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Vermieter können ab 2025 die Grundsteuer über die Betriebskosten auf die Mieten umlegen.

© imago images/Sabine Gudath

Höhere Abgaben für bessere Lagen: Berlin beginnt mit der Grundsteuerreform

Die Grundsteuer gilt als wichtigste Einnahmequelle der Kommunen. Nun steht eine Reform an. Die Umsetzung erfolgt in Berlin in mehreren Schritten. Ein Überblick.

Steuerwert, Messzahl, Hebesatz: Nach jahrelangen Vorbereitungen beginnt Berlin nun mit der Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht angestoßenen Grundsteuerreform. Für Haus- oder Wohnungseigentümer, aber auch Besitzer anderer Immobilien besteht Handlungsbedarf. Ein Überblick.

Warum ist die Reform nötig?

Das Bundesverfassungsgericht hat das bisher praktizierte Modell 2018 als verfassungswidrig eingestuft und eine Reform gefordert. Die Einheitswerte seien jahrzehntelang nicht geändert worden, obwohl sich Immobilienwerte unterschiedlich entwickelt hätten. Folge sei eine Ungleichbehandlung, die mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz unvereinbar sei. In Berlin kommt noch eine teilungsbedingte Ungleichheit hinzu. Basis für die Grundsteuer im Ostteil sind Daten von 1935, im Westen von 1964.

Was ändert sich?

Ab 2025 gelten bundesweit neue Regeln. Das neue Verfahren, das in Berlin wie in zehn weiteren Bundesländern umgesetzt wird, berücksichtigt den Wert von Immobilien, aber auch Alter oder Größe. „Es schließt damit eine Gerechtigkeitslücke“, sagte Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) am Mittwoch. Einige Länder wie Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen gehen andere Wege.

Was passiert jetzt?

Für Eigentümer von Grundstücken und Eigentumswohnungen besteht konkreter Handlungsbedarf. In einem ersten Schritt müssen sie zwischen Juli und Oktober Erklärungen abgeben, um den Grundsteuerwert zu ermitteln. Notwendig sind Angaben zu Wohnfläche, Alter der Wohnung, Bodenrichtwert und Nummer des Flurstücks. „Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um die Steuererklärung vorzubereiten und zu schauen, ob die notwendigen Unterlagen zum Grundbesitz vorliegen“, riet Senator Wesener.

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Wie soll das vonstatten gehen?

Berlins Steuerverwaltung rechnet mit etwa 830.000 Steuererklärungen, darunter 700.000 für Wohngrundstücke mit 1,9 Millionen Wohnungen. In der Regel sollen Online-Formulare im Steuerportal Elster verwendet werden – mit Nutzerkonto sind auch Erklärungen für Angehörige möglich. Alexander Kraus vom Bund der Steuerzahler fordert einen „kulanten Umgang“ mit Erklärungen, die auf Papier abgegeben werden: „Nicht jeder Wohnungs- oder Einfamilienhauseigentümer wird mit der elektronischen Abgabe seiner Erklärung für die neue Grundsteuer über das Elster-System zurechtkommen.“ Laut Wesener stehen Papiervordrucke zur Verfügung, wenn die elektronische Übermittlung „unzumutbar“ sei.

Und wie geht es dann weiter?

Ist der Grundsteuerwert ermittelt, bekommen die Eigentümer einen ersten Bescheid, in den meisten Fällen bis Ende 2023. Dann folgen zwei weitere Schritte, ehe die Reform 2025 greift und die neue Höhe der Grundsteuer feststeht. Das Abgeordnetenhaus muss noch den neuen Steuerhebesatz sowie Messzahlen festlegen, was 2024 passieren soll. Dann bekommen Eigentümer zwei weitere Bescheide. Gerade mit den Messzahlen hat das Land die Möglichkeit, die Steuerlast etwa für gemeinnützig wirtschaftende Wohnungsgenossenschaften oder kommunale Gesellschaften zu reduzieren.

Wie hoch ist die Grundsteuer im Moment?

Aktuell liegt sie für eine durchschnittliche 70-Quadratmeter-Wohnung laut Finanzverwaltung bei 253 Euro pro Jahr. Diese Summe sei trotz unterschiedlicher Grundlagen im ehemaligen Ost- wie im Westteil der Stadt in etwa gleich. Eigentümer dürfen die Steuer übrigens auf die Mietnebenkosten umlegen – und tun das in der Regel auch.

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Wird die neue Grundsteuer teurer?

Kommt darauf an. Da der Wert von Immobilien mit einfließt, dürfte es laut Wesener zu „Verschiebungen“ kommen. Die Details stehen zwar erst 2024 fest, aber: „Pi mal Daumen gilt: Eigentümer mit großen Grundstücken in besseren Lagen werden stärker belastet.“ Das könnte etwa für so manche Immobilien in Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte, Prenzlauer Berg oder am Wannsee gelten. Etwas billiger könnte die Grundsteuer für Plattenbauten in Marzahn, Hohenschönhausen, an der Heerstraße in Spandau oder im Märkischen Viertel werden. Und neue und große Immobilien werden höher besteuert als alte und kleine.

Will das Land Berlin damit seine Finanzen aufbessern?

Eindeutig nein, versichert Wesener. Ziel aller Länder sei nach den Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts eine aufkommensneutrale Reform. Das Land wolle über die Grundsteuer in Zukunft nicht mehr Geld einnehmen als bisher – rund 850 Millionen Euro jährlich. Die Hälfte dieser Einnahmen (480 Millionen Euro) wird über Wohnimmobilien generiert. 357 Millionen Euro stammen aus gewerblichen Immobilien von der Tankstelle bis zum Olympiastadion, 13 Millionen Euro aus nicht bebauten Grundstücken. (dpa)

Stefan Kruse

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