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Zutritt untersagt? Das Haus Rigaer Straße 94 ist seit Jahrzehnten in der Hand linksautonomer Bewohner.

© Paul Zinken/dpa

Update

Hochburg der Linksextremisten: Rigaer-94-Eigentümer scheitern erneut mit Klage

Das Gericht hat entschieden, dass dem Eigentümer-Anwalt die Vollmacht fehlt, um ins Haus zu gelangen. Nebenbei legt die Kammer Unternehmensstrukturen offen.

Erneut sind die Eigentümer des teilbesetzten Hauses in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain mit einer Klage vor dem Landgericht gescheitert. Die achte Zivilkammer entschied, dass für den Anwalt Markus Bernau keine ausreichende Prozessvollmacht vorliege. In der Sache selbst entschied das Gericht nicht.

Der Anwalt der Eigentümer hatte eine einstweilige Verfügung beantragt, wonach ihm der Zutritt zu Gemeinschaftsflächen wie Treppenhaus, Keller, Dachboden, Innenhof, Heizungsraum und Grünflächen verschafft werden muss. Ferner müsse das massive Stahltor in der Hofeinfahrt entfernt werden. Zunächst hatte das Amtsgericht dies abgewiesen, nach einer Beschwerde musste die nächste Instanz über den Antrag entscheiden.

Den lehnte die achte Zivilkammer des Landgerichts nun jedoch ab. Erneut ging es um die Frage, ob Rechtsanwalt Markus Bernau für die im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Lafone Investments Limited agieren dürfe. Das Gericht sah dies trotz nachgereichter Unterlagen als nicht belegt an.

Bereits im Juni 2019 hatte das Gericht die Räumung der Szenekneipe „Kadterschmiede“ abgelehnt, weil der Anwalt keine wirksame Prozessvollmacht vorgelegt habe. Dem Gericht fehlte der notarielle Nachweis über einen Gesellschafterbeschluss, wer die Firma als „Director“ vertritt - auch weil das britische Handelsregister nicht an deutsche Maßstäbe heranreicht.

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Die nach britischem Recht ausreichenden Nachweise über Gesellschafterbeschlüsse und die Bestellung von Geschäftsführern langten dem Gericht auch diesmal nicht. Über den Twitterkanal "Rigaer04" wurde die Entscheidung begrüßt: Anwalt und Hausverwalter sollten es endlich begreifen – „das ist unser Haus“. Jene, die sonst den Rechtsstaat in Frage stellen und bekämpfen, feiern ihn nun. 

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Die Entscheidung des Gerichts ist darüber hinaus bemerkenswert, weil die Kammer in ihrem Urteil weiter geht, als von den Bewohner- und Besetzeranwälten beklagt. Dabei gilt im Zivilrecht der Grundsatz „ne ultra petita“ - das heißt, dass nur über das entschieden wird, was vorgetragen und beantragt wird.

Ganz nebenbei offenbart die Kammer in ihrem 12-seitigen Beschluss die weiteren Unternehmensstrukturen und liefert neues Futter für die These, es handle sich bei der Lafone Investments Limited um eine Heuschrecken-Firma, die die „Freiräume“ der linken Szene zerstöre. Weil der Voreigentümer massiv bedroht und angegriffen wurde, wählte der jetzige Mehrheitsgesellschafter, ein Berliner Privatmann, eine Unternehmenkonstruktion, die ihn schützt.

Das Grundstück gehört zwei  Privatmännern

Demnach hat die Firma – deren einziges Geschäftsfeld die Verwaltung des Grundstücks in der Rigaer Straße 94 sei – zwei Gesellschafter. Ein vom Gericht namentlich benannter Privatmann in der Ukraine hält demnach sechs Prozent der Anteile. Der Rest gehört über eine weitere Ltd-Gesellschaft und treuhändische Konstruktionen nach Angaben der Anwälte dem Berliner Privatmann. Dass das so ist, bezweifeln nicht einmal die Innenpolitiker der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Am Ende fehlte dem Gericht aber noch der Nachweis, dass die Geschäftsführerin der Mehrheitsgesellschaft Caroline Ltd. ausreichend befugt dazu war, beim Gesellschafterbeschluss der Lafone Investments Ltd. deren Geschäftsführer zu bestellen.

Durchsuchungen und Attacken 

Anlass für die Klage war eine Durchsuchung des Gebäudes im Juli. Es ging um ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und gewerbsmäßigen Sozialleistungsbetrug. 381 Polizeibeamte waren nötig, um die richterlichen Durchsuchungsbeschlüsse durchzusetzen, sie wurden beworfen mit Farbeimern, Farbe, Getränkekartons und Pyrotechnik.

Die Polizei informierte wegen der entstandenen Schäden den - von ihr anerkennten - Hausverwalter. Er und der Anwalt waren dann im Gebäude, ließen das Stahltor in der Einfahrt abbauen. Einige Tage später war es wieder da. Hausverwalter und Anwalt wurden dann von 20 Personen aus dem Haus auf offener Straße getreten und geschlagen. 

Die Polizei, die bereitstand, verfolgte die Angreifer jedoch nichts in Haus hinein. Daran entzündete sich eine Debatte, ob Senat und Polizei zu zaghaft und rücksichtsvoll mit gewaltbereiten Linksextremisten umgehen. Die Rigaer 94 ist laut Verfassungsschutz immerhin „Ausgangspunkt und Rückzugsort von bzw. nach militanten Aktionen“.

Innenverwaltung sieht keinen handlungsfähigen Eigentümer

Die dafür nötige Umbauten im Haus - Wanddurchbrüche für Fluchtwege, angezapfte Stromleitungen, Falltüren - werden von den Behörden geduldet. Es geht um offensichtliche Verstöße gegen das Baurecht und die Brandschutzregeln, die im Ernstfall Menschenleben kosten können. Hinzu kommen die regelmäßigen Straf- und Gewalttaten von Hausbewohnern im Umfeld, etwa Attacken auf Bewohner anderer Bauprojekte im Kiez und Polizisten.

Der rot-rot-grünen Koalition, die das Problem seit vier Jahren in Regierungsverantwortung nicht gelöst hat, kommt der neuerliche Beschluss des Gerichts zupass - vor allem Grünen und Linken. Obwohl die Innenpolitiker der SPD-Fraktion durchaus Handlungsbedarf sehen, gibt es aus Sicht der Innenverwaltung keinen handlungsfähigen Eigentümer. Solange die Hintergründe unklar seien, könne der Senat kaum über einen Kauf des Gebäudes verhandeln, hieß es. Was wäre, wenn die Briefkastenfirma arabischen Clans gehöre oder Geld ans syrische Assad-Regime fließe?

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte sich im September 2019 zwar mit dem Berliner Privatmann getroffen, für den dessen Anwälte versichern, er sei der Mehrheitseigentümer der Lafone Investments Ltd. Doch Geisel beruft sich darauf, dass ihm der Nachweis über die Identität fehle. Dass seine Verwaltung nicht auf einen zivilrechtliche Beschluss zu Formfragen ohne Entscheidung in der Sache beharren muss, sondern selbst qua Recht Angaben prüfen und anerkennen kann, sagt Geisel nicht.

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Die Senatsverwaltung für Finanzen nennt zumindest klare Bedingungen für die von Geisel mehrfach mehrfach geäußerte Idee, das teilbesetzte Haus in der Rigaer Straße 94 aufzukaufen – und so die Lage rund um die Hochburg von gewalttätigen Linksextremisten zu befrieden.

Für die von Senator Matthias Kollatz (SPD) geführte Finanzverwaltung steht dabei gerade nicht die Vertretungsvollmacht der Anwälte für den Eigentümer im Vordergrund, die bislang strittig ist. „Der rechtliche Eigentümer ergibt sich aus dem Grundbuch“, heißt es von der Finanzverwaltung.

Wer ist der wirtschaftlich Berechtigte hinter der Gesellschaft?

Selbst der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Zimmermann, geht davon aus, dass der Nachweis längst erbracht ist. Der Zeitung „Neues Deutschland“ sagte er kürzlich: „Ich plädiere dafür, dass man mit denen, die da sind, verhandelt. Ich habe den Eindruck, Herr Bernau und der Verwalter sind die legitimen Vertreter.“ 

Und auch der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber meint: "Das Land Berlin könnte dazu beitragen, das Problem zu lösen. Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge, zu behaupten, dass der Eigentümer nicht der Eigentümer ist."

Die Finanzverwaltung sieht die entscheidende Hürde für einen Ankauf der Rigaer 94 an einem anderen Punkt. „Für die Frage eines möglichen Ankaufs steht nicht die Frage der Vollmacht im Vordergrund, sondern die Frage des wirtschaftlich Berechtigten, der hinter der ausländischen Gesellschaft, steht.“

Demnach könnten bei Verhandlungen nur Ergebnisse zustande kommen, „wenn der wirtschaftlich Berechtigte bekannt und benannt ist“. Der Senat würde „einen Kaufpreis nicht an eine Briefkastengesellschaft zahlen“, wenn „die Identität des wirtschaftlich Berechtigten weiterhin ungeklärt“ wäre.

Eigentümeranwalt Bernau sagte bereits, dass sich „der wirtschaftlich Berechtigte, der sich schon dem Innensenator vorgestellt hat, bei Verkaufsverhandlungen offenbaren und ausreichend legitimieren“ würde – aber nur „vertraulich den Verhandlungspartnern beim Senat“. In diesem Fall hätte der Eigentümer „keine Angriffe mehr zu befürchten, wie sie der frühere Eigentümer erlebt hat“.

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