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Der Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke bei einer Rede im Thüringer Landtag.

© Bodo Schackow/dpa

Höcke in Hoppegarten: Gyros und die große Weltverschwörung

Der AfD-Politiker Björn Höcke trat am Abend in einem griechischen Lokal am Rande Berlins auf. Seine Rede wurde von lautem Gegenprotest begleitet.

Gegen 19.40 Uhr wird es laut vor der Tür des Restaurants „Mittelpunkt der Erde“ im brandenburgischen Hoppegarten, kurz vor Berlin. Linke Demonstranten haben sich dort aufgebaut, um gegen eine Rede des AfD-Politikers Björn Höcke zu protestieren.

„Nazis raus!“, brüllen sie, als sie Höcke entdecken, der sich sich seinen Weg nach innen bahnt, vorbei an Bereitschaftspolizisten und Security-Personal. Auch im Restaurant schallen dem Rechtspopulisten Sprechchöre entgegen, allerdings andere: „Höcke! Höcke!“, rufen die AfD-Anhänger.

Etwa 100 Personen hatten am Freitagabend im Saal der griechischen Gaststätte Platz gefunden. Wegen der Corona-Richtlinien konnte man nicht ganz so eng zusammenrücken. Etwa 30 weitere Gäste mussten in einem Nebenraum sitzen und verfolgten die Reden auf einem Bildschirm.
Als eine Art Vorprogramm sprach Lars Günther (AfD) über die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin. Günther hatte bereits zu deren Beginn an den „Hygiene-Demos“ teilgenommen, als diese noch am Rosa-Luxemburg-Platz stattfanden. „Wir haben eine Querfront auf der Straße gesehen!“, sagte er begeistert. Die Menschen hätten für ihre „Grundrechte“ demonstriert und dagegen, mit unsinnigen Regeln „drangsaliert“ zu werden.

Die Zuhörer schienen seine Ansicht zu teilen, kaum jemand trug eine Maske. Als Höcke den Saal betrat und stürmisch empfangen wurde, beeilte sich Günther, zum Ende zu kommen und die Bühne zu räumen.

Vor dem Lokal hatten sich einige Gegendemonstranten versammelt.
Vor dem Lokal hatten sich einige Gegendemonstranten versammelt.

© Christoph Kluge

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„Ich will mich nicht in Rage reden“, sagte Höcke mit einem Lächeln in das Publikum, das vermutlich genau darauf hoffte. Aber es stünde schlecht um das Vaterland. Das zeige zum Beispiel der Fall eines Messerangriffs in Cottbus durch einen Mann aus Pakistan, der nach eigenen Angaben seine Abschiebung verhindern wollte. „Solche Meldungen gibt es mittlerweile täglich“, behauptete Höcke, was nicht stimmt.

Brand in griechischem Lager sei inszeniert

Der Brand im Flüchtlingslager Moria ist für Höcke „kein Zufall“, denn die gebe es „in der Politik nur selten“, raunte er. Die Kunstaktion mit 13.000 leeren Stühlen vor dem Reichstag stünde damit im Zusammenhang. Es handle sich um eine Inszenierung, die den Zweck verfolge, mehr Flüchtlinge nach Deutschland zu bringen, behauptete Höcke.

Höckes Rede wurde für einige Gäste in einem Nebenraum live übertragen.
Höckes Rede wurde für einige Gäste in einem Nebenraum live übertragen.

© Christoph Kluge

Doch wer kann so eine große Täuschungsaktion organisieren? Für Höcke ist der Fall klar: Die Antifa, „das sind die neuen Kommunisten.“ Und die würden zusammenarbeiten mit „globalen Geldmachteliten“, um die Grenzen aufzulösen und die Nationen zu zersetzen, sagte Höcke. Wohl nicht zufällig erinnert dieser Verschwörungsmythos an die jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung, einer der zentralen Pfeiler der nationalsozialistischen Ideologie.

Starker Protest vor dem Lokal „Mittelpunkt der Erde“.
Starker Protest vor dem Lokal „Mittelpunkt der Erde“.

© Christoph Kluge

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Den Gästen schien das Programm zu gefallen. Die Tresenkräfte hatten viel zu tun, brachten immer neues Bier und Essen an die Tische. Gyros mit Pommes war der Verkaufsschlager des Abends. Im Publikum waren unter anderem der Putin-Verehrer Gunnar Lindemann, Mitglied der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, sowie die aus der Fraktion ausgeschiedene Jessica Bießmann, die vor allem wegen eines Fotos mit „Hitlerwein“ bekannt ist.

Die Brandenburger Landtagsabgeordnete Birgit Bessin hielt eine kurze Rede. Anna Leisten und Oliver Stiffel von der brandenburgischen Jungen Alternative, der AfD-Jugendorganisation, verteilten an einem Infostand Flyer gegen die Tesla-Fabrik („Ein Alptraum für Mensch und Natur!“) und Aufkleber mit dem Slogan „Es ist OK, weiß und deutsch zu sein“.

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