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Letzter Akt. Die Reste des Berliner Schlosses am Tag vor der Sprengung.

© ullstein bild

Heute vor 70 Jahren: So wurde das Berliner Stadtschloss gesprengt

Am 30. Dezember 1950 wurde das Berliner Schloss dem Erdboden gleich gemacht. Mit der Sprengung verschwanden das Eosanderportal und die Kuppel.

Wann der Stadt diese oder jene Wunde geschlagen wurde, wie alt ihre im Laufe der Jahrhunderte erhaltenen Narben sind, ist nicht immer auf den Tag genau zu bestimmen, im vorliegenden Fall aber schon: Drei bis zu einem Meter tiefe, im Durchmesser noch ausladendere Löcher klaffen im Fußboden des „Archäologischen Fensters“ im Schlossneubau.

Wie die völlig zertrümmerten Mauerreste, die den mit Ziegeln gepflasterten Gang flankieren, zeugen sie bis heute von den gewaltigen Explosionen, die am 30. Dezember 1950 das Eosanderportal und die Schlosskuppel zerrissen und damit die vom SED-Staat verordnete Zertrümmerung des zerbombten, aber reparablen Hohenzollernbaus abschlossen. Danach gab es nur noch kleinere Sprengungen, um die großen Brocken in handlichere Teile zu zerlegen.

Der letzte Akt der Zerstörung, heute vor 70 Jahren, ist im „Archäologischen Fenster“ auch durch alte Filmaufnahmen dokumentiert, bereit für die zu erwartenden, durch die Pandemie bis auf weiteres verzögerten Publikumsströme. Er traf die Teile des Schlosses, durch die das Bild des Schlosses – in der damaligen Öffentlichkeit wie im Gedächtnis der Stadt – besonders geprägt wurde: Das Eosanderportal mit seinen drei Bogen war nach dem schwedischen Baumeister Johann Friedrich von Eosander benannt, der Andreas Schlüter 1707 nach dessen Münzturm-Debakel als Schlossbaudirektor abgelöst hatte.

Als er selbst 1713 von dem mehr an schmucken Soldaten als prächtigen Schlössern interessierten Friedrich Wilhelm I. entlassen wurde, stand zumindest der Rohbau. Die schon von Eosander angedachte Aufstockung musste dagegen noch bis 1854 warten. Gegenüber den ersten Entwürfen des alten Schweden wirkte die von Friedrich August Stüler und seinem Bauleiter Albert Dietrich Schadow verantwortete Kuppel, gewissermaßen das i-Tüpfelchen auf dem Schloss, geradezu elegant.

Der Abriss des Schlosses hatte am 6. September 1950 mit der Sprengung des Apothekerflügels begonnen. In den folgenden Wochen hatten die Abbrucharbeiter mit ihren Sprengpatronen Stück für Stück ein Meisterwerk jahrhundertelanger Berliner Baugeschichte zerstört.

Löcher klaffen im Fußboden des „Archäologischen Fensters“ im Schlossneubau.
Löcher klaffen im Fußboden des „Archäologischen Fensters“ im Schlossneubau.

© Kitty Kleist-Heinrich

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Für das Portal mussten sie besonders viel Sprengstoff einsetzen. Eosander hatte darunter einen 3,75 Meter breiten Kellergang angelegt, dessen Tonnengewölbe aus einer doppelt gemauerten Backsteinschale bestand. Bei der Sprengung hätten unterirdische Hohlräume entstehen können, die neue Freifläche wäre dann nicht uneingeschränkt nutzbar gewesen.

Und so wurden eben auch auf dem Boden des Kellergangs Sprengladungen deponiert, die das Gewölbe wie gewünscht zum Einsturz brachten. Drei der damals aufgerissenen Krater sind noch heute im „Archäologischen Fenster“ zu sehen. Durch den Trümmerschutt der Explosion waren sie für die folgenden Jahrzehnte versiegelt worden, zur späteren Freude der Archäologen.

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