der zum Klavier drei Lieder aus der Jugendzeit der beiden Ehrenbürgerinnen sang. Zum „Diplomatischen Streichquartett“, das die Feier begleitete, gehörte auch der neue Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein.

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