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Auch Ramona Pop kommt bei der Hitze ins Schwitzen. Sie fordert, endlich etwas gegen die Hitze zu tun.

© dpa

Hitze in Berlin: "Die BSR kann die Straßen mit nächtlichen Spülfahrten kühlen"

Berlins Energiesenatorin Ramona Pop kritisiert, dass auf Bundesebene zu wenig gegen den Klimawandel unternommen wird. Ein Interview.

Von Sabine Beikler

Frau Pop, Berlin schwitzt. Kommen Sie mit der Hitze gut zurecht?

Ich schwitze genauso wie viele Berlinerinnen und Berliner. So gut vertrage ich die Hitze auch nicht. Aber wir haben ja nicht nur Hitze, sondern eine enorme Dürre. Und im Frühjahr hatten wir extreme Starkregen-Niederschläge. Das Wetter wird extremer. Klimawandel ist nichts Abstraktes. Wir sehen hier und heute, was er bedeutet. Wir müssen etwas dagegen unternehmen. Es ist höchste Zeit.

Die Stadt ächzt unter der Hitze. Gibt es Maßnahmen, um der Stadt Kühlung zu verschaffen?

Der Senat hat beschlossen, dass die BSR nächtliche Spülfahrten unternehmen kann. Eine Umsetzung wird gerade geprüft. Diese Spülfahrten kühlen die Straßen und somit die Stadt ab. Die zusätzlichen Kosten übernehmen wir.

Was unternimmt die Politik gegen den Klimawandel?

Auf Bundesebene findet überhaupt keine Klima- und Energiewendepolitik statt. Die CSU schiebt wegen der Bayernwahl die Flüchtlingspolitik in den Vordergrund. Statt eines versprochenen 100-Tage-Energiewirtschaftsgesetzes erleben wir energiepolitischen Stillstand auf Bundesebene. Wir brauchen hier aber dringende Entscheidungen. Frankreichs Staatspräsident Macron hat auf EU-Ebene eine CO2-Bepreisung angeregt. Die Bundesregierung muss diese dringend auf den Weg bringen. Wir brauchen eine CO2-Bepreisung, um die Emissionen auch in den Sektoren Wärme und Verkehr deutlich zu reduzieren und Innovationen in CO2-arme Technologien zu verstärken. Die Kommunen müssen in der Klimapolitik vom Bund unterstützt werden.

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Berlin will bis 2050 klimaneutral werden. Das sind über 600 000 Tonnen pro Jahr, die an CO2-Emissionen eingespart werden müssen. Wie soll das funktionieren?

Wir machen uns auf den Weg mit Klimafolgenanpassungen. Deshalb haben Senat und Wasserbetriebe die Regenwasseragentur gegründet, um das Regenwassermanagement zu planen, große Stauraumbecken zu bauen und somit Überflutungen bei Starkregen und mögliche Verschmutzungen in der Spree durch Überläufe zu verhindern. Als Großstadt sind wir mitten in der Energiewende. Wir haben ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen und investieren in den Ausbau von erneuerbaren Energien und ins Stadtwerk. Im Herbst startet der Wirtschaftsdialog Energiewende mit Partnern und Energieversorgungsunternehmen in Berlin, um gemeinsam die Ziele der Energiewende zu vereinbaren.

Energiewende ohne Wärmewende funktioniert aber nicht. Nur stehen noch in knapp zwei Drittel aller Berliner Keller veraltete Ölöfen. Wie wollen Sie Privatleute zu Investitionen bewegen?

Wenn wir über Energiewende reden, reden wir nicht nur über Solar- oder Windenergie, sondern vor allem über den Wärmemarkt. Der Wärmebereich wird häufig der „schlafende Riese“ im Klimaschutz genannt, der durch Energieeffizienz der Gebäude geweckt werden muss. Da wird man in den nächsten Jahren noch viel tun müssen. Wir treiben mit den Stadtwerken stärker die energetische Sanierung der Gebäude voran. Die Wärmewende muss Stück für Stück in die Gebäude transportiert werden. Und ja, es ist richtig, Berlin hat wie andere Kommunen viele alte Heizkessel in den Kellern.

Warum ist bisher kein Modernisierungsprogramm aufgelegt worden?

Wir sehen hier einen dringenden energie- und klimapolitischen Handlungsbedarf und beginnen das Potenzial klimafreundlicher Heizsysteme in Berlin zu heben. Die veralteten, ineffizienten Heizungsanlagen müssen ersetzt werden. Hierbei wollen wir die Berliner unterstützen. Im Bereich Solarenergie und erneuerbare Energien setzen wir uns dafür ein, das Mieterstromgesetz nachzubessern. Es hat viele Restriktionen, die den Ausbau von Fotovoltaik erschweren, beispielsweise sind keine Gewerbemieter eingeschlossen. Und das Mieterstrommodell ist auf 100 Wohneinheiten begrenzt. Wir fordern die Ausweitung dieser Modelle auf Gewerbemieter und keine Begrenzung auf Wohneinheiten. Wir brauchen Quartierslösungen. Wir bringen eine Bundesratsinitiative „Einbeziehung der urbanen Zentren in die Energiewende“ ein. Die Großstädte müssen Vorreiter in der Energiewende werden.

Rot-Rot-Grün hat im Januar ein Energie- und Klimaschutzprogramm auf den Weg gebracht, um den CO2-Ausstoß bis 2030 um 60 Prozent zu mindern. Bis 2021 stehen dafür 100 Millionen Euro zur Verfügung. Warum betragen die Ausgaben dafür ein halbes Jahr später immer noch null?

Das müssen wir beschleunigen. Aber es braucht natürlich auch Vorläufe, um das Geld sinnvoll auszugeben. Dieses Programm ist eine Querschnittsaufgabe. Meine Verwaltung erarbeitet derzeit den Masterplan Solar und Maßnahmen für die Wärmewende.

Trotzdem wird es in Berlin immer wärmer. Werden Maßnahmen wie Außenjalousien künftig bezuschusst?

Die aktuelle Situation zeigt, dass wir neben Maßnahmen und Investitionen für den Klimaschutz auch dringend Investitionen in die Klimafolgenanpassungen brauchen. Wir als Grüne fordern einen Klimafolgenanpassungsfonds des Bundes für die Länder. Beim Thema energetische Gebäudesanierung haben wir lange darüber gesprochen, wie man mit wenig Ressourcen ein Haus warm bekommt. Heute geht es auch darum, mit welchen Ressourcen man ein Haus kühlen kann.

Ramona Pop ist Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Die 40-jährige Grünen-Politikerin ist im Senat der rot-rot-grünen Koalition außerdem Bürgermeisterin von Berlin.

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